Freude in Cuxhaven nicht ungetrübt: Verzicht auf Scharhörn kein Sieg für Meeresschutz
Kreis Cuxhaven. Die Freude über die Einigung der Küstenländer mit Hamburg, keinen belasteten Schlick aus dem Hamburger Hafen bei Scharhörn zu verklappen, ist nicht ungetrübt. Neben positiven Stimmen gibt es auch Kritik an der Entscheidung.
Die Nachricht über die Einigung der Küstenländer und des Bundes mit Hamburg über das Aussetzen der geplanten Verklappung von belastetem Schlick aus dem Hamburger Hafen vor Scharhörn am Dienstag hat unterschiedliche - jedoch überwiegend positive - Reaktionen ausgelöst. So wertet es Land Hadelns Samtgemeindebürgermeister Frank Thielebeule als "ein gutes Signal", dass die Schlickverbringung vor Scharhörn vom Tisch ist.
Anders sieht es der NABU Cuxhaven. Danach bedeute die Fortführung der Schlick-Verklappung bei Tonne E 3 keine Verbesserung. "Für den Meeresschutz und die Biodiversität im Elbe-Mündungsgebiet ist die jetzige Lösung eine Nebelkerze zur Beruhigung der Vertiefungskritiker", so der NABU. Das Problem der Verklappung von Hamburger Baggermassen werde lediglich von der inneren Außenelbe in das Watt-nahe Küstenvorfeld verlagert. Die Schlickmassen würden an den Klappstellen mit Dezimeter-starken Schichten den Meeresboden bedecken.
Unter diesem Leichentuch habe die Bodenfauna mit ihrer Artenvielfalt keine Überlebenschance. Eine Teillösung könne es nur geben, wenn die Verantwortlichen in Hamburg und beim Bund zur Erkenntnis kämen, dass die 9. Elbvertiefung überflüssig war. Mit der Einigung der drei Küstenländer sei dem Meeresschutz nicht gedient. Es sei, so der NABU in seiner Erklärung, dringend geboten, mit einem kontrollierten Baggerstopp zum morphologischen und topographischen Zustand nach der 8. Elbvertiefung zurückzukehren. Ein eklatanter Rückgang der Baggermassen wäre die Folge, zum Wohl der Meeresumwelt, während der Hafen Hamburg keine nennenswerte Einbuße beim Containerumschlag hätte.
Als nächstes um den Neuen Lüchtergrund kümmern
Die Bürgerinitiative "Rettet das CUX-Watt" hatte immer wieder vorgeschlagen, zunächst das Schlickfallgebiet bei Tonne E 3 als Alternative zu Scharhörn zu nutzen. "Auch das kann keine Dauerlösung sein, ist aber das kleinere Übel als Scharhörn", so die Initiative. "Nun gilt es, dass auch am Neuen Lüchtergrund kein Hamburger Schlick mehr verbracht wird, denn diese Klappstelle liegt ebenfalls unmittelbar am Nationalpark Wattenmeer." Der Scharhörn-Kompromiss ergebe nur dann Sinn, wenn auch diese belasteten Sedimente im Rahmen der vereinbarten Übergangslösung ebenfalls bei Tonne E 3 verbracht werden.
Der Verzicht auf eine Verklappung von Hamburger Baggerschlick vor Scharhörn sei eine langersehnte Nachricht für das Wattengebiet und das Elbästuar, so die Cuxhavener Grünen. Der Protest von Bürgerinnen und Bürgern, von Initiativen, Räten und nicht zuletzt die Klagedrohung der anderen Küstenländer hätten diese Entscheidung mit auf den Weg gebracht. Aber es gebe auch ein "Aber". Die Kosten der Baggerei würden weiter steigen und die Eingriffe in die Elbe weitergehen, die ökologischen Schäden wachsen, der Fluss werde nicht in Ruhe gelassen. Die Folgen der 9. Elbvertiefung seien: instabile Böschungen, Verlandungen von Flachwassergebieten und kleinen Häfen, weiteres radikalisiertes Tidegeschehen. Die Einschätzung, dass "die Elbvertiefung ökologisch und ökonomisch gescheitert" sei und andere Wege zur Sicherung des Hamburger Hafens nötig seien, habe sich seither bestätigt.
Für die Stadt Cuxhaven ist es wichtig, dass die Verklappung vor Scharhörn verhindert werden konnte und sich die Beteiligten - erstmals - darauf verständigt hätten, eine langfristige Lösung für das Sedimentmanagement zu suchen. Nun gilt es, dies bis Herbst 2023 zu schaffen. "Ich bin mir sicher, dass die Beteiligten gemeinsam und zielorientiert eine Lösung finden werden, die alle Seiten zufriedenstellt", sagte Cuxhavens Oberbürgermeister Uwe Santjer.
Strategie für ortsfeste Schlicklagerung festlegen
Die FDP im Kreis Cuxhaven zeigt sich hingegen irritiert über den Applaus anderer Parteien, besonders der Grünen, in den norddeutschen Bundesländern zur Einigung über die weitere Verklappung von Hafenschlick in der Nordsee. Die FDP missbillige das Vorhaben. ,,Es kann nicht sein, dass sich die Bundesregierung für ein Meeresschutzabkommen engagiert, 30 Prozent der AWZ unter Schutz stellen will und den maritimen Artenschutz wie eine Monstranz vor sich herträgt, während sich die Grünen in allen Landesparlamenten freuen, wenn Abfall im Meer versenkt wird", so der Kreisvorsitzende Günter Wichert. "Die Länder bekommen es seit Jahrzehnten nicht in den Griff, ihren Hafenschlick ortsfest einzulagern." Hier seien die Niederlande deutlich weiter. Der Bundesverkehrsminister müsse sich des Themas annehmen, um eine ortsfeste und wiederverwendbare Unterbringung des Hafenschlicks festzulegen. Es ist an der Zeit, dass die FDP in Berlin sich ebenfalls um dieses Thema kümmert."