Viele Gemeinden verzeichnen eine steigende Nachfrage nach muslimischen Grabstätten. In Hemmoor ist das bislang nicht der Fall, dennoch wird über die Einrichtung einer solchen Grabstätte diskutiert.  Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Viele Gemeinden verzeichnen eine steigende Nachfrage nach muslimischen Grabstätten. In Hemmoor ist das bislang nicht der Fall, dennoch wird über die Einrichtung einer solchen Grabstätte diskutiert. Foto: Hauke-Christian Dittrich/dpa
Viele offene Fragen

Islamische Grabstätten in Hemmoor: Ratsmitglieder diskutieren Standort und Regeln

von Tim Larschow | 13.08.2025

Der Samtgemeinderat diskutiert die Einrichtung islamischer Grabstätten in Hemmoor-Warstade. Offene Fragen zu Standort, rituellen Anforderungen und Grabruhe machen die Entscheidung komplex und sensibel. Nun stehen die nächsten Schritte an.

Nachdem bereits im Vorfeld berichtet worden war, dass CDU, Grüne und die Gruppe Bürgerforum/"Wir für Euch" im Samtgemeinderat die Einrichtung islamischer Grabstätten in der Osteregion vorgeschlagen hatten, zeigte sich am Dienstagabend, wie ernsthaft das Thema diskutiert wird. Im Rathaus tagte der Samtgemeinde-Ausschuss für Klimaschutz, Bau- und Friedhofsangelegenheiten - das öffentliche Interesse war groß, einige Bürgerinnen und Bürger verfolgten die Debatte.

Als möglicher Standort steht weiterhin der zentral gelegene Friedhof in Hemmoor-Warstade im Raum. Offen ist jedoch eine Reihe organisatorischer und rechtlicher Fragen. Von besonderer Bedeutung ist für viele Gläubige die Ausrichtung der Gräber nach Mekka - in den meisten Friedhöfen bereits möglich, in wenigen Fällen jedoch nicht gegeben. Hinzu kommt die rituelle Waschung Verstorbener, für die bislang nur knapp die Hälfte der Friedhöfe in Niedersachsen geeignete Räumlichkeiten hat.

Theologische und praktische Fragen beim Standort

Eine weitere Frage betrifft die Beschaffenheit der Grabflächen: Aus streng theologischer Sicht muss es sich bei einem neuen muslimischen Grabfeld nicht zwingend um unbenutzten Boden handeln. Aber ein zuvor genutzter Friedhofsteil könne nach Räumung alter Gräber, Umgraben des Areals und Umbettung eventueller sterblicher Überreste verwendet werden. Aus volksreligiöser Perspektive jedoch vertreten viele Gläubige die Auffassung, dass ausschließlich ungenutzter Boden für islamische Bestattungen in Frage kommt - ein Unterschied, der bei der Standortwahl eine Rolle spielen könnte. "Es gibt zwar Lücken zwischen den Gräbern, aber da wurden ja schon mal Menschen bestattet", merkte ein Zuhörer an.

Besonders konfliktträchtig ist das Thema Ruhefristen. Das deutsche Bestattungsrecht schreibt in allen Bundesländern eine zeitliche Befristung der Grabnutzung vor - in Niedersachsen in der Regel zwischen 15 und 25 Jahren für Erwachsene, für Kinder entsprechend kürzer. Diese Regelung steht im Kontrast zu der in vielen muslimischen Herkunftsländern üblichen dauerhaften Grabruhe. Auch wenn ein "ewiges Ruherecht" theologisch nicht zwingend vorgeschrieben ist, empfinden viele Angehörige die zeitliche Begrenzung als befremdlich. In der Vergangenheit kam es deshalb zu Auseinandersetzungen, etwa 1995 in Köln, als die geplante Räumung von 277 islamischen Gräbern Proteste auslöste. Damals wurde ein Kompromiss gefunden, indem einzelne Grabstätten verlängert werden konnten - die grundsätzliche Problematik bleibt jedoch bestehen.

Zahl der Einwohner muslimischen Glaubens gestiegen

Während der Sitzung wollten viele Anwesende vor allem wissen, wie groß das tatsächliche Interesse an islamischen Bestattungen vor Ort sei. Zwar sei die Zahl der Einwohner muslimischen Glaubens in der Samtgemeinde in den vergangenen Jahren deutlich gestiegen, erklärte die Verwaltung, bislang habe es jedoch keine konkreten Anfragen gegeben. Ob es für den Antrag einen aktuellen Anlass gebe oder ob die Antragsteller zuvor direkt auf das Thema angesprochen worden seien, blieb unbeantwortet.

Nachdem der Antrag von der CDU verlesen worden war, meldete sich Stephan Haak (SPD) zu Wort. Er plädierte dafür, vorerst keine Abstimmung vorzunehmen, da noch zu viele Fragen offen seien: "Das ist ein hochsensibles Thema und so funktioniert es nicht", sagte das Ausschussmitglied. Der Ausschuss entschied schließlich, die Verwaltung damit zu beauftragen, offene Punkte zu klären, Fördermöglichkeiten zu prüfen und ein umsetzbares Konzept zu erarbeiten.

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Tim Larschow

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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