"Geimpft! Genesen!": Wer weder den Piks erhalten noch eine Corona-Infektion überstanden hat, wird zukünftig in seinen Möglichkeiten stark eingeschränkt. Denn seit Mittwoch gilt vielerorts die 2G-Regel im Kreis Cuxhaven. Foto: Robert Michael/dpa
"Geimpft! Genesen!": Wer weder den Piks erhalten noch eine Corona-Infektion überstanden hat, wird zukünftig in seinen Möglichkeiten stark eingeschränkt. Denn seit Mittwoch gilt vielerorts die 2G-Regel im Kreis Cuxhaven. Foto: Robert Michael/dpa
Test reicht nicht mehr

2G-Regel im Kreis Cuxhaven: Wie die Branchen auf die neue Verordnung reagieren

24.11.2021

KREIS CUXHAVEN. Der erste Tag 2G liegt hinter dem Kreis Cuxhaven: Wer nicht geimpft oder genesen ist, muss vielerorts draußen bleiben.

Es ist ein "Lockdown für Ungeimpfte": So beschreibt Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil die neue Corona-Schutzverordnung des Landes, die am Mittwoch in Kraft getreten ist. Die Warnstufe eins ist landesweit ausgerufen worden. Wer bislang keine Immunisierung gegen das Corona-Virus erhalten hat, sieht sich mit noch einmal deutlich verschärften Regeln konfrontiert. Doch nicht nur einzelne Personen sind von der veränderten Verordnung betroffen, sondern auch einige Branchen im Kreis Cuxhaven.

Die Daumenschrauben für ungeimpfte Personen wurden am Mittwoch erneut angezogen. Durch die neue Corona-Landesverordnung gilt an den meisten öffentlichen Orten die 2G-Regel im Kreis Cuxhaven, der sich aktuell in Warnstufe eins befindet.

Die Beschränkung auf geimpfte und genesene Personen wurde auf nahezu den gesamten Innenbereich ausgeweitet und gilt für alle Veranstaltungen, in Kultur-, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Discotheken, Gastronomie, Beherbergung und bei der Inanspruchnahme von körpernahen Dienstleistungen.

Mehr Aufwand für Beherbergungsbetriebe

"Für uns geht das alte Spiel mit dem Neueinstellen auf Verordnungen von vorne los", erklärt Kristian Kamp, Vorsitzender des Deutschen Hotel- und Gaststättenverbands (Dehoga) Cuxhaven. Nicht nur das - auch die zusätzliche Verantwortung und Arbeit durch Nachweiskontrollen, die die neue Verordnung verlange, habe einen negativen Beigeschmack. Aufgrund der dramatischen Entwicklungen deutschlandweit begrüße der Dehoga Cuxhaven die Verschärfung der Maßnahmen und die damit einhergehende 2G-Regelung trotzdem. Kamp sagt: "Eine bessere Lösung gibt es nicht." Die neue Verordnung sei eine gute Maßnahme, die hoffentlich zu einer Minderung der Gesamtproblematik führen werde. "Wir hätten uns das früher gewünscht", betont der Dehoga-Vorsitzende.

Vorzeitig abreisen muss trotz Inkrafttreten der 2G-Regel allerdings keiner, der nach 3G-Regel in den vergangenen Tagen eingecheckt hat. Alle Gäste hingegen, die ab Inkrafttreten der neuen Verordnung keinen 2G-Nachweis liefern können, müssen jedoch tatsächlich nach Hause fahren, wenn der entsprechende Nachweis fehle.

Sorge vor komplettem Lockdown

Laut Kamp hätte es nicht so weit kommen müssen. Der Dehoga-Vorsitzende stellt klar: "Wäre die Vernunft in der Bevölkerung flächendeckend gewesen, hätte eine Verschärfung vermieden werden können." Nun müssen die Konsequenzen getragen werden. Der Dehoga-Vorsitzende blickt auf dieser Grundlage besorgt in die Zukunft: "Es wäre eine Katastrophe, wenn doch noch ein Lockdown kommt und dadurch das Weihnachtsgeschäft wegbricht." Um das abzuwenden, sei jetzt Zusammenhalt und Vernunft in der gesamten Bevölkerung gefragt.

