Die Karosserie der Leichtkraftfahrzeuge besteht aus Kunststoff, die Fahrgastzelle besteht aus einem Metallrahmen. Mehrere Hersteller bieten 45-km/h-Autos an. Foto: May
Die Karosserie der Leichtkraftfahrzeuge besteht aus Kunststoff, die Fahrgastzelle besteht aus einem Metallrahmen. Mehrere Hersteller bieten 45-km/h-Autos an. Foto: May
Immer mehr Jugendliche unterwegs

Langsam, aber im Trend: Wie Mopedautos die Straßen im Kreis Cuxhaven erobern

von Denice May | 07.08.2025

Mopedautos sind bei Jugendlichen im Kreis Cuxhaven im Kommen. Sie bieten Unabhängigkeit und Schutz vor Wind und Wetter und eröffnen neue Mobilitätswege ohne Pkw-Führerschein. Ein Trend, der bleibt?

Mobil unterwegs, geschützt vor Wind und Wetter - und das ganz ohne Pkw-Führerschein: Die sogenannten Mopedautos, offiziell als Leichtkraftfahrzeuge der Klasse L6e geführt, erleben einen Boom - besonders bei Jugendlichen. Sie sehen aus wie Mini-Pkws, fahren nur 45 km/h und dürfen bereits mit 15 Jahren gelenkt werden.

"Früher fuhren eher ältere Menschen diese Autos, weil sie nicht mehr so viel und so schnell unterwegs sein wollten. Mit der Corona-Zeit hat sich das gewandelt. Die Nachfrage bei Jüngeren ist da explodiert", berichtet Birgit Jacob, Verkäuferin in einem Autohaus in Bad Bederkesa, das seit über 20 Jahren auf Leichtkraftfahrzeuge spezialisiert ist.

Junge Fahrerinnen und Fahrer schätzen die Unabhängigkeit

Dass die Fahrzeuge gerade bei Jugendlichen beliebt sind, liegt auf der Hand: Keine Sturzgefahr wie beim Roller, eine geschlossene Fahrgastzelle, Heizung, Musik - und dazu keine Verpflichtung, den klassischen Pkw-Führerschein zu machen. Möglich macht das die Führerscheinklasse AM, die bereits ab 15 Jahren gilt. "Für viele Jugendliche ist das der erste Schritt in die selbstständige Mobilität", erklärt Dennis Braches, Teamleiter bei TÜV NORD in Cuxhaven. "Gerade im Alltag kann das neue Möglichkeiten eröffnen, ob für den Weg zur Schule oder zur Ausbildung."

Das bestätigt auch Felix aus Hadeln. Der heute 20-Jährige hat sich mit 16 Jahren sein erstes Mopedauto zugelegt. "Ich wollte selbstständig und unabhängig sein. Und ich bin kein Fan von Zweirädern, wo man Wind und Wetter ausgesetzt ist. Im Auto ist man geschützter." Seine längste Tour führte ihn sogar bis nach Schleswig-Holstein. "Für die Strecke benötigt man eigentlich drei bis dreieinhalb Stunden. Ich habe sechs gebraucht", erinnert er sich. Unwohl habe er sich dennoch nie gefühlt. "Ich bin aber auch nicht die B73 gefahren, weil ich keine anderen Leute aufhalten wollte. Im Dunkeln ist es für andere Autofahrer schon schwer zu erkennen, dass man langsam unterwegs ist." Dennis Braches Tipps: möglichst weit rechts fahren, den 45-km/h-Aufkleber gut sichtbar am Heck anbringen und mit Fehleinschätzungen anderer rechnen.

Um die Sicherheit im Straßenverkehr zu wahren, sollte das 45-km/h-Schild unbedingt sichtbar sein. Foto: May

Sind Mopedautos richtige Autos?

Mopedautos zählen zur Fahrzeugklasse L6e und sind als zweisitzige Leichtkraftfahrzeuge mit Automatikgetriebe konzipiert. Sie erreichen eine Höchstgeschwindigkeit von 45 km/h, dürfen maximal 425 Kilogramm wiegen und sind entweder mit einem Trecker-Dieselmotor oder einem Elektromotor bis 6 kW (etwa 8 PS) ausgestattet. Der Dieselmotor hat eine Reichweite von bis zu 400 Kilometern, die elektrische Variante schafft zwischen 70 und 115 Kilometer. Die Karosserie besteht in der Regel aus Kunststoff, die Fahrgastzelle aus einem einfachen Metallrahmen. Für den Straßenverkehr genügt ein Versicherungskennzeichen, eine Hauptuntersuchung (HU) ist nicht erforderlich. Dennoch ist eine regelmäßige Wartung (alle 5.000 Kilometer) durch eine Werkstatt wichtig - insbesondere bei sicherheitsrelevanten Bauteilen wie Bremsen, Beleuchtung, Lenkung und Reifen. Auf Autobahnen oder Kraftfahrstraßen dürfen die Fahrzeuge nicht fahren.

Von innen sieht das Mopedauto aus wie jedes andere Auto. Aber auch hier gilt: in der Ausstattung liegt der Preis. Es gibt Mopedautos sogar mit Ledersitzen. Foto: May

Relativ hoher Anschaffungspreis

Und dann gibt es da noch eine entscheidende Sache: der Anschaffungspreis. Der ist nämlich nicht ganz ohne: Zwischen 15.000 und 20.000 Euro kostet ein Neuwagen, je nach Ausstattung. Doch Birgit Jacob beruhigt: "Der Wertverlust liegt bei etwa 1.500 Euro pro Jahr - bei guter Pflege." Auch Felix bestätigt: "Wenn man das Auto wieder verkauft und 3.000 Euro Verlust hat, ist das immer noch günstiger als die Anschaffung eines Mopeds oder Rollers plus Bekleidung und Helm."

Mehr als nur eine Übergangslösung?

Ob als Einstieg in die Mobilität für Jugendliche oder als kostengünstige Alternative zum Auto im ländlichen Raum - die kleinen Fahrzeuge gewinnen an Relevanz. "Ich hatte erst einen Kunden, der gewechselt ist, weil ihm das normale Auto mit den Versicherungskosten, Werkstattkosten und Steuern zu teuer geworden ist. Und ich bin sicher, er wird nicht der letzte sein, der aus diesem Grund wechselt", sagt Jacob. Auch Felix zieht ein positives Fazit: "Ich würde so ein Auto immer empfehlen. Mir hat es sehr geholfen und es war eine schöne Zeit."

Es gibt verschiedene Varianten der Mopedautos - sogar Pritschenwagen. Foto: May

Fakten auf einen Blick:

  • Höchstgeschwindigkeit: 45 km/h (realistisch 48-52 km/h)
  • Motorisierung: Treckerdiesel oder Elektromotor
  • Reichweite: Diesel 300-400 km / Elektro 70-115 km
  • Führerschein: Klasse AM ab 15 Jahren
  • Sitzplätze: 2
  • Preis: 15.000-20.000 Euro (neu)
  • Ausstattung: verschiedene Varianten erhältlich, keine Airbags, keine Servolenkung.
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    Denice May

    Redakteurin
    Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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