
Werbebroschüre: Wie sah die Fischverarbeitung in den 1950er-Jahren in Cuxhaven aus?
Hans-Jürgen Kahle und Klaus Gilg, Herausgeber der "Fotohefte", schicken die Leserinnen und Leser mit dem zwölften Band ihrer Buchreihe auf eine ebenso spannende wie nostalgische Zeitreise in die Hoch-Zeit der Cuxhavener Fischfang-Ära.
Wie sah die Fischverarbeitung in den 1950er-Jahren aus? Welche Maschinen kamen zum Einsatz? Wie wurde der Fisch verpackt und verladen? Hans-Jürgen Kahle und Klaus Gilg haben eine Werbebroschüre der Cuxhavener Fischfirma Baruth & Clasen ausgegraben und sie als Nachdruck, versehen mit einem lesenswerten Nachwort, wieder in die Läden gebracht. Unter dem Titel "Ich - und das Meer" zeigt das Heft in Wort und Bild die damaligen Möglichkeiten der Cuxhavener Fischindustrie.
Die Broschüre kommt in der Gestalt eines Schüleraufsatzes daher. Ein Schuljunge erzählt von seinem Urlaub in Cuxhaven, der ihn in den Fischereihafen führt. Dort lernt er rein zufällig den Besitzer der Firma "Baruth & Clasen" kennen. Der Unternehmer führt den Jungen durch die Fabrikräume und erklärt ihm die einzelnen Verarbeitungsschritte - vom Räucherofen und der Kistenfabrikation bis zur Geleeküche und der Verschließmaschine. Auch die Rollmops-Produktion wird lebendig beschrieben, natürlich, wie es sich für einen Schüleraufsatz gehört, in kindlicher Sprache: "Der Rollmops kriegt so was wie'n neues Eingeweide, ein Stückchen Gurke und Gewürz dazu. Hat man ihn aufgerollt, wird ihm ein Holzpflock durch den Leib gepiekt, der hält alles zusammen. Außerdem ist er ein prima Zahnstocher, sagt Onkel Otto."
Lehrreicher Einblick in die damalige Fischverarbeitung
Der Text der historischen Werbebroschüre stammt von Heinz Basdorff, die Bilder von dem Cuxhavener Fotografen Anton Siegl. Gerade die alten Fotografien bieten einen aufschluss- und lehrreichen Einblick in die damalige Fischverarbeitung. Heimatforscher Hans-Jürgen Kahle vermutet, dass mit der Broschüre Kinder, Jugendliche und "unbedarfte Touristen" angesprochen werden sollten.

Im Nachwort gibt Kahle Einblicke in die Geschichte der Firma Baruth & Clasen, die im Fischereihafen von Cuxhaven zu den Betrieben mittlerer Größe zählte. Heute erinnern noch zwei markante Gebäude an das Unternehmen - das einstige Verwaltungs- und Fabrikgebäude an der Neufelder Straße (heute Wingert Foods GmbH) und das frühere "Wohnheim für Gastarbeiter" am Eingang zum sogenannten Ostblock.
1954 wurde die Beschäftigtenzahl der Firma mit 160 Arbeitern und Angestellten angegeben. In dieser Zeit kamen viele Beschäftigte aus dem Raum Hadeln. So gab es in den 1960er-Jahren sogar eine Buslinie von Bülkau zur Fischfirma. Inhaber von Baruth & Clasen war Ernst Strathmann, der aus Rostock stammte und die Firma 1929 übernommen hatte. Als Strathmann 1950 starb, wurde sein Sohn Claus-Heinrich der neue Firmenchef. Strathmann junior leitete zusammen mit Günter Aderholt eine Konzentration in den Fisch verarbeitenden Betrieben des Cuxhavener Fischereihafens ein. 1967 gründeten sie die "Fisch-Union" mit Betriebsstellen in Cuxhaven und Bremerhaven.
Das 56-seitige Fotoheft "Ich - und das Meer" ist im Wilhelm-Heidsiek-Verlag erschienen und für zehn Euro in der Oliva-Buchhandlung in Cuxhaven, in der Altstadtbuchhandlung in Otterndorf und im Museum "Windstärke 10" erhältlich.
