Einige der insgesamt 20 Boxer, die dem Klub in Nordholz angehören und zwei Mal in der Woche zum Training kommen.
Einige der insgesamt 20 Boxer, die dem Klub in Nordholz angehören und zwei Mal in der Woche zum Training kommen.
Immaterielles Kulturerbe

Nordholzer Klub ist Kulturerbe: Boxer und Hundesport ist eine Herzenssache

von Denice May | 14.06.2025

Boxer haben Kraft und ein riesengroßes Herz. Seit 1973 engagiert sich der Boxer-Klub Nordholz für eine verantwortungsvolle Ausbildung von genau diesen Hunden. Jetzt wurde der Gebrauchshundesport als immaterielles Kulturerbe der UNESCO ausgezeichnet.

Mittwochabend, Punkt 17 Uhr. Die Sonne steht tief und ein paar Schleierwolken verteilen sich am blauen Himmel. Auf dem knapp ein Hektar großen Trainingsgelände an der Straße Am Möhlendiek glänzt das frische Grün des kurz gemähten Rasens. Mehr als ein Dutzend Hunde versammeln sich mit ihren Menschen auf dem Platz. Die Stimmung ist ruhig und konzentriert. Kein wildes Bellen, kein Durcheinander. Nur gespannte Erwartung bei den Zwei- und Vierbeinern.

"Und los", sagt Ausbilderin Katja Kunde. Ein kurzes Kommando und die Mensch-Hund-Teams setzen sich in Bewegung. Wendungen, Sitz, Platz, Fuß - alles präzise und ruhig. Wer zuschaut, merkt schnell: Hier wird nicht gedrillt, hier geht es um Kommunikation. Die ist, wie bei allen Hunderassen, auch beim Boxer wichtig, wie Mike Kunde, Katjas Mann und ebenfalls Trainer, erklärt: "Sie sind gute Familienhunde und gleichzeitig Gebrauchshunde. Allerdings sind sie ziemlich stur und es ist anspruchsvolle Arbeit, sie auszubilden. Aber sie haben durch und durch ein großes Herz."

Eine charakterstarke Rasse mit Tradition

Der Boxer ist muskulös, wachsam und verspielt. Eine Rasse mit Tradition. Einst geschätzt als Gebrauchshund im Schutzdienst, bei Polizei und Rettungsdiensten. Heute dominiert im Hundesport ein anderes Bild: Belgian Malinois oder Border Collies sind "in Mode", weil sie schnell, effizient und präzise sind. Der Boxer dagegen wirkt fast nostalgisch. "Dabei hat er alles, was man braucht", sagt Karl Heinz Meuser, erster Vorsitzender des Nordholzer Klubs.

Ein stattlicher Boxer-Rüde: Der vierjährige Azur gehört dem Trainerpaar Katja und Mike Kunde.

Seit 1973 engagiert sich der Boxer-Klub Nordholz für die Ausbildung dieser besonderen Hunde - als Ortsgruppe im traditionsreichen Boxer-Klub München, einem der neun anerkannten Gebrauchshundeverbände unter dem Dach des Verbands für das Deutsche Hundewesen (VDH). Hier wird nicht nur trainiert, hier wird Gemeinschaft gelebt und sich ehrenamtlich engagiert. In diesem Jahr wurde genau das auf weltweiter Ebene gewürdigt: Ende März hat die UNESCO das Gebrauchshundewesen als immaterielles Kulturerbe anerkannt. Ein "Gänsehautmoment für alle Hundesportler", hat es der Münchner Verein formuliert. Die Welterbe-Kommission lobt "ethische und fachliche Standards", die zur "verantwortungsbewussten Hundehaltung" beitragen und "Identität für Gemeinschaften" stiften. In Nordholz klingt das so: "Man lernt hier von- und miteinander", so Katja Kunde. Das Training umfasst weit mehr als Unterordnung. "Wir beraten in allen Fragen der Zucht, Aufzucht, Ernährung und Ausbildung dieser wunderbaren Hunde", sagt Karl Heinz Meuser. Und ergänzt: "Wir bieten die gesamte Palette der Ausbildung an - ob Grundgehorsam oder Fährtenarbeit Training zu Sozialverträglichkeit und Alltagstauglichkeit gehören immer dazu. Unser Schwerpunkt ist die Begleithundeausbildung."

