
Wie ein Cuxhavener Mediziner mit der Stiftung "Reanima" Leben verändern möchte
Manuel Burkert will mit der Stiftung "Reanima" vulnerable Gruppen versorgen, zum Mitmachen motivieren und medizinische Aufklärung fördern. Im Interview spricht er über seine Beweggründe und ethischen Überzeugungen.
Herr Burkert, wie ist die Idee zur gemeinnützigen Stiftung "Reanima® Help" entstanden?
Begonnen hat alles mit dem Corona-Test-Service. Die Gelder sind in die "Reanima"-Stiftung geflossen. Ich habe viel mit meiner Lebensgefährtin philosophiert, was wir mit dem Geld machen wollen. Da ich keine Kinder habe, ist das meine Idee, ein Erbe zu entwickeln, das mich überdauert. Ich habe viel Erfolg und Glück im Leben gehabt und möchte etwas zurückgeben. Die Stiftung ist für mich eine Möglichkeit, individuelle Kenntnisse und Fertigkeiten gemeinnützig einzusetzen. Manchmal muss man einfach machen.
Was macht die gemeinnützige Stiftung "Reanima® Help" konkret - und worin unterscheidet sich die Stiftung von anderen?
Die Stiftung ist eine Projektstiftung, die keine reine finanzielle Förderung bietet. In den Projekten geht es um die Versorgung von vulnerablen Gruppen, wie Notfallpatienten, Menschen mit chronischen und lebensverkürzenden Erkrankungen und auch Menschen, die von Krieg, Krise und höherer Gewalt betroffen sind. Angefangen haben wir mit der Förderung von Notarztdiensten, zum Beispiel beim Küstenmarathon in Otterndorf. Die medizinische Betreuung durch Notärzte und Rettungskräfte gehört einfach zum Standard bei großen Sportevents wie einem Marathon. Allerdings ist dies für die Veranstalter mit hohen Ausgaben verbunden. Die Kosten werden in diesem Fall von der Stiftung übernommen.
Welche Idee steckt hinter der mobilen Versorgungsplattform - und welche Lücke in der Patientenversorgung soll sie schließen?
Wir haben ein Büromobil, das noch aus der Corona-Zeit stammt. Dieses möchten wir zu einer mobilen Versorgungsplattform umfunktionieren. Bei Großeinsätzen kommt es vor, dass der Notarzt irgendwann den Ort verlässt, weil keine klassische Rettungslage mehr besteht - etwa nach einem Brand. Menschen können dann nicht zurück in ihre Wohnungen, die Versorgungslücke besteht dann in der Organisation von Dauermedikation oder Hilfe unterhalb rettungsdienstlicher Fähigkeiten, z. B. bei Dauermedikamenten gegen Bluthochdruck oder chronischen Schmerzen. Das Versorgungsmobil kann direkt vor Ort helfen, mit Rezepten oder durch Vorhaltung typischer Dauermedikation. Wir sind hier noch in der Aufbau- und Testphase.
Wer soll sich angesprochen fühlen, bei der gemeinnützigen Stiftung "Reanima® Help" mitzumachen?
Ich hoffe, dass noch mehr Menschen Lust haben, ihre Fähigkeiten ehrenamtlich zur Verfügung zu stellen. Zum Beispiel, wie man gute Instagram-Videos dreht und schneidet, um auch die Jüngeren zu erreichen. Das ist unsere künftige Zielgruppe. Menschen zwischen 35 und 65 Jahren sind schon gut erreichbar - aber wir müssen weiterdenken.
Ihr Stiftungssymbol ist eine Affenfaust. Was hat es damit auf sich?
Das Symbol der Affenfaust ist eigentlich ein Seemannsknoten. Er wird an Wurfleinen befestigt, weil er das Ende beschwert und das Werfen erleichtert. Für uns symbolisiert die Affenfaust zum einen den maritimen Bezug und unsere Werte: Verantwortung, Vertrauen und Würde. Was bleibt, wenn wir nur noch Menschen sind? Die Würde.
Wie plant Ihre Stiftung, innovative Konzepte und bewährtes Wissen zu verbinden, um die Gesundheitsversorgung zukunftsfähig zu gestalten?
In den kommenden Jahren wird die umfassende gesundheitliche Versorgung zunehmend zu einer gesellschaftlichen Herausforderung, da sie nicht mehr als selbstverständlich gilt. Um dem gerecht zu werden, sind intensive Kommunikation, enge Koordination und gute Zusammenarbeit unerlässlich. Unsere Stiftung verfolgt deshalb das Ziel, mit agilen Lösungen und innovativen Konzepten auf bewährter Basis durch eigene Projekte gezielt und passgenau zu handeln. Dabei sind wir darauf ausgerichtet, unsere Stiftungszwecke nicht nur lokal und regional, sondern auch deutschlandweit und darüber hinaus realisieren zu können. Aktuell gibt es nur noch eine 80-Prozent-Besetzung bei der hausärztlichen Versorgung im Bereich Cuxhaven. In den nächsten Jahren wird sich diese Situation noch verschlimmern, da auch die Ärzte älter werden. Viele können schon jetzt keine Patienten mehr aufnehmen. Dadurch sind auch keine Ressourcen mehr verfügbar, um strategisch und zukunftsorientiert zu arbeiten. Hier bieten wir eine gemeinnützige Plattform als Ideenwerkstatt.

