
Nach Schiffs-Kollision bei Helgoland: Kaum noch Hoffnung für vermisste Seeleute
Noch immer gibt es keine Gewissheit nach der Kollision der beiden Frachter "Verity" und "Polesie" nahe Helgoland. Nachdem die Suche am Mittwochmorgen eingestellt wurde, bleiben mehrere Menschen vermisst.
Am frühen Mittwochmorgen legte die "Polesie" an der Seebäderbrücke in Cuxhaven an. Der Blick auf den Frachter verrät auch Details über den Unfallhergang: Offenbar ist "Polesie" an ihrer rechten vorderen Seite mit der "Verity" kollidiert, die nach dem Zusammenprall unterging.
Blaue Farbreste an der Steuerbord-Seite des Frachters könnten vom blauen Rumpf der "Verity" stammen. Die Seebäderbrücke ist abgeriegelt. Auch der Fußweg dorthin ist gesperrt.

Am frühen Dienstagmorgen gegen 5 Uhr war es zu der Schiffskollision in der Deutschen Bucht gekommen. Etwa zwölf Seemeilen (22 Kilometer) südwestlich der Insel Helgoland und 17 Seemeilen (31 Kilometer) nordöstlich der Insel Langeoog stießen die Frachtschiffe "Polesie" und "Verity" zusammen. Das Havariekommando hat die Gesamteinsatzleitung übernommen.

Suche nach "Verity"-Vermissten ist eingestellt
Am Mittwochmorgen gibt die Behörde bekannt, dass die Suche nach den vier vermissten Seeleuten der gesunkenen "Verity" in der Nacht zu Mittwoch eingestellt wurde. "Aufgrund der zahlreichen Einsatzmittel - Schiffe und Hubschrauber - in dem Gebiet war es möglich, das in Frage kommende Seegebiet auch in der Nacht ein weiteres Mal vollständig abzusuchen", heißt es. Nachdem die Suche aber keine Ergebnisse erbracht hatte, stellten die Einsatzkräfte die Suche ein.
Ein Besatzungsmitglieder "Verity" tot geborgen
Zwei Menschen waren bereits am Dienstag von den Einsatzkräften gerettet worden. Eine Person konnte nach Angaben des Havariekommandos nur noch tot geborgen werden. Insgesamt hatten sich zum Zeitpunkt der Kollision sieben Besatzungsmitglieder an Bord der "Verity" befunden.
Die Suche an der Wasseroberfläche werde am Mittwoch nicht erneut aufgenommen, teilt das Havariekommando mit. "Welche Maßnahmen rund um die Unfallstelle im Laufe des Tages ergriffen werden können, entscheidet das Havariekommando am Morgen."
Die Hoffnung, die vier Vermissten könnten noch am Leben sein, schwindet: Nachdem die Suche an der Wasseroberfläche eingestellt wurde, wird es auch unter Wasser vorerst keine weiteren Aktionen geben. Ein zweiter Tauchgang an der Unglücksstelle ist derzeit nicht geplant. Die Bedingungen würden dies derzeit nicht zulassen, sagte ein Sprecher des Havariekommandos in Cuxhaven am Mittwochmorgen.
Kein weiterer Tauchgang an der "Verity"
Nach Angaben des Havariekommandos ist es möglich, dass die Vermissten im Schiffskörper eingeschlossen sind. Eine erste Tauchoperation konnte keine Erkenntnisse über Lebenszeichen liefern.
Bei allen schweren Schiffsunfällen in deutschen Hoheitsgewässern und bei Vorliegen eines "erheblichen deutschen Untersuchungsinteresses" wird nach dem Unfall eine Untersuchung durch die Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) durchgeführt. Auch die "Polesie" wird untersucht.
Frachter liegt jetzt an der Seebäderbrücke in Cuxhaven
Die "Polesie" kam gegen 4 Uhr an der Seebäderbrücke an und machte gegen 4.15 Uhr fest. Das Frachtschiff hatte aus eigener Kraft Cuxhaven anlaufen können. Nach Angaben des Havariekommandos hatte die in Bremen gestartete und letztendlich gesunkene "Verity" Stahlbleche geladen, während die "Polesie" mit Weizen im Laderaum unterwegs war und in Hamburg losgefahren war.

"Das Wetter an der Unfallstelle hat sich im Verlauf des Abends [Dienstag] und der Nacht [zu Mittwoch] leicht verschlechtert", berichtet das Havariekommando. "Bei Regenschauern und sechs Windstärken liegen die Wellenhöhen zwischen zwei und drei Metern."
Video gibt Aufschluss über die Kollision in der Nordsee
Ein Video, das der Redaktion vorliegt, zeigt Radaraufnahmen vor dem Zusammenstoß der beiden Schiffe. Der Unfall ereignete sich an einer Stelle, an der sich zwei "Verkehrswege" kreuzen. Auf dem Wasser hat Steuerbord Vorrang vor Backbord. Rechts vor Links, wie es im Straßenverkehr heißt.
Der Frachter "Verity" hätte also demnach Rücksicht nehmen und seinen Kurs anpassen müssen. Aus bisher ungeklärten Gründen hat die "Verity", die mit acht Knoten (rund 15 km/h) unterwegs war, scheinbar nicht reagiert.
Auf dem Video ist zu sehen, wie die mit 10,8 Knoten (20 km/h) fahrende "Polesie" noch versuchte auszuweichen, jedoch die "Verity" seitlich rammte. Auch das 344 Meter lange Kreuzfahrtschiff "Iona", das kurz hinter dem Massengutfrachter "Polesie" fuhr, musste reagieren. Der Luxusliner änderte seinen Kurs abrupt. Es sieht auf der Radaraufnahme so aus, als ob es das Kommando "hart backbord" auf der Brücke der "Iona" gegeben hat.
