
Höhere Steuern für "gefährliche Hunde" in Cuxhaven: Richtig oder unverhältnismäßig?
Seite Jahresbeginn müssen Halter von Rassen, die von der Stadt Cuxhaven in der Kategorie "gefährlicher Hund" eingeordnet werden, deutlich mehr Steuern zahlen als zuvor. Nun könnte die Satzung gekippt werden. Dazu ein Pro- und Kontra-Kommentar.
Angesichts wachsenden Drucks möchte die Ratsmehrheit aus SPD, Grünen und "Cuxhavenern" eine Rasseliste aus der unlängst erlassenen Hundesteuersatzung tilgen. Während Redakteur Kai Koppe dieses Ansinnen als falsch kritisiert, findet Redakteurin Denice May deutliche Worte zum Thema "hundefreundliche Stadt".
Die sogenannten Listenhunde beim Namen nennen: Redakteur Kai Koppe spricht sich für die Kategorisierung von Hunden aus

"Schäferhunde können auch beißen", höre ich immer wieder. Klar können sie, und im Einzelfall tun sie das auch. Trotzdem sind die Abkömmlinge der Herdengebrauchs- nicht mit den Kampfhunden zu vergleichen. Der Unterschied besteht in der Leistungsselektion bei der Zucht: Jene unterlag bei Hütehunden stets der Prämisse, dass das Vieh zwar getrieben, aber keinesfalls verletzt werden darf.
Angriffslust hat der Mensch bestimmten Rassen angezüchtet
Ganz anders bei Pitbulls, die darauf getrimmt wurden, in Hundekampfarenen das größtmögliche Gemetzel anzurichten. Weil das grausame Spektakel erst mit dem Tod des unterlegenen Vierbeiners endete, liegt auf der Hand, nach welchen Merkmalen die züchterische Auslese erfolgte: nach Stärke, Bisskraft und - Angriffslust. Leider sind es genau diese Eigenschaften, die Pitbull & Co. seit ein paar Jahrzehnten zum beliebten Accessoire machen - unter anderem für Zweibeiner aus dem Milieu und für Möchtegern-Underdogs, die ihren Dominanzanspruch mit ihrem Hund zu unterstreichen trachten. "Leg' dich nicht mit uns an", lautet die Botschaft, auf Straßen, Plätzen, in Fußgängerzonen. Wenn Eltern daraufhin ihr Kind fester an die Hand nehmen und sich bemüßigt fühlen, die Straßenseite wechseln, kann man objektiv zwar nicht von Nötigung sprechen. Ist aber an einem Punkt angelangt, an dem individuelle Freiheit des Halters mit den Belangen der Allgemeinheit kollidiert.
Der Präventiv-Aspekt wird ausgeblendet
Das Schutzgut Mehrheitsinteresse ignoriert die Rats-Koop aus SPD, Grünen und "Cuxhavenern", wider besseren Wissens. Sie knickt ein, weil Hundelobbyisten ordentlich Terz machen und das Tierheim eine Listenhund-Schwemme vorhersagt. Gesetzt den Fall, dass hier und heute tatsächlich so viele Pitbulls leben, die von ihren Haltern aus Steuergründen ausgesetzt werden könnten, ist es doch umso angebrachter, lenkend einzugreifen, bestimmte Hunderassen beim Namen zu nennen und deren weitere Verbreitung auf fiskalischem Weg möglichst unattraktiv zu gestalten. Im Nordseeheil- und Familienbad Cuxhaven möchte man nun doch lieber das Gegenteil machen: Kampfhunde erhalten erst dann den Stempel "gefährlich", wenn sie bereits jemanden verletzt haben. Der Treppenwitz ist, dass die Stadt, anstatt solchen Biss-Vorfällen per Satzung vorzubeugen, indirekt an ihnen verdient.
In Cuxhaven willkürlich Hunderassen als gefährlich einzustufen, ist unverhältnismäßig: Redakteurin Denice May ist gegen eine höhere Hundesteuer für "Listenhunde"

In Niedersachsen gibt es keine Liste für "Kampfhunde" - warum also in Cuxhaven? Dazu eine Erhöhung der Hundesteuer der "Listenhunde" von 80 auf knappe 1000 Euro. Von einer hundefreundlichen Stadt kann in Cuxhaven keine Rede sein.
In Niedersachsen gibt es keine sogenannten "Listenhunde" und das Land lehnt Rasselisten ab. Auch wenn in anderen Bundesländern für die Haltung von "Listenhunden" (die willkürlich auserkoren wurden, ohne Zahlen und dem Vergleich mit anderen Rassen) strenge Auflagen - unter anderem eine Maulkorbpflicht in der Öffentlichkeit - bestehen, hierzulande gibt es sie nicht. Niedersachsen hatte das bei der Änderung des Niedersächsischen Gesetzes über das Halten von Hunden abgelehnt. Und das ist auch gut so. Gehört Cuxhaven jetzt nicht mehr zu Niedersachsen?
Erst hat ein Schäferhund eine Rentnerin totgebissen
Eine Hunderasse aufgrund von Größe, Gewicht oder Beißkraft als gesteigert aggressiv oder gefährlich einzustufen, ist unverhältnismäßig und nicht zutreffend. Auch ein kleiner Spitz, ein Mischling aus dem Tierschutz oder der Golden Retriever-Familienhund kann und hat schon zugebissen. Erst diese Woche ist in Halberstadt (Landkreis Harz) eine Rentnerin von einem Schäferhund totgebissen worden. Steht diese Rasse auf der Liste der gefährlichen Hunderassen? Nein. Halter von Hunden, egal welcher Rasse, zahlen Steuern, sammeln die Hinterlassenschaften ihrer Vierbeiner auf, müssen Haftpflichtversicherungen abschließen, müssen einen Sachkundenachweis vorlegen, um gefährliche Situationen zu erkennen und möglichen Gefahren rechtzeitig vorzubeugen. Wird hier ein Hund amtlich als gefährlich eingestuft, kann er nur mit Erlaubnis und unter Berücksichtigung von Vorschriften (Maulkorb und Leinenpflicht) gehalten werden. Sind das nicht genügend Vorgaben für Hundehalter?
Erhöhung auf fast 1000 Euro ist unverhältnismäßig
Eine allgemeine Erhöhung der Hundesteuer ist das eine. Auch etwas erhöhte Steuern für Hunde, die auch nachweislich als gefährlich eingestuft werden, ist in Ordnung. Aber einfach willkürlich vier Rassen als gefährlich einzustufen und die Hundesteuer von 80 Euro auf fast 1000 Euro anzuheben ist unverhältnismäßig und für die Halter ein Schlag ins Gesicht - und unter Umständen nicht mehr bezahlbar. Von einer hundefreundlichen Stadt ist Cuxhaven damit ganz weit entfernt.