
Qualvoller Tod auf der Weide: Wolf reißt Pony "Sternchen" in Cuxhaven
Auf einer Weide in Cuxhaven-Köstersweg starb ein Shetland-Pony. Alle Spuren weisen darauf hin, das ein Wolf oder mehrere Wölfe für den Riss und den Fraß von "Sternchen" verantwortlich sind. Es geschah direkt neben Wohnhaus und Wirtschaftsgebäuden.
Auf der Weide von Wilfried Höft in Lüdingworth-Köstersweg ist ein Shetland-Pony zu Tode gekommen. Es ist ganz offensichtlich gerissen worden - keine zehn Meter von den Wirtschaftsgebäuden auf dem Hof. Dass es sich dabei um einen Wolf gehandelt hat, soll außer Zweifel stehen. Das hätten ihm auch die beiden Mitarbeitenden der Landesforsten bestätigt, so der Hofbesitzer. Sie waren am Montagnachmittag vor Ort. Für die Begutachtung und Dokumentation potenzieller Wolfsrisse ist seit vorigem Jahr die Landwirtschaftskammer Niedersachsen zuständig.
"Sternchen" war über 30 Jahre alt und ein Familienmitglied. Bei den Höfts erhielt das schwarz-weiße Shetty sein Gnadenbrot, lebte seit rund 20 Jahren auf dem Hof in Offenstallhaltung, konnte also selbst entscheiden, wann es in den Schuppen ging oder draußen blieb. Die Weide selbst ist bis zu 1,40 Meter mit Schafzaun und mehreren stromführenden Litzen eingezäunt. Das hat den oder die Wölfe nicht abgehalten.
Die Nacht zu Sonntag überlebte "Sternchen" nicht. Das Ausmaß offenbart sich, als Wilfried Höft die Plane entfernt, unter der der Kadaver auf der Weide liegt bis er zum Abdecker kommt. Es ist kein schönes Bild, wie es in der Blutlache liegt. Das Pony wurde stark am Bauch angefressen, die halbe Seite fehlt, die Eingeweide liegen offen. Es sei aufgrund der Trittsiegel nicht ausgeschlossen, dass es sich um mehrere Wölfe gehandelt habe. Wilfried Höft hat Fotos von den Prankenabdrücken gemacht. Sie haben eine Länge von 15 Zentimeter, sind also fast so groß wie eine menschliche Hand.
Typischer Kehlbiss ist deutlich zu sehen
Er verweist auch auf den typischen Kehlbiss. Er ist betroffen, hat Angst und Respekt. Seine Schwiegertochter Laura nickt bestätigend und zeigt in Richtung Herrschaftliches Moor, aus dem die Tiere gekommen sein sollen: "Ich haben ja zwei kleine Hunde, mit denen ich dort regelmäßig spazieren gegangen bin. Das möchte ich jetzt nicht mehr tun, schließlich kann keiner sagen, wie sich Wölfe gegenüber den Hunden verhalten …" Sie ist sehr verwundert, dass sie nachts nichts gehört habe. Als Mutter eines kleinen Sohnes habe sie einen leichten Schlaf. Die Fenster im nicht einmal 50 Meter entfernten Schlafzimmer standen offen. Merkwürdig sei auch, dass ihre beiden großen Kaltblutpferde am Morgen nach dem Riss vollkommen ruhig gewesen seien und von dem Geschehen auf Nachbarweide offenbar nicht mitbekommen haben.
Dass er eine hohe Entschädigung für das uralte Pony bekommt, kann sich Wilfried Höft nicht vorstellen. "Die meisten denken nur an den Wolf, aber an den emotionalen Schaden bei uns Tierhaltern denkt keiner."
Auch der Nachbar ist in großer Sorge
"Wer will schon zerfleischte Tiere finden …?, fragt Nachbar Gerhard von Holten eher rhetorisch. Er weiß, wie es sich anfühlt, wenn in direkter Nähe Tiere vom Wolf gerissen wurden und man anschließend schlecht in den Schlaf finden konnte. Schafe fielen vor einigen Jahren direkt auf seinem Hof 15 Meter neben dem Wohnhaus nachweislich dem Wolf zu Opfer. Und von Holten möchte seine verbliebenen Tiere schützen. Neun Schafe, neun Mutterkühe und 18 Pferde hält er in Köstersweg. Keine 200 Meter von dem Hof der Höfts liegt seine Weide, auf der ab April die Mutterkühe mit ihren Kälbchen laufen sollen. Bereits seit Mitte der 90er-Jahre betreibt er extensive Weidetierhaltung. Jetzt setzt er darauf, dass er beim Bau von Wolfschutz-Zäunen unterstützt wird.
Landwirtschaftskammer ist seit einem Jahr zuständig
Wenn Wölfe Nutztiere auf der Weide verletzt oder getötet haben, werden seit dem 1. Februar 2022 Fachkräfte der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (LWK) die Tierhaltenden unterstützen, damit diese möglichst schnell entschädigt werden können.
Mit der Rissbegutachtung übernimmt die LWK im Auftrag des Landes Niedersachsen eine weitere Aufgabe beim Wolfsmanagement. Nutztierhalter, die auf ihrer Weide verletzte oder tote Tiere finden, melden dies niedersachsenweit unter der zentralen Telefonnummer (05 11) 36 65 15 00 oder direkt der zuständigen Bezirksförsterei. Der Förster begutachtet die Schäden vor Ort und fertigt bei Spuren eines Wolfsangriffs ein Rissprotokoll an. Es bildet die Grundlage für die Entschädigung. Genproben werden zwar weiterhin genommen, um etwa zu bestimmen, zu welchem Rudel die Wölfe gehören. Entscheidend für die Entschädigungen ist aber das Rissprotokoll.
Wolfsberater haben andere Aufgaben
Bis vor einem Jahr waren die vom Umweltministerium eingesetzten Wolfsberater für Spurensicherungen und Rissdokumentationen zuständig. Silas Neumann, Wolfsberater aus Wanna-Ahlenfalkenberg, kann sich auch ohne durch Wegfall dieser Aufgaben nicht über mangelnde Arbeit beklagen. "Ich bin gut beschäftigt mit Zaunbau, Monitoring und Sichtungsmeldungen", sagt er und appelliert an die Bevölkerung, Sichtungen von Wölfen zu melden, ebenso wie Wildtierrisse und Losungsfunde. "Dadurch sind wir besser im Bild, wo sich die Wölfe aufhalten", sagt er. Territoriale Wölfe - als standorttreue Tiere - gebe es zurzeit in der Küstenheide, im Lamstedter Raum bei Schiffdorf, Garlstedt und neu in Vollersode (Dreikreiseeck Rotenburg, Cuxhaven und Osterholz). Von den Tieren aus dem Küstenheide-Rudel sei bekannt, dass sie die Autobahn queren können. Zudem gebe es auch immer wieder durchziehende Einzelwölfe.
Wolfsberaterinnen und Wolfsberater des Wolfsbüros beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz (NLWKN) die zuvor für Nutztierrissaufnahme zuständig waren, konzentrieren sich nunmehr auf folgende Aufgaben: Information der Bevölkerung über den Wolf, Bewertung von Nahbegegnungen, Aufnahme von Wildtierrissen und Wolfsmonitoring. Die Wolfsberater für den Landkreis Cuxhaven sind Heiko Hellmann, Olaf Kuball, Silas Neumann und Michael Ohlhoff.