
Künstliches Konstrukt mit Fallstricken: Kommentar zum Einheitsgemeinde-Plan in Hadeln
Einheitsgemeinde Land Hadeln: ein kühner Plan oder ein riskantes Unterfangen? Identität und Tradition stehen auf dem Spiel, während die Verwaltung auf eine zentrale Fusion zu drängen scheint. Ein Kommentar von Redakteurin Wiebke Kramp.
Dass vor dem Hintergrund einer desolaten Haushaltslage und immer kleiner werdendem Handlungsspielraum über Strukturveränderungen nachgedacht wird, ist so nachvollziehbar wie notwendig. Nicht einleuchtend allerdings ist, warum die Verwaltung unter ihrem Chef Frank Thielebeule dabei offenbar einzig in eine Richtung zu blicken scheint und zeitlich auf die Tube drückt.
Ist eine Einheitsgemeinde tatsächlich die beste Lösung? Die Fusion von 2016 ist noch nicht einmal vernünftig in vielen Köpfen verankert, noch immer rumpelt und ruckelt es doch - und nun soll es gleich der Megawurf werden. Aus 14 mach eins? Für die Verwaltung mag dies der Königsweg sein. Logisch aus ihrer Sicht. Schließlich hätte sie es einfacher. Es ist etwas anderes, nur einen statt 15 Etats aufstellen und beraten lassen zu müssen. Und die Verwaltung hätte es nicht mehr mit 14 selbstbewussten Bürgermeistern zu tun, sondern mit Ortsbürgermeistermeistern mit beschnittenen Befugnissen.
Identität und Tradition können in den Dörfern wegbrechen
Für die Einwohner in Land Hadeln selbst birgt solch künstliches Konstrukt dieser Größe die Gefahr, dass Identität und Tradition in den Dörfern wegbrechen. Am besten wird das vielleicht am Beispiel Otterndorf deutlich. Eine seit 624 Jahren selbstständige Stadt geht dann auf einmal in solch riesige Flächengemeinde Land Hadeln auf?
Dazu kommt: Für viele ist die Verwaltung doch schon jetzt fern. Eine Einheitsgemeinde in dieser Größenordnung stärkt nur die Behörde, aber sie schwächt die Politik und die kommunale Selbstverwaltung vor Ort und könnte zu einem Brandbeschleuniger für weitere Politikverdrossenheit werden.
Einheitsgemeinde am Ende eines Diskussionsprozesses?
Sicherlich sollten und müssen einzelne Gemeinden über weitere Fusionen nicht nur nachdenken, sondern mit ihren Nachbarn konstruktiv darüber reden. Derartige Veränderungen dürfen aber nicht mit der Brechstange verordnet werden, sondern sie müssen ausdiskutiert und reiflich ohne Zeitdruck abgewogen werden. Und möglicherweise kann am Ende eines solchen Diskussionsprozesses auch eine Einheitsgemeinde als beste Lösung von allen Beteiligten gesehen werden.
Aber sind solche Diskussionen überhaupt erwünscht? Dass die von der Verwaltung anberaumte Veranstaltung in großer Runde am Sonnabend übrigens ohne Einladung an die Presse erfolgt, stößt in unserem Medienhaus, gelinde gesagt, auf Irritation und trägt nicht gerade zur Vertrauensbildung bei.