
Geklaut und zerstückelt - aber: Hemmoors "Zementpacker" könnte ein Comeback feiern
Vor zwei Jahren war er plötzlich weg: der "Zementpacker" des Hemmoorer Zementmuseums. Metalldiebe hatten die Skulptur entfernt, sie in Einzelteile zerlegt und verkauft. Jetzt gibt es eine Bürgerinitiative zur Rekonstruktion des Kunstwerkes.
Der 2008 verstorbene Hemmoorer Bildhauer und Pädagoge Frijo Müller-Belecke hat nicht nur im Elbe-Weser-Dreieck, sondern weit darüber hinaus Kunstwerke geschaffen, die man als "Kunst zum Anfassen" bezeichnen kann und darf. Ob der "Utröper" oder die Voß-Büste in Otterndorf, die Niebuhr-Skulptur vor der Lüdingworther Kirche, die "Fischfrau" in Stades Innenstadt oder auch der "Vogelflug" in Cuxhaven - alle Objekte tragen seine unverkennbare "Handschrift".
"Aus der Hektik unserer Zeit reißen"
In Hemmoor hatte es die Stadt jedoch nicht für nötig befunden, ihm jemals einen Auftrag für ein Projekt zu erteilen. Zwar steht zum Beispiel ein Wolf vor der gleichnamigen Apotheke im Zentrum. Aber Auftraggeber war der Apotheker Heinz-Günter Wolf, der heute noch von den Gesprächen mit Müller-Belecke über die Umsetzung und Entstehung des Objektes schwärmt: "Er hat sich damit intensiv beschäftigt und das Ergebnis war und ist einfach toll." Frijo Müller-Belecke hatte sein Kunstverständnis einmal so beschrieben: "Ich möchte mit meiner Kunst die gestressten Menschen für einen Moment aus der Hektik unserer Zeit reißen."

Das war ihm auch mit der "Zementpacker"-Skulptur im "Deutschen Zementmuseum" an der Hemmoorer Ortsdurchfahrt gelungen. Dort stand die Figur, die einen einfachen Arbeiter mit einem schweren Zementsack in den Armen zeigte, seit 1986. Finanziert wurde sie übrigens nicht von der Stadt.
Keine weiteren Ermittlungen
Doch im März 2023 hatte der Zementpacker die Stadt, die von der Zementproduktion jahrzehntelang wirtschaftlich geprägt war, unfreiwillig verlassen müssen. Sie wurde - eher zufällig von Passanten bemerkt - von Metalldieben aus dem Zementmuseum, das sich inzwischen in einem desolaten Zustand befindet (wir berichteten), entfernt und in Einzelteilen zu Geld verwertet. Die Händler, die in den Deal involviert waren, wurden zwar ermittelt. Doch das Verfahren gegen sie und die Diebe hat die Staatsanwaltschaft eingestellt.

Im Hemmoorer Rathaus gab es den ernsthaften Versuch, die Statue neu gießen zu lassen. Fragmente waren schließlich sichergestellt worden. Im Büro des Verwaltungschefs steht zudem ein Teil des Torsos, das bei dem Entwurf als Vorlage für die Figur diente.
Das Problem: Das Objekt war nicht versichert, was nicht selten bei Kunstobjekten im öffentlichen Raum vorkommt. Dennoch soll es nach Informationen unserer Redaktion auf dem Kulanzwege zu einer Zahlung im mittleren vierstelligen Bereich durch eine Versicherung gekommen sein.
"Ich war fassungslos"
Und nun? Das Interesse der Stadt an der möglichen Rekonstruktion des Zementpackers war bislang - gelinde gesagt - überschaubar. Und auch bei der Sanierung des kompletten Freilicht-Zementmuseums musste erst einmal reichlich Überzeugungsarbeit geleistet werden, um trotz hoher sechsstelliger Fördersummen den Eigenanteil aufzubringen. Auch darüber hatte unsere Redaktion ausführlich berichtet.
Doch es gibt einen Arbeitskreis ehrenamtlich tätiger Bürgerinnen und Bürger, die sich um die Aufarbeitung der Hemmoorer Geschichte kümmern. Dazu zählt auch die Frau des Bildhauers Frijo Müller-Belecke. Susanne Müller-Belecke ist "geschockt" gewesen, als sie von dem Diebstahl und der Zerstückelung des Zementpackers gehört habe. "Ich war fassungslos", sagt sie im Gespräch mit unserer Redaktion.

Es sei ja aber auch leider nicht das erste Mal gewesen, dass Metalldiebe ein Werk ihres Mannes zerstört hätten. Zur Erinnerung: Auch das Deichbauer-Denkmal am Otterndorfer Elbdeich stammt von Frijo Müller-Belecke. Einer der drei Kerle war vor einigen Jahren abgeflext und "entführt" worden. Die Rekonstruktion durch den Deichverband erfolgte kurze Zeit später. Das Trio ist lange wieder komplett. Nur wenige Monate nach dem Kunstraub hatten Unbekannte auch den Arm des "Utröpers" am Kirchplatz quasi amputiert. Auch dieser Schaden wurde behoben.
Doch zurück zum "Zementpacker" in Hemmoor: Dort hat es sich jetzt die Initiative von Bürgerinnen und Bürgern zum Ziel gesetzt, die Skulptur rekonstruieren zu lassen. Einen Kontakt nach Bayern, wo auch viele andere Werke von Müller-Belecke gegossen worden waren, gibt es. Die geschätzten Kosten liegen bei 40.000 bis 45.000 Euro. Bleibt die Frage nach der Finanzierung.
Unterstützer gesucht
Die Gruppe, zu der auch Susanne Müller-Belecke gehört, möchte private Geldgeber, aber auch Hemmoorer Vereine und Verbände animieren, sich der Initiative anzuschließen und Benefiz-Aktionen zu starten, damit der "Zementpacker" wieder zu einem festen Bestandteil der Hemmoorer Geschichte wird. Erste Gespräche sind bereits geführt worden.
Wer - auf welche Weise auch immer - helfen möchte und kann, sollte sich wenden an: