Kreis Cuxhaven: Müllabfuhr-Firma Nehlsen droht streikenden Mitarbeitern mit Kündigung
Streikende Müllwerker bei Nehlsen sehen sich unerwarteten Kündigungsdrohungen ausgesetzt. Trotz gegenteiliger Zusagen eskaliert der Tarifstreit weiter. Wie reagieren Gewerkschaft und Politik auf die brisante Situation im Landkreis Cuxhaven?
Im Tarifstreit der Müllwerker um rentenfeste Tariflöhne hat die Firma Nehlsen zu drastischen Maßnahmen gegriffen, erklärt die Gewerkschaft Verdi, Bezirk Bremen-Nordniedersachsen. Vergangenen Freitag (28. Februar 2025) verteilte ein Prokurist mehrere schriftliche Abmahnungen an die am Streik beteiligten Müllwerkerinnen und Müllwerker, wegen "Arbeitsverweigerung", wie es heißt.
Vorausgegangen war ein dreitägiger Warnstreik, zu dem die Gewerkschaft Verdi aufgerufen hatte. Nachgelagerte Arbeitgeberanträge auf Mehrarbeit zur Beseitigung der Warnstreikfolgen hatte der Nehlsen-Betriebsrat mit Hinweis auf das Streikrecht der Beschäftigten abgelehnt. Die Müllwerker leisteten folglich ihren "Dienst nach Vorschrift".

Den Ankündigungen widersprochen?
Die Kündigungsdrohungen sind besonders brisant, da der Vorstandsvorsitzende der Nehlsen AG, Oliver Groß, Presseberichten zufolge am Donnerstag noch erklärt hatte: "Natürlich wird es keine Maßnahmen gegen die Streikenden geben."
"Wir hoffen darauf, dass die Maßregelungen ein 'Versehen' waren und am Montag postwendend zurückgenommen werden. Andernfalls müssen wir davon ausgehen, dass der Nehlsen-Konzern das verfassungsmäßig garantierte Streikrecht aktiv bekämpft, währenddessen die einst beklatschten Müllwerkerinnen und Müllwerker um ihre Arbeitsplätze bangen müssen. Letzteres ließe keine baldige Entspannung im Tarifkonflikt erwarten" sagt Pit Eckert, Sprecher der Gewerkschaft Verdi.

Tatsächlich haben die Nehlsen-Müllwerker bis heute weder einen Tarifvertrag noch ein Tarifangebot, so Verdi am Montag, 3. März. Im Vergleich zu ihren tarifgebundenen Konzernkollegen verdienen sie im Durchschnitt etwa 300 bis 500 Euro weniger, so die Gewerkschaft. Auskünfte über die tatsächlich gezahlten Löhne erteilt Nehlsen der Gewerkschaft nicht. "Mit den bei Nehlsen gezahlten Löhnen ist eine Armutsrente für die Müllwerkerinnen und Müllwerker schon heute vorprogrammiert, was letztlich die öffentliche Hand belastet. Das wollen die Beschäftigten in Ansehung der enormen Konzerngewinne keinen Monat länger mehr hinnehmen", meint Eckert weiter.
300 Menschen arbeiten bei Nehlsen
Verdi fordere für die etwa 300 Nehlsen-Beschäftigten einen Tarifvertrag mit altersfesten Löhnen auf dem Niveau des TVöD-Entsorgung, und von Nehlsen "ein ernstzunehmendes Tarifangebot, sowie unmittelbar die erkennbare Bereitschaft zum Abschluss eines Tarifvertrages, sonst streikt's", sagt der Verdi-Sprecher.

Der Verdi-Geschäftsführer Markus Westermann ergänzt: "Wir verstehen nicht, weshalb in Niedersachsen überhaupt noch Aufträge an Unternehmen vergeben werden, die sich weigern, einen vernünftigen Tariflohn zu bezahlen oder die streikenden Beschäftigten maßregeln. Die verantwortlichen Politikerinnen un d Politiker müssen sich fragen lassen, weshalb sie ihre soziale wie fiskalische Verantwortung nicht wahrnehmen und bei Auftragsvergabe nicht prüfen, welches Unternehmen tarifgebunden ist, und welches nicht. Das Beispiel Nehlsen zeigt: hier gibt es noch sehr viel Nachholbedarf."