Fundierte Ausbildung - auch für andere Rassen

Auch andere Rassen sind im Nordholzer Klub, der mehr als 50 Mitglieder hat, willkommen. Denn die Zahl der Boxer ist in den letzten Jahren zurückgegangen - doch das Prinzip bleibt: eine fundierte, individuelle Ausbildung. "Egal welche Rasse, die Hunde lernen hier das Gleiche, aber eben rassespezifisch", so der Vorsitzende. Seit über 50 Jahren wird in Nordholz generationsübergreifend genau so gearbeitet, geschult und gefördert. Hier werden Boxer (und andere Rassen) nicht nur auf Prüfungen vorbereitet, sondern auch auf ein verlässliches Leben als Familienhund. Denn all das, was auf dem Platz gelehrt wird, muss auch außerhalb des Trainingsgeländes trainiert werden, damit es funktioniert.

Die Hündin Akela gehört zu den jüngsten Boxern im Klub.

Ein Weg, der mit solch einem charakterstarken Wesen ein sehr langer und anstrengender Weg werden kann. Doch diese Herausforderung nehmen die Herrchens und Frauchens gerne in Kauf. Schließlich macht sich die Arbeit mit dem Hund bezahlt. "Bei Prüfungen werden Erfolgserlebnisse gefeiert, Titel bei Deutschen- und Weltmeisterschaften geholt", erzählt Karl Heinz Meuser stolz.

Trainer Mike Kunde fasst abschließend noch einmal treffend zusammen, warum die Rasse Boxer so besonders ist: "Boxer sind umgänglich, verspielt und der Clown unter den Hunden. Sie machen einfach Freude." Am Ende des Trainings ist die Sonne fast untergegangen. Die Hunde werden gelobt, bekommen Leckerli, springen ins Auto und entspannen sich. Ihre Besitzer plaudern noch eine Weile, ehe sie sich ebenfalls ins Auto setzen und nach Hause fahren. Für einige ist es ein Weg von mehr als 100 Kilometern. Doch die Strecke legen sie gerne zurück - für intensive Trainingsstunden auf dem Platz, für die Gemeinschaft, vor allem für ihren Hund.

Auch andere Rassen sind vertreten: So wie der Labrador-Rüde Bjarne.

Das Gebrauchshundewesen:
Die Anerkennung des Gebrauchshundewesens als immaterielles Kulturerbe der UNESCO betrifft nicht nur den Sport an sich - sondern ein ganzes Netzwerk. Dazu gehören die ausgebildeten Gebrauchshunderassen wie Deutscher Boxer, Deutscher Schäferhund, Rottweiler, Malinois oder Dobermann. Außerdem: Hundeführer, Züchter, Ausbilder, Ehrenamtliche, Orts und Landesgruppen, Bundesverbände, Verband für das Deutsche Hundewesen (VDH). Ihre Ziele: Mensch-Hund-Beziehung stärken, Hunde sinnvoll beschäftigen und fördern, Gemeinschaft, Verantwortung und Freude erleben. 

Immaterielles Kulturerbe:
Das immaterielle Kulturerbe umfasst Bräuche, Handwerk, Ausdrucksformen und Wissen, die von Generation zu Generation weitergegeben werden - also keine Bauwerke, sondern lebendige Kultur. Ziel ist es, solche Traditionen zu bewahren und sichtbar zu machen.
Einige Beispiele sind: Flamenco in Spanien, Chinesische Kalligraphie, Yoga aus Indien oder Pizzabacken in Neapel. Seit 2025 gehört auch das Gebrauchshundewesen in Deutschland dazu - als Ausdruck einer gewachsenen Beziehung zwischen Mensch und Hund, geprägt von Verantwortung, Fachwissen und Gemeinschaft.

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Denice May

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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