Diskothek Janssen reagiert

Die Lüdingworther Diskothek Janssen hat die für Samstag geplante "Landjugendparty" abgesagt. "Wir machen erst mal zu und warten ab, wie sich die Inzidenzen entwickeln", sagt Sprecher Jannik Heinsohn. Der Diskothek gehe es vor allem darum, die Menschen vor Infektionen zu schützen. Angesichts der vollen Lager sei die Kurzfristigkeit der Entscheidung trotzdem ärgerlich.

Strengere Regeln im Club

Für Clubs und Diskotheken gelten Regeln, die noch einmal über 2G hinausgehen. Die Auslastung muss auf die Hälfte der maximalen Kapazität begrenzt werden. Die Kontaktdaten der Besucher müssen auf jeden Fall digital erfasst werden. Zudem gilt Maskenpflicht. Deren Einhaltung sei aber nicht kontrollierbar, meint Janssen-Sprecher Heinsohn.

Die Kontrolle der Maskenpflicht ist für Silke Schoon Abal-Nunez kein Problem. "Die galt beim Tanzen bei uns bisher auch schon", sagt die Inhaberin der Cuxhavener Diskothek Flair. Bisher habe bei ihr die 3G-Regel gegolten. "Für mich ist es eher schwierig, den Gästen zu vermitteln, weshalb sie jetzt mit der 2G-Regelung trotzdem noch eine Maske tragen müssen", so Schoon Abal-Nunez. Sie werde dieses Wochenende noch geöffnet haben und sich die Situation anschauen, bevor sie entscheidet, wie es im Dezember weitergeht. Von vielen Gästen habe sie schon gehört, dass sie, sollte 2G Plus in der nächsten Warnstufe gelten, dann keine Extra-Tests für den Disko-Besuch machen würden. "Angesichts der steigenden Inzidenzen wird es aber schon langsam brenzlig, weiter geöffnet zu haben", sagt sie.

Drei Veranstaltungen abgesagt

Richtig verärgert ist hingegen Tim Sieb, der nebenberuflich in Hadeln Partys über seine Firma Strainer Events veranstaltet und regelmäßig in die Festhalle Neuhaus einlädt. Er hat seine drei bis Jahresende geplanten Veranstaltungen kurzerhand abgesagt. Der Diskotheken-Branche sei "richtig in den Allerwertesten getreten" worden. Die neuen Regeln noch vor dem Wochenende einzuführen, sei "ein Schlag ins Gesicht" der Branche, so der Veranstalter.

Auch Sieb meint, dass die Maskenpflicht beim Feiern nicht realisierbar und nicht zu kontrollieren sei. Er ist vor allem erbost darüber, dass zwischen den Ländern unterschiedliche Regeln gelten. Während die Corona-Lage in anderen Bundesländern deutlich dramatischer sei, seien die Maßnahmen dort für Tanzbetriebe trotzdem lockerer. Für den Party-Veranstalter sei unverständlich, dass die Bundesregierung nicht einheitliche Regeln vorgibt.

Alle aktuellen Infos rund um die Entwicklung und Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf die Region rund um Cuxhaven lesen Sie hier.

Weniger Betrieb im "Gym"

Auch ins Fitnessstudio darf seit Mittwoch nur noch, wer genesen oder geimpft ist. Daiva Stier, Geschäftsführerin des Cuxhavener "Outfit", spürt, dass merklich weniger los sei. Ob dies mit der 2G-Regel oder der steigenden Inzidenz zusammenhänge, könne sie noch nicht sagen. Sie hätten sich bewusst entschieden, sich neutral zu verhalten, die Verordnung abzuwarten und nicht vorher 2G einzuführen, wie von einigen gewünscht. "Ein paar Leute werden wohl jetzt wegbleiben", schätzt sie. Über Social Media habe sie angeboten, bei Unklarheiten individuelle Fragen zu beantworten. Die Nachfrage halte sich aber in Grenzen, so Daiva Stier.

Negative Auswirkungen sieht sie gegenwärtig für das Neukundengeschäft. "Die Leute sind eher in der Abwarteposition. Aber wir blicken mit Optimismus in die Zukunft. Und wir haben einen guten Kundenstamm, der etwas für seine Gesundheit tun will." Das "Outfit" selbst biete gemeinsam mit den Johannitern auch im Dezember weitere Impftermine an.