Sie halten auch Vorträge - etwa zur Patientenverfügung. Warum ist das Ihnen wichtig?
Da gibt es einen großen Bedarf und viele Unsicherheiten. Der Vortrag hat schon dreimal im Haus der Jugend stattgefunden, mit je 50 Leuten. Die meisten Menschen setzen sich nicht mit ihrer eigenen Endlichkeit auseinander. Sie haben den Vordruck zwar zu Hause liegen, schieben das Ausfüllen aber immer wieder auf die nächste Woche. Jeder sollte sich die Frage stellen, was er am Ende seines Lebens will und dieses frühzeitig schriftlich festlegen. Das schafft die nötige Klarheit und Sicherheit.
Was genau steckt hinter der Idee der Notfalldose - und warum sollte sie in keinem Haushalt fehlen?
Die Notfalldose enthält wichtige Informationen - Krankheiten, Medikamente, Notfallkontakte. Ein Aufkleber mit "Infobox für Lebensretter" weist auf sie hin. Sie gehört in den Kühlschrank, weil jeder Haushalt einen hat.
Für wen ist die Notfalldose besonders geeignet?
Für alle - auch für gesunde Menschen. Rein statistisch ist es gefährlicher, jeden Tag die B73 zu fahren, als ein Aufenthalt in Afghanistan zu den Zeiten meiner Auslandseinsätze zwischen 2004 und 2010.
Sie sind auch Palliativmediziner. Welche Rolle spielt die Hospizarbeit in der Palliativmedizin - und warum ist es wichtig, auch Angehörige auf den Lebensabschluss vorzubereiten?
Die Ursprünge der Palliativmedizin liegen in der Hospizarbeit. Dabei geht es nicht nur um Medizinisches. Auch die An- und Zugehörigen der Erkrankten sollten eingebunden werden. Ich halte es für wichtig, sie auf den Verlauf des Endes des Lebens vorzubereiten, um den Schock zu mildern. Zum Beispiel durch Wissen über Symptome am Ende des Lebens (z. B. das Todesrasseln, bei dem sich in der Lunge Wasser sammelt; das Geräusch kann Angehörige sehr verunsichern, auch wenn es ein natürlicher Vorgang ist).
Auch Krisenvorsorge ist Ihnen ein Anliegen. Wie reagieren die Menschen darauf?
In der Corona-Pandemie herrschte schon Panik wegen fehlendem Klopapier. Ich will die Menschen sensibilisieren, dass man regelmäßig beim Einkaufen eine lange haltbare Kleinigkeit mitnimmt und zu Hause lagert. Man ist dann nicht gleich ein "Prepper". Jeder sollte darauf vorbereitet sein und handeln können, wenn es einen längeren Stromausfall gibt oder eine Zeit lang kein fließendes Wasser zur Verfügung steht.
Was prägt Ihr Denken und Handeln?
Ethische Gedanken waren schon immer Teil meiner Biografie. Meine Eltern waren beide Pfarrer. Im Mittelpunkt unseres Handelns sollte wieder die Würde der Menschen stehen, Verantwortung für uns und unser Handeln und Vertrauen in uns und unser Umfeld.
Zum Schluss: Wer sind Sie - und wie sind Sie dorthin gekommen, wo Sie heute stehen?
Ich wurde in Freiburg im Breisgau geboren. Nach dem Abitur bin ich zur Marine gegangen. Ich wollte immer Soldat werden und habe diesen Wunsch im Verlauf dann mit meinem Interesse für Medizin verbinden können. An meinem ersten Tag in Flensburg betrat ich die Offiziersschule, ein altes Schloss - das hat eine lange und bewegte Geschichte, die immense historische Kraft hatte deutliche Wirkung auf mich. Die Kameradschaft, die ich dort in der Crew VII/94 erlebt habe, hat mich sehr geprägt. Nach meinem Studium habe ich als Anästhesist und Intensivmediziner gearbeitet - unter anderem in der Schweiz, an der heutigen Helios Klinik Cuxhaven und zuletzt an der Schön Klinik Hamburg. Aktuell bin ich als Facharzt für Allgemeinmedizin angestellt in der Gemeinschaftspraxis Am Bürgerpark in Neuhaus und plane gegen Ende des Jahres eine eigene Praxis in Cuxhaven zu eröffnen. Hier bin ich seit 2012 zu Hause.