Cuxhavener Fischer wegen Brexit in Existenznot: Es fehlen 7000 Tonnen Kabeljau
CUXHAVEN. Die deutsche Hochsee- und Küstenfischerei steuert auf eine durch den Brexit ausgelöste schwierige Situation zu, die am Ende zu massiven Problemen für den Standort Cuxhaven und die hiesigen fischverarbeitenden Betriebe führen könnte.
Wie berichtet droht sogar der Abbau von Arbeitsplätzen und der Verkauf von Trawlern. Dabei geht es in erster Linie um die Deutsche Fischfang Union (DFFU) und die Kutterfischzentrale.
Schadensausgleich gefordert
Nachdem Horst Huthsfeldt, ehemaliger Kutterfisch-Geschäftsführer und CDU-Ratsmitglied, den Mitgliedern des Ausschusses für Wirtschaft, Häfen und Tourismus am Mittwoch die komplexe Gemengelage erklärt und historisch eingeordnet sowie auf die Gefahren für den Standort hingewiesen hatte, forderte der Ausschuss die städtischen Wirtschaftsförderer auf, bei der EU-Kommission in Brüssel im Namen der Stadt dafür zu werben, dass nicht nur die direkt vom Brexit betroffenen Fischereibetriebe, sondern auch die nur mittelbar betroffenen, wie DFFU und Kutterfisch-Zentrale, in den Schadensausgleich der EU mit aufgenommen werden.
Norweger bereiten Probleme
SPD-Fraktionsvorsitzender Gunnar Wegener unterstützte die Position und wies nachdrücklich darauf hin, welche Bedeutung die Fischerei nach wie vor für Cuxhaven habe und welche Probleme insbesondere der DFFU dadurch entstünden, dass die Norweger die EU-Flotte und damit die deutschen Schiffe von den "eigenen" Fanggründen für Kabeljau unter Spitzbergen ausschließen, weil sie in Verhandlungen mit den Briten kein Abkommen erzielen konnten und sich nun bei ihren eigenen Beständen an Kabeljau und Makrele schadlos halten. Zum Nachteil der anderen Fischereinationen. Denn an der Gesamtfangmenge werde nicht gerüttelt. Die ist von der Wissenschaft ermittelt und unter dem Stichwort relative Stabilität festgeschrieben worden.
Verlust von 10 Millionen Euro
Das Fangverbot in norwegischen Gewässern koste die DFFU rund 10 Millionen Euro, weil rund 7000 Tonnen Kabeljau dort in diesem Jahr nicht mehr gefangen werden dürfen, erklärte Wegener. Das könne in der Folge zu Personalabbau und möglicherweise zum Verkauf eines der beiden Schiffe führen, die erst vor wenigen Jahren für je 40 Millionen Euro in Norwegen (ohne Förderung) gebaut worden sind.
Huthsfeldt hatte zuvor in einem durchaus emotionalen Plädoyer (seit 51 Jahren im Fischgeschäft) dafür geworben, nicht tatenlos zuzusehen, wie der letzte Rest der deutschen Flotte (nur zwei Prozent der EU-Kapazität), den Bach runtergehe. Spätestens in fünf Jahren dürfte sich die Situation ohnehin noch einmal zuspitzen, wenn die Übergangsfrist abläuft und die Briten die volle Souveränität über ihre Fischbestände erhalten.
DFFU großer Steuerzahler
Bis dahin reduzieren sich die Fangquoten für EU-Schiffe um 25 Prozent. Das habe auch Auswirkungen auf die Verarbeiter zum Beispiel von Hering in Mukran. Dazu kommen nach Aussage Huthsfeldts Restriktionen bei den Fangmethoden für die Kutterfischerei in britischen Gewässern. Insgesamt eine besorgniserregende Gesamtlage, die für den Standort Cuxhaven nach Einschätzung von Gunnar Wegener noch einschneidend werden könnte, zumal die DFFU einer der größten Gewerbesteuerzahler in der Stadt sei.
Politik soll Fischern den Rücken stärken
Huthsfeldt kritisierte auch steigende Kosten für Strom und Abwasser auf der einen Seite und den Ausbau von Offshore-Wind und Wasserstoff-Gewinnung auf der anderen Seite - insgesamt eine Entwicklung, die ebenfalls zulasten der Fischerei gehe. Außerdem könne der erhöhte Druck auf die verbliebenen Quoten dazu führen, dass in einzelnen Bereichen das MSC-Zertifikat aberkannt wird. Daher sollte die Politik in Cuxhaven und der Region den Fischern den Rücken stärken und für einen Ausgleich der Brexitfolgen durch die EU kämpfen.