
Tauchbasis-Betreiber zum Unglück im Kreidesee Hemmoor: "Jeder Tote ist einer zu viel"
Ein tragischer Unfall im Kreidesee Hemmoor hinterlässt Spuren. Während ein niederländischer Taucher sein Leben verliert, wehrt sich der Betreiber der Tauchbasis gegen die "Mär" des "Todessees" - und gibt Einblick in seine Gedanken.
Am Ende kam jede Hilfe zu spät - obwohl die Retter durch Zufall so nah waren. Ein 34-jähriger Mann ist bei einem Tauchunfall im Hemmoorer Kreidesee ums Leben gekommen.
Das tödliche Unglück ereignete sich am Mittwochnachmittag (21. Mai 2025). Ein 34-jähriger Mann aus den Niederlanden war laut Polizei mit einer Gruppe zum Tauchen in den See gestiegen. Gegen 16.10 Uhr habe er plötzlich einen Notaufstieg durchgeführt - "aus bislang unbekannten Gründen", erklärt Stephan Hertz, Pressesprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven.
Zufällig befanden sich auch Feuerwehrtaucher vor Ort. Sie hätten den Mann aus dem Wasser geborgen, so Hertz. Doch die Reanimation verlief erfolglos. Im Einsatz waren auch der Rettungshubschrauber "Christoph 67" aus Itzehoe, ein Notarzt und der Rettungsdienst des Cuxland-Rettungsdienstes sowie die Polizei Hemmoor.

Der Lamstedter Holger Schmoldt hat die Hemmoorer Tauchbasis aufgebaut und entwickelt. Der Betreiber möchte keine Spekulationen anstellen, wie es zu dem tödlichen Unglück kam. Er war bei dem Unfall nämlich nicht zugegen - anders als die Tauchergruppe der Hamburger Feuerwehr. Schmoldts Aussagen zufolge wollten die Feuerwehrtaucher gerade ins Wasser gehen, als der 34-jährige Niederländer vor ihnen an der Einstiegsstelle aufgetaucht sei. Der Taucher habe sich die Maske vom Kopf gerissen, sei dann wieder abgesackt. "Daraus kann man allerlei spekulieren", betont Schmoldt, der sich daran aber nicht beteiligen möchte.

Der Tauchbasis-Betreiber vertraut darauf, dass Polizei und Rechtsmedizin die Unfallursache herausfinden. "Die Ermittlungen [...] dauern an", teilt Polizeisprecher Hertz am Tag nach dem Unglück mit.
Schmoldt geht aber fest davon aus, dass der Unfall nichts mit den Gegebenheiten des Kreidesees zu tun hat. Er entkräftet den im Volksmund gebräuchlichen Begriff "Todessee", indem er an eine "repräsentative Statistik" erinnert, nach der "auf alle 10.000 Taucher ein verstorbener Taucher" komme. Tauchunfälle seien "nichts Ungewöhnliches". Im vergangenen Jahr seien 40.000 Taucher in Hemmoor gewesen. "Das würde bedeuten: Es müsste pro Jahr vier tote Taucher im Kreidesee geben", so Schmoldt gegenüber der CN/NEZ-Redaktion. Tödliche Unfälle ereigneten sich in Hemmoor seinen Angaben zufolge aber nur alle zwei bis drei Jahre. "Wir liegen weit unter der Statistik."

Der Lamstedter vergleicht die Situation mit dem Straßenverkehr. Wenn an einer Kreuzung alle zwei Jahre ein schwerer Unfall passiert, werde darüber nicht weiter diskutiert, weil es in Deutschland sehr viele Kreuzungen gebe. "Tauchseen von diesem Format gibt es in Deutschland aber vielleicht nur eine Handvoll. Deshalb hat man das Gefühl, dass häufig etwas passiert." Die "Mär" des "Todessees" komme aus den 90er-Jahren, als die Boulevard-Presse einen Aufhänger für ihre Artikel gebraucht habe.
Erleichternde Neuigkeiten hat der Tauchbasis-Betreiber von einem Tauchunfall aus dem Kreidesee vor knapp vier Wochen parat. Ende April wurde ein 58-jähriger Taucher aus Belgien schwer verletzt. Nachdem der Mann mit einem Rettungshubschrauber in eine Druckkammer nach Gelsenkirchen gebracht wurde und dort mehrere Tage blieb, trägt er Schmoldts Angaben zufolge "keine bleibenden Schäden davon". Die Behandlung in der Spezialklinik sei erfolgreich gewesen. Vorausgegangen war vermutlich ein Tauchfehler. Der 58-Jährige hatte laut dem Tauchbasis-Betreiber beim Tauchgang die Gasflaschen verwechselt.
Angesichts des neuerlichen Unglücks betont Holger Schmoldt: "Jeder Tote ist einer zu viel." Es sei tragisch. Bei jedem schlimmen Unfall "stelle ich mir wieder die Frage: Ist es sinnvoll, was ich hier mache?", gibt der Tauchbasis-Betreiber Einblick in seine Gedankengänge. "Aber diese Frage stellt sich jeder Motorradverkäufer wohl auch."