Beleidigungen gegen Friseure

Auch körpernahe Dienstleistungen darf nur noch wahrnehmen, wer genesen oder geimpft ist. Im Falle der Friseure trifft das auf etwa zwei Drittel aller Kunden zu - bleibt ein Drittel übrig, dem ein Friseurbesuch verwehrt bleibt. Ingo Toborg, Obermeister der Friseur-Innung Cuxhaven-Land Hadeln, macht sich deshalb große Sorgen und bekommt die Verärgerung seiner Kunden zu spüren: "Meine Mitarbeiter bekommen die volle Breitseite ab und werden sogar teilweise beschimpft. Dabei haben wir die Verordnung nicht gemacht und können nichts dafür."

Dass für körpernahe Dienstleistungen jetzt 2G gelte, sei ein riesengroßes Problem für die Branche: "Wir versuchen mit aller Macht, gemeinsam mit dem Landesverband, dass die Verordnung für uns noch in eine 3G-Regelung abgeändert wird." Doch ob sich die Bemühungen auszahlen, sei fraglich. Der Friseurmeister bleibt trotzdem positiv: "Für die anderen Kunden werden wir da sein, unser Hygienekonzept weiter aufrechterhalten und alles dafür tun, das Geschäft offen zu lassen", versichert der Friseurmeister.

Fußpflegerin sieht 2G gelassen

"Bei mir in der medizinischen Fußpflege ist 2G kein großes Problem. Meine Kunden sind alle geimpft", sagt Silvia Helck, Fußpflegerin aus Cuxhaven. Sie hält die Regelung für richtig: "Nur so kommen wir endlich aus der Pandemie raus."

In den sozialen Medien stößt die neue Verordnung bei den Bürgern der Region auf positiven Anklang. Eine Umfrage der Redaktion auf Instagram ergab, dass 87 Prozent der insgesamt 44 Abstimmenden die neuen Regeln befürworten, nur 14 Prozent sehen sie kritisch.

Die neue Corona-Schutzverordnung für Niedersachsen

Die Landesregierung Niedersachsens hat deutliche Verschärfungen der Corona-Regeln eingeführt. Vor allem für Ungeimpfte gibt es seit Mittwoch noch einmal deutliche Einschränkungen. In den meisten öffentlichen Bereichen gilt jetzt die 2G-Regel.

In der Warnstufe eins gilt 2G bei Veranstaltungen und Konzerten, Sport- und Freizeiteinrichtungen, Restaurants, Gaststätten, Hotels oder anderen Beherbergungen. Auch bei körpernahen Dienstleistungen, also etwa bei Frisören oder Kosmetikern, gilt 2G.

Ausgenommen sind Kinder und Jugendliche sowie Personen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen dürfen. Sie müssen jedoch einen negativen Test vorlegen.

Maskenpflicht in Innenräumen

In Innenräumen muss die Maske trotz 2G getragen werden, draußen punktuell auch, etwa auf Weihnachtsmärkten. Auch beim Tanzen muss Maske getragen werden. Unter 18-Jährige müssten ebenfalls künftig 2G in Diskotheken nachweisen.

Ab der Warnstufe zwei gilt in den gleichen Bereichen dann 2G Plus. Zutritt erhält also nur, wer genesen oder geimpft ist und einen tagesaktuellen negativen Corona-Test vorweisen kann. Welche Maßnahmen ab der Warnstufe drei gelten sollen, wie etwa Ausgangssperren oder Teil-Lockdowns, ist bisher nicht entschieden.

3G bei der Arbeit

Am Arbeitsplatz gilt ab sofort die 3G-Regel. Arbeitnehmer müssen ihren Arbeitgebern einen Nachweis über eine Impfung oder Genesung vorlegen. Wer dies nicht tut, muss sich täglich in einem Testzentrum testen lassen. Arbeitgeber müssten zwei Tests die Woche stellen, die anderen drei müssten selbst organisiert werden.

Die Maskenpflicht in der Schule im Unterricht wird ausgeweitet. Auch in den Jahrgängen eins und zwei gilt Maskenpflicht. Schülerinnen und Schüler müssen sich weiterhin drei Mal die Woche zu Hause testen. Sobald es einen Verdachtsfall oder einen Corona-Fall in einer Klasse gibt, müssen sich alle Kinder der Klasse beziehungsweise der Lerngruppe für fünf Tage täglich testen.

Von Lia Stoike, Laura Bohlmann-Drammeh, Denice May, Wiebke Kramp und Joscha Kuczorra

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