
Cuxhavener Gericht erlässt Haftbefehl gegen einen "Sonntagsspaziergänger"
CUXHAVEN. Am Dienstag hätte sich ein Cuxhavener vor Gericht unter anderem wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte während eines "Sonntagsspaziergangs" verantworten müssen. Doch an Stelle einer Verhandlung gab es einen Haftbefehl.
Am 25. April bewegen sich die "Sonntagsspaziergänger" mit lauter Musik und Plakaten vom Kaemmererplatz Richtung Amtsgericht. Das Problem dabei: Es war nur eine stationäre Versammlung genehmigt. Entgegen polizeilicher Weisungen hatten sich die Teilnehmer des nicht angemeldeten Umzugs geschlossen weiter die Deichstraße hinauf bewegt. Was anschließend geschah, sollte Teil eines Strafverfahrens am Dienstag sein.
Spaziergänger umstellt
Kräfte der Bereitschaftspolizei, die den Tross stoppten, sollen bei dem Spaziergang von zwei Demonstranten angegriffen worden sein. Über Lautsprecher hatten die Einsatzkräfte die "Sonntagspaziergänger" wiederholt nach einem Versammlungsleiter gefragt. Nachdem sich kein Teilnehmer bereit zeigte, mit der Polizei zu reden, diktierte die Einsatzleitung die Spielregeln - ein Vorgang, der im Versammlungsrecht als "beschränkende Verfügung" bekannt ist.
Polizei angegriffen
Als die Beamten die Personalien von den "Spaziergängern aufnehmen wollen, eskaliert am 25. April die Situation. Besonders der Frau des Angeklagten schien die Kontrolle nicht zu gefallen. Lautstark soll die Demonstrantin die Polizei beschimpft haben und sich den Polizisten immer wieder ohne Maske genähert haben.
Nach mehrfacher Aufforderung, den Abstand einzuhalten, schubste einer der Beamten die Frau von sich weg. Das war das Zeichen für den Ehemann, der daraufhin den Polizisten attackierte. Bei dem Angriff wurden zwei Polizisten verletzt.
Kein Testzertifikat
Dem Angeklagten, der als Veranstalter der Demo "Cuxhaven geht spazieren" auftritt, werden Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte und tätlicher Angriff auf Vollstreckungsbeamte vorgeworfen. Doch bis zum Richter gelangte der Angeklagte nicht. Der Mann erschien um 10.25 Uhr vor dem Eingang des Amtsgerichts Cuxhaven. Ein Testzertifikat hatte der ungeimpfte "Spaziergänger" nicht dabei.
Kein Zutritt
In einem Gespräch mit dem Richter soll der Angeklagte gesagt haben, dass er keinen Eingriff an seinem Körper durchführen lasse. Das Angebot des Mannes, einen sogenannten Spucktest selbst durchzuführen lehnte hingegen der Richter ab. Grund dafür: Für das Betreten des Gebäudes ist ein Testzertifikat von einer offiziellen Teststelle notwendig.
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Auch das Angebot, die Verhandlung um 90 Minuten zu verschieben, um einen Test zu ermöglichen, lehnte der Angeklagte ab. Eine polizeiliche Vorführung war zu diesem Zeitpunkt keine Option, da niemand zu einem Test gezwungen werden kann.
Folgenschweres Urteil
Neben den Vorwürfen gegen die Vollstreckungsbeamten sollte es am Dienstag vor Gericht auch um einen Bußgeldbescheid des Landkreises gehen, gegen den der Angeklagte Einspruch erhoben hatte. Weil der Angeklagte jedoch dem Verhandlungstermin fern blieb, muss er diesen zahlen. Außerdem muss er die Kosten des Verfahrens tragen.
Haftbefehl
Um sicher zu gehen, dass der Angeklagte beim nächsten Verhandlungstermin erscheint, hat der Richter einen Haftbefehl für eine Untersuchungshaft erlassen, um einen ordnungsgemäßen strafprozessualen Ablauf zu ermöglichen. Das Gericht wird über die Festnahme informiert und der Angeklagte dann - nach einem Test in der JVA - dem Amtsgericht Cuxhaven in einem zweiten Anlauf vorgeführt.