
Verantwortliche wollen "weg von dieser Förderitis"
Vertreter aus Politik und Verwaltung aus Stadt und Landkreis Cuxhaven standen den Mitgliedern des Unternehmensverbandes Cuxhaven Elbe-Weser-Raum (UVC) beim Wirtschaftsgespräch im Strandhotel Duhnen Rede und Antwort.
Nach der Begrüßung durch den UVC-Vorsitzenden Andreas Wulf befragte CN/NEZ-Redaktionsleiter Ulrich Rohde als Moderator die vier Gäste: die Erste Stadträtin Andrea Pospich, Landrat Thorsten Krüger, den Landtagsabgeordneten Claus Seebeck sowie den Bürgermeister der Wurster Nordseeküste Marcus Itjen. Die Politiker und Verwaltungsbeamten versuchten Erklärungen für aus Unternehmersicht Unverständliches abzugeben. Auch, wenn die Unternehmerschaft naturgemäß viele Dinge aus einem anderen Blickwinkel beurteilt, waren sich alle in einem Punkt einig: Die Bürokratie in Deutschland ist zu sperrig, zu langsam und hinderlich, wenn es um den Fortschritt geht.
Gleich bei der ersten Frage ging es, wie bei einem Wirtschaftsgespräch nicht anders zu erwarten, um das Thema Haushalt. Steht der Haushalt für das Kalenderjahr 2023 oder ist mit höheren Überschüssen oder Defiziten zu rechnen? Wie sieht es mit Steuererhöhungen aus? Stadträtin Pospich ging zunächst 30 Jahre in der Zeit zurück. "Cuxhavens Haushalt war seit 1992 durchgehend defizitär. Wir haben im Jahr 2016 mit dem Entschuldungsplan begonnen." Das Minus habe damals bei rund 300 Millionen Euro gelegen.
Deutliche Defizite bei der Digitalisierung
Durch den Plan und Hilfen des Landes in Form eines Entschuldungsfonds sei diese Summe inzwischen auf 70 Millionen reduziert worden. Die bombastischen Steuereinnahmen des vergangenen Jahres werden sich - gerade in Bezug auf die Einkommenssteuer - nicht fortsetzen lassen. Die geplanten Investitionen sind im Haushaltsplan drin, es werde weder eine Steuererhöhung noch einen Nachlass geben. Landrat Krüger prognostizierte zwar, dass sich die wirtschaftliche Situation verschlechtern werde, konkrete Voraussagen seien jedoch "Kaffeesatzleserei".
Der in seinem Amt noch junge Landrat, sprach noch ein weiteres Problem an. "Wir haben 100 offene Stellen. Der Fachkräftemangel, der demografische Wandel macht uns zu schaffen". Krüger appellierte an die Versammlung, es müsse eine Allianz geschmiedet werden, um diese Probleme gemeinsam zu bewältigen. Der Landtagsabgeordnete Seebeck sprach sich dafür aus, dass das Land mehr Verantwortung übernehmen müsse. "Wir müssen weg von dieser Förderitis". Gemeint waren damit die zahlreichen Fördertöpfe, die für Kommunen oftmals nicht den erwünschten Erfolg bringen. "Man muss das Geld für den Eigenanteil im Rahmen der Fördermaßnahmen erst einmal aufbringen".
Der Landeshaushalt sei mit 38 Milliarden Euro ausgeglichen, viele Aufgaben würden jedoch nicht angegangen, beispielsweise in den Bereichen Straßen, Kita und Schulen. Bürgermeister Itjen sieht zwar auch die Problematik der zu bürokratischen Förderprogramme, hat für seine Kommune jedoch das Beste daraus gemacht. "Wir haben die Programme genutzt, um Investitionen - besonders im energetischen Bereich - zu tätigen. Das macht sich jetzt bezahlt". Probleme seien durch gestiegene Personalkosten und notwendige Investitionen in den Feuerwehren entstanden. "Wir haben ein Defizit von 4 Millionen Euro auszugleichen". Beim Thema Digitalisierung fiel das Resümee bei allen vier Befragten gleichermaßen aus: Vieles sei noch nicht so weit wie geplant.
Die beiden Hauptgründe dafür seien zum einen der Mangel an IT- und Softwarefirmen und zum anderen die teils hohen Hürden des Datenschutzes. Weitere Themen der Diskussionsrunde waren die Offshore-Windenergie, der Ausbau der Liegeplätze 5 bis 7. Dazu Andrea Pospich: "Die NPorts-Beschlüsse haben eine Gültigkeit von fünf Jahren. Bei den veranlagten 300 Millionen Euro wird es nicht bleiben." Die Kosten müssten gedrittelt zwischen dem Land, der Wirtschaft und dem Bund aufgeteilt werden. "Es wird wahrscheinlich nur noch über den Bund gehen". Nach eineinhalb Stunden schloss Moderator Ulrich Rohde die Diskussion.
Obwohl die einzelnen Fragen ausführlich beantwortet wurden, gab es bei den rund 50 anwesenden Unternehmern noch weiteren Redebedarf. "Wir konnten heute nicht alle Fragen klären. Da werden hoffentlich noch weitere Gespräche folgen", verabschiedete der UVC-Vorsitzende Andreas Wulf die Versammlung. Besonders ärgere ihn die Politik in Berlin: "Da werden Gesetze verabschiedet, da schüttelt es einen".