
Deichbrand: Familienvater stirbt im Zelt - Notfallseelsorger leisten wichtige Hilfe
Ein Familienvater stirbt unerwartet beim Deichbrand-Festival in Wanhöden. Bei Schock und Trauer stehen Notfallseelsorger wie Manfred Lea bereit, um Freunde und Angehörige in der Krise zu begleiten und zu stützen.
Sie wollten ein fröhliches Deichbrand-Festival feiern. Am Ende blieben Trauer, Schock und Entsetzen. Hingekommen waren sie zu fünft; nur vier Freunde kehrten lebendig zurück.
Der 36-jährige Familienvater aus Bremen, der nach Informationen unseres Medienhauses mit seinen Freunden nach Wanhöden gefahren war, hatte sich in sein Einzelzelt begeben, um sich noch einmal hinzulegen und Schlaf nachzuholen. Als sich nichts regte, schaute eine Person aus der Gruppe am Sonntagmittag nach dem Rechten. Ein Schockmoment: Leblos lag der Bremer in seinem Zelt. Für Rettungsversuche war es zu spät. In solch einem Fall übliche polizeiliche Ermittlungen ergaben - wie berichtet - kein Fremdverschulden. Die Staatsanwaltschaft Stade sah keine Veranlassung, eine Obduktion anzuordnen. Der Bremer starb vermutlich eines natürlichen Todes.
Manfred Lea (71) aus Hemmoor ist Pastor im Ruhestand und Notfallseelsorger. Er ist Pionier in dieser Region. 1997 baute er im Land Hadeln die Notfallseelsorge auf. Parallel dazu war der damalige Superintendent Bochow im Südkreis tätig. Ab dem Zeitpunkt wurden im der Landkreis Cuxhaven erstmals systematisch Opfer, Angehörige, Beteiligte und Helfer in Notsituationen akut geholfen. Das Deichbrand-Seelsorgerteam baute Manfred Lea 2012 zum ersten Mal auf - und ist seitdem bei jedem Festival dabei. Persönlich war er bei diesem tödlichen Unglücksfall auf dem Zeltplatz im Einsatz.

"Gelernt, mit solchen Situationen umzugehen"
"In unserem Beruf hat man gelernt, mit solchen Situationen umzugehen." Von einem Moment auf den nächsten ist nichts im Leben mehr, wie es war. Ein dunkler Strudel tut sich auf. Ein Verkehrsunfall, ein tätlicher Angriff, ein Schlaganfall oder ein Herzinfakt können Menschen mitten aus dem Leben reißen. Zurück bleiben Partner, Kinder, Angehörige und Freunde. Sie müssen mit solch einer plötzlichen Notlage klarkommen. Gerade noch war die liebe Person mitten im Leben, jetzt ist sie tot. Ohne Vorwarnung, ohne Zeichen, ohne Abschiednehmen. Für solche leidvollen Momente sind Notfallseelsorger geschult. Sie wissen, wie mit dieser Last der Betroffenen umzugehen ist und wie sie gestützt und stabilisiert werden.
Auf dem Deichbrand war ein 14-köpfiges Team in Schichten eingeteilt. Manfred Lea betreute sofort mit zwei weiteren Kräften die geschockte Freundesgruppe in den ersten Stunden nach dem plötzlichen Verlust. "Wir haben ihnen gezeigt, wir sind für Euch da", schildert der Seelsorger. Es folgten einige Minuten, in denen gar nicht kommuniziert wurde. Anschließend gab es eine Phase der Selbstvorwürfe, was man hätte tun müssen, um dieses Unglück zu verhindern. "Wir signalisieren dann, Du hast daran keine Schuld." Nachdem die Seelsorger eine Stunde lang die Trauernden allein ließen, merkten sie nach dem Wiederkommen, dass die Freunde danach schon einen Schritt weiter waren und bereits Dinge organisierten. Pastor Lea erläutert: "Es ist ein gutes Zeichen, wenn nach dem ersten Schock die Planungsphase beginnt." Wichtig sei gewesen, dass sie zu der Ehefrau in Bremen erst Kontakt aufnehmen, nachdem sie von der Polizei über den Tod ihres Mannes informiert worden war. Zudem sollten sie nicht selbst mit ihren Autos von Wanhöden nach Hause fahren, sondern fanden Bekannte, die das übernahmen.
Nach 2019 war es der zweite Todesfall bei Deichbrand für den Seelsorger, und er war auch diesmal eine wertvolle Stütze: "Auch wenn man im ersten Schock zuerst nicht wahrgenommen wird, haben sich die Leute bedankt, als wir uns verabschiedet haben und gesagt: Gut, dass ihr da wart. Unsere Anwesenheit ist berechtigt und gerechtfertigt."
Einen weiteren Einsatz gemeistert
Neben diesem herausfordernden Notfallseelsorger-Einsatz war das Team diesmal nur ein weiteres Mal gefordert. Es half einer mit der Festival-Situation psychisch überforderten Frau zur Ruhe zu kommen. Wegen zu großer Reizüberflutung war sie fast zusammengebrochen. "Unsere Einsätze zeigen, wie wichtig wir sind - das hat auch der Veranstalter gemerkt", sagt Manfred Lea. Selbst wenn er sich im Kirchenkreis längst aus diesem Amt verabschiedet hat und seit sieben Jahren nicht mehr als Pastor in Hechthausen wirkt, wird er auch kommendes Jahr Deichbrand-Dienst leisten und Menschen in Krisensituationen Unterstützung anbieten.