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Bleiben wir also im Jahr 1964 und bei der
Aufführung „Winnetou“ auf der Freilichtbühne
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im Schlossgarten. „Schöner“, so
schreibt der Theaterkritiker L. S. (hinter
dem Kürzel verbirgt sich Lars Strömsdörfer)
damals, „hätte die kleine Freilichtbühne
im Schloßpark nicht aus ihrem
langen Dornröschenschlaf zu neuem Leben
erweckt werden können“. „Unzählige
Jugendträume“ seien am Mittwochabend
„in dem kleinen Rund der Freilichtbühne
im Ritzebütteler Schloßgarten … wahr
geworden“, heißt es zu Beginn in der „Mit
dem Abenteuer auf Du und Du“ betitelten
Aufführungsbesprechung. „Rund 500
große und kleine Zuschauer erlebten mit
höher schlagenden Herzen die Abenteuer
des Apachenhäuptlings und seines unzertrennlichen
Freundes Old Shatterhand.“
Das Cuxhavener Publikum hatte übrigens
einige Wochen warten müssen, bis es seinen
„Winnetou“ zu sehen bekam. Schon
am 6. Juni hatte die Inszenierung von
Gastregisseur Klaus Schrader auf der großen
Freilichtbühne in Wiesmoor Premiere
gehabt. Nach so manchen Schwierigkeiten
richtete sie dann der an Cuxhavens „schauspiel“
engagierte Bernd Rademaker für die
so viel kleinere Bühne im Schlossgarten
ein. Aus mehreren Karl-May-Bänden hätten
Ludwig Körner und Roland Schmid
„ein handfestes Stück für Freilichtaufführungen
geschrieben“, ist in der Zeitungsbesprechung
zu lesen. Die „Geschichte
einer Freundschaft zwischen einem Indianerhäuptling
und einem weißen Mann, die
auf viele harte Bewährungsproben gestellt
wird – und die sich doch bewährt“.
Eine Geschichte eben, an der „alles dran“
sei: „Wilde Abenteuer, Schurkereien, eine
zart angedeutete Liebesgeschichte zwischen
Old Shatterhand und dem roten
Mädchen Nscho-Tschi und viele schrullige
Typen, die in einem gefährlichen Land ihr
heiteres Unwesen treiben. Pathetische Dialoge
und umwerfende Situationskomik
treffen hart aufeinander“. Die Zuschauer
würden „in Atem gehalten“, dem Theaterkritiker
zufolge „einer der Vorzüge dieser
Inszenierung“. Dazu das „Bestreben, ein
Höchstmaß an Realität zu erzielen“. Und
genau das ist schließlich kein einfaches
Unterfangen, es gehört gar zum schwierigsten
überhaupt bei solchen Open-Air-
Aufführungen. Denn auch damals hatten
die Karl May-Fans natürlich schon die in
Jugoslawien gedrehten Karl May-Verfilmungen
mit dem amerikanischen Filmstar
Lex Barker als Old Shatterhand und
dem Franzosen Pierre Brice als Winnetou
auf Breitwand und in Color gesehen. Doch
die „Unmittelbarkeit“, so der Zeitungskritiker,
sei es, die die Aufführung auf der
Freilichtbühne im Schlossgarten zum eigentlichen
Erlebnis mache. Hier lebe „der
Zuschauer mit den Abenteuern auf Du
und Du“.
Zum Erfolg der „Winnetou“-Aufführung
trage natürlich nicht zuletzt „die großartige
Besetzung der Rollen“ bei: Lutz Lobmaier
„als prächtiger, aufrechter, mutiger
Winnetou“ und Peter Mönch, „der unbesiegbare,
strahlende Old Shatterhand – ein
zum Leben erweckter Jugendtraum“, wie
der Kritiker findet. Dagmar Sörensen als
schönes Indianermädchen Nscho-Tschi …
Hans Norden, der den geldgierigen Santer
spielt, Till Zickler als verschlagener Sommer
und Arthur Kühne als hinterhältiger
Häuptling Tangua ….“. Namen wie die von
Arthur Kühne, Lutz Lobmaier und vor
allem auch von Dagmar Sörensen sagen
Theaterbesucherinnen und Theaterbesuchern
von einst natürlich noch eine ganze
Menge, zumal sie als langjährige Ensemblemitglieder
in zahlreichen Inszenierungen
des „schauspiel“ zu sehen waren.
Einer, der auch in diese Reihe gehört, ist
Horst Ulbricht – in dieser „Winnetou“-Aufführung
in der Rolle des Inschu Tschuna.
Er war viele Jahre am Theater in Cuxhaven
– zu Zeiten Wolf von Gersums, Toni Graschbergers
und auch noch bis Anfang der
1970er Jahre zu Zeiten Kurt Heinz Welkes,
bis das eigene Theaterensemble aufgelöst
und in ein Bespielungstheater umgewandelt
wurde. Und alte Theaterbesucher erinnern
sich gleichfalls an Charilaos Theodorou,
der für die Karl May-Aufführung von
1964 auf der Freilichtbühne im Schlossgarten
die Marterpfähle entworfen hat. Auch
die gehören zu den vom Zeitungsmann
ausdrücklich gelobten Stimmigkeiten der
Inszenierung.
Bei der Aufzählung der handelnden Personen
des Stücks darf natürlich jenes
Trio nicht fehlen, das von Anfang an „die
Lacher auf seiner Seite hat“. Und das
sind Karl Schurr und seine „nicht minder
schrulligen Spießgesellen“ Bruno
Thost und Karl Heinz Tauß, die als Sam
Hawkins, Dick Stone und Will Parker
„ihr Unwesen treiben“. Alle drei sind auf
diesen Seiten im Bild zu sehen – in einer
Aufnahme von Konrad Nonnast, der viele
Jahrzehnte für die in Cuxhaven erscheinenden
Zeitungen fotografiert hat, darunter
auch Theaterinszenierungen und
Schauspieler-Porträts.
Was Bruno Thost, den 2019 verstorbenen
Schauspieler, Regisseur und Intendanten
angeht, so kam dem im Zusammenhang
mit Toni Graschberger und seinem Faib-
Szene aus „Winnetou“ mit (von links) Dagmar Sörensen
als Nscho-Tschi, Horst Ulbricht als Inschu-Tschuna,
Peter Mönch als Old Shatterhand und Lutz Lobmaier
als Apachenhäuptling Winnetou.
Über 500 große und kleine Zuschauer sahen im Juli 1965
auf der Freilichtbühne im Schlosspark die begeistert
aufgenommene Inszenierung „Der Schatz im Silbersee“.