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Foto: Tonn
Ein Roman
zum Schaudern und
zum Schmecken
Ich habe mir die Figur der Köchin
‚Mama Melba’ komplett ausgedacht“,
verrät die Autorin. Wer das Buch liest,
glaubt schon nach wenigen Zeilen,
Mama Melba hätte es selber geschrieben,
so authentisch sind die Bilder, die Christine
Conner entwirft. Dabei gewährt sie Einblicke
in Szenen und Mentalitäten, die einen
schaudern lassen, nimmt einen aber auch
mit in die Welt des Genusses.
Bis auf den letzten Platz gefüllt war „Slyers
Hafenbar“ im Unikat. Dort las Christine
Conner aus ihrem ersten Roman, dem Auswanderer
Epos „Mama Melba“. Das Louisiana
Moos, mit dem die Tische dekoriert
waren und das in seiner Heimat in langen
Bärten von den Bäumen hängt, verbreitete
Südstaaten-Feeling. Ein Hingucker war
die Trachtenpuppe aus dem Schwarzwald,
Heimat der Romanheldin Melba.
„Mama Melba“ ist ein hochemotionaler
Roman zwischen Gänsehaut und Genuss,
den man voller Hingabe liest. Die gebürtige
Genauigkeit ihrer Sprache. Und sie nimmt
Cuxhavenerin Christine Conner hat
sich auf eine Geschichte eingelassen, in
der es die junge Köchin Melba aus dem
Schwarzwald auf die „Belle Beu Plantage“
nach Louisiana im Süden der USA verschlägt
– kurz vor Ausbruch des amerikanischen
Bürgerkrieges.
Dort wird das junge Mädchen in die Geheimnisse
der arkadischen und kreolischen
Küche eingeweiht, deren Zauber
sich durch das ganze Buch zieht. Mama
Melba lernt aber auch das Leben der Sklaven
kennen, zu denen sie sich hingezogen
fühlt. Sie wird Zeugin von Misshandlungen
und Demütigungen, fühlt sich den
Unterdrückten nahe, leidet mit ihnen, bewundert
aber auch, wie sie ihr hartes Los
meistern und ihre Hoffnung nie aufgeben.
Die Kapitel haben keine Zahlen, sondern
Buchstaben, da Mama Melba (sie kann
weder lesen noch schreiben), ihr Leben
in Buchstaben einteilt. Dafür kann sie
umso mehr sehen, fühlen und in sich aufnehmen.
Christine Conner fasziniert durch die
dabei kein Blatt vor den Mund.
Der Titel des jeweiligen Kapitels
ist ein Südstaaten-Gericht, jedes Kapitel
wird mit einem Rezept beendet. Die Zutaten
und Aromen werden derart intensiv
beschrieben, dass sie als Duft durch das
Buch zu schweben scheinen.
Mit „Mama Melba“ hat Christine Conner,
die ihr persönliches Glück ebenfalls in
den USA gefunden hat, einen fein recherchierten,
grandiosen Roman voller Südstaatenfl
air geschrieben, der einen von
Anfang bis Ende packt.
Ihre Heldin Mama Melba hat sie gefesselt
und sie total vereinnahmt. Eindringlich
und voller Präzision schildert sie deren Erlebnisse,
die auch den Leser fesseln. Conner
fasziniert durch die Genauigkeit ihrer
Sprache. Sinnlichkeit und Schaudern
liegen eng beieinander, manchmal muss
man innehalten, um die harte Kost zu
verdauen. Sinnlichen Genuss verspricht
auch Mama Melbas Gewürzmischung, die
jedem Buch beiliegt. Joachim Tonn
Christine Conner gelingt mit „Mama Melba“
die Verbindung von Historie und Küche