
17
le für Karl May eine ganz spezielle Rolle
zu. Bevor Thost damals nach Cuxhaven
ans „schauspiel“ kam, hatte er Anfang
der 1960er schon am Theater der Altstadt
in Stuttgart inszeniert und war dann an
die Komödie im Marquardt gewechselt,
wo er gemeinsam mit Gunther Philipp
in der „Kaktusblüte“ einen wahren Bühnenerfolg
verbuchte. Zu seinen Stationen
in jenen Jahren gehörten auch die Hamburger
Kammerspiele, das Ernst-Deutsch-
Theater in Hamburg und das Theater in
Düsseldorf.
Cuxhavens Theaterbesucher sehen Bruno
Thost zuerst als Darsteller in der
„Winnetou“-Inszenierung, ein Jahr später –
1965 – wird er in Wiesmoor Karl Mays „Der
Schatz im Silbersee“ in Szene setzen, auch
das eine Produktion des „schauspiel“ während
der Intendanz von Toni Graschberger.
In der „Cuxhavener Zeitung“ vom 15. Juli
1965 heißt es dann zu der Aufführung im
Ritzebütteler Schlossgarten: „Intendant
Toni Graschberger und Regisseur Bruno
Thost hatten alles drangesetzt, einen echten
Eindruck der damaligen Gegebenheiten
hervorzurufen.“ Von Federschmuck,
einer alten Postkutsche und „hervorragenden
Kostümen“ ist die Rede. „Besonders
eindrucksvoll“ habe das Ensemble „die
Totengesänge und Tänze zu Ehren der ermordeten
Rothäute gestaltet“.
Als Toni Graschberger Cuxhaven 1968 verlässt
und ans Nordmark-Landestheater in
Schleswig geht, ist Bruno Thost bald bei
den Karl-May-Spielen in Bad Segeberg
wieder mit von der Partie. Als Intendant
und Regisseur der Spiele arbeitet Graschberger,
wie es heißt, „vor und hinter den
Kulissen auch wieder mit Thost zusammen“.
Die „Winnetou“-Inszenierung dort
– im Jubiläumsjahr 1971 – erregt Aufsehen,
bereitet dem Intendanten aber wegen
finanzieller Defizite auch Probleme.
Bei der erneuten Wiederaufnahme von
„In den Schluchten des Balkans“, wo Toni
Graschberger einzelne Passagen mit Bruno
Thost überarbeitet, bleibt der erwartete
Zuschaueransturm aus.
1974 schließlich ist Toni Graschberger
mit der aufwendigen Erstaufführung von
„Das Vermächtnis des Inka“ zwar der
Einzige, der diesem Roman Karl Mays
eine Theaterfassung verpasst, aber das
ist denn auch schon seine letzte Saison
in Bad Segeberg. Das Buch hat er mit Roland
Schmid geschrieben, dem Mit-Autor
von seinem Cuxhavener „Winnetou“. In
der auch heute noch präsenten Hörspielaufnahme
des „Vermächtnis des Inka“
spricht Graschberger die Rolle des Pedro.
Die nächste Station des einstigen Cuxhavener
Intendanten ist das Theater in Hof
an der Saale. Dort profiliert er sich, wie
nachzulesen ist, mit Musiktheater. Unumstritten
war Toni Graschberger nie, auch
in Cuxhaven nicht. Mit seinem Namen
verbunden bleibt vor allem, dass er in seiner
Ingolstädter Intendantenzeit einen
Mann wie Kurt Hübner ans Haus holte.
Der sollte sehr bald das bundesdeutsche
Theater revolutionieren und Theatergeschichte
schreiben.
Derjenige, der Jahrzehnte später einen
durch seine Filme und jahrelang umjubelte
Auftritte bei den Karl-May-Festspielen
in Bad Segeberg weltberühmten
„Winnetou“-Darsteller nach Cuxhaven
einlud, sollte Christian Berg sein. Der im
Januar dieses Jahres viel zu früh verstorbene
Theatermacher, Kinderbuch- und
Musicalautor holte 2010 den damals bereits
81-jährigen Pierre Brice natürlich
nicht für eine Karl May-Rolle, sondern für
sein „Sommertheater“-Stück „Tjede – ein
Traum von Freiheit“ an die Nordsee. In der
Geschichte um ein Friesenmädchen, der
„Jeanne d’ Arc des Nordens“, und ihrem
Kampf gegen die die norddeutschen Bauern
unterdrückende katholische Kirche
ist der Franzose der Erzähler, der „Wanderer
zwischen den Welten“, zwischen Darstellern
und Publikum. Die Rolle, so hat
Pierre Brice damals in einem Interview
gesagt, habe etwas ganz Besonderes mit
ihm gemein: „den Sinn für die zu kurz Gekommenen
dieser Welt und das Bedürfnis,
ihnen zu helfen“. Ilse Cordes
Intendant
Toni
Graschberger.