
Mitgliederschwund in Sportvereinen des Kreises Cuxhaven durch Pandemie?
KREIS CUXHAVEN. Seit Monaten ruht der Sportbetrieb in zahlreichen Vereinen im Kreis Cuxhaven. Nur wenige Sportarten sind erlaubt. Welche Auswirkungen hat die aktuelle Situation auf die Vereine?
Während überregional darüber berichtet wurde, dass den Sportvereinen während der anhaltenden Corona-Pandemie die Mitglieder weglaufen, sieht es offenbar hier in der Region anders aus. Der Kreissportbund (KSB) Cuxhaven hat selbst noch keinen Mitgliederschwund durch die Coronapandemie erlitten, wie KSB-Geschäftsführer Maik Schwanemann gegenüber unserem Medienhaus kürzlich erklärte. Aber Schwanemann hörte von Problemen unter den 247 Vereinen im Kreis Cuxhaven.
Der größte Verein im gesamten Landkreis Cuxhaven hat im vergangenen Jahr ein Mitglieder-Minus von sechs bis sieben Prozent. Das bestätigte uns Pascal Grüne, Geschäftsführer des TSV Otterndorf. Der Verein aus der Medemstadt hat nach Jahrzehnten erstmalig die 2000er-Marke unterschritten. Circa 1970 Mitglieder in 17 Sparten hatte der TSV zum Jahreswechsel. Grüne betont allerdings, dass es weniger die Austritte sind, die die Bilanz verhageln. "Wir haben hier eine normale Fluktuation, aber es fehlen uns massiv die Neueintritte." Die eingeführten Online-Angebote seien zwar angenommen worden, aber sie hätten nun auch nicht zu neuen Mitgliedern geführt.
Großes Loch durch ausgefallene Events
Der TSV-Geschäftsführer stellte übrigens fest, dass nach dem ersten Lockdown kaum jemand den Verein verlassen hat, das habe sich nach dem neuerlichen Lockdown ab Anfang November geändert. Der Otterndorfer Verein hat aber noch ein Problem, weil viele große Veranstaltungen wie Ruderregatta, Triathlon, Schwimm-Meeting und Küstenmarathon nicht stattfinden durften. "Dadurch fehlt uns ein Jahresumsatz von gut 100.000 Euro", so Grüne.
Der ATS Cuxhaven ist der mitgliederstärkste Verein in der Stadt Cuxhaven. Wie Manfred Abbes, Vorsitzender des ATSC, erklärt, sei der Verein bisher durch die Pandemie sehr gut durchgekommen. Der 1661 Mitglieder und elf Abteilungen zählende ATSC habe keine Austritte registriert, die sich auf die Corona-Einschränkungen zurückführen lassen. "Wir hatten uns überlegt, was wir unseren Mitgliedern Gutes tun können. Beiträge erstatten dürfen wir nicht, Gutscheine ausgeben auch nicht", macht der Vorsitzende das Problem deutlich, dass der Verein seine Gemeinnützigkeit verlieren könne. So kam es dann, dass der ATSC zum 1. Januar 2021 seine Beiträge auf unbestimmte Zeit gesenkt hat, das heißt je nach Altersklasse etwa zwischen 1,50 Euro und 2 Euro monatlich. Auch Anschaffungen standen beim Verein an. Kürzlich habe der Verein seine Geschäftsstellen-Mitarbeiterin "leider in Kurzarbeit geschickt hat", wie Abbes ausführte.
Neues Angebot über das Internet
Seit 41 Jahren ist Wilfried Tiedemann Vorsitzender des TuS Eiche Stinstedt. Der Ort hat etwa 310 Einwohner, der Sportverein zählt aktuell 325 Mitglieder - und diese Zahl hat er erst im vergangenen Jahr auf dieses Niveau gesteigert. Wie Tiedemann erläutert, habe der TuS Eiche sein Angebot von bisher Fußball, Volleyball, Leichtathletik, Mutter-Kind-Turnen und Kinder-Turnen um Ballett erweitert. Übungsleiterin Jule Tiedemann begann damit im Januar 2020. Kurze Zeit später ist sie coronabedingt ausgebremst worden. Doch mittlerweile gibt es Ballett als Onlineangebot.
Wilfried Tiedemann freut sich über die Treue seiner Mitglieder. "Auf dem Dorf ist das eben auch so, da bleibt man im Verein", macht der Vorsitzende deutlich. Jetzt hofft Tiedemann darauf, dass auch bald wieder der Sport anläuft. Dafür müsste aber auch die Samtgemeinde die Sportplätze wieder freigeben.
Kaum Austritte beim Minigolf
Bei Vereinen, die lediglich eine Sportart anbieten, ist die Treue traditionell auch hoch. So ist es auch beim Minigolf-Club "Möve" Cuxhaven-Sahlenburg. Vorsitzender Christian Somnitz registrierte weniger als eine Handvoll Austritte und davon sei nicht einer auf die Corona-Pandemie zurückzuführen. "Unser Mitgliederstamm ist treu", so der Chef von insgesamt 72 Minigolfern. Die Mitglieder seien sehr verständnisvoll, obwohl die vergangenen Monate sehr ruhig waren. Nun gibt es aber ein wenig Hoffnung, dass schon bald die vereinseigene Anlage in Brockeswalde geöffnet werden darf, auch wenn es jetzt noch aktuell Unterschiede zwischen Landesverordnung und Bundesgesetz gibt. Seit dem vergangenen Wochenende sind die Mitglieder auf jeden Fall dabei, unter anderem ihre 36 Bahnen zu reinigen, damit der Verein bei einem Restart gleich in den Startlöchern steht.
In den Reitvereinen scheint die Lage auch noch relativ entspannt zu sein bezüglich der Mitgliederentwicklung. Wie Peter Bösch, Vorsitzender des Reitvereins Bülkau und Umgebung, erklärte, habe es in seinem knapp 300 Mitglieder zählenden Verein keinen Austritt wegen der Corona-Pandemie gegeben. "Wir sind aber auch in der glücklichen Lage, dass wir als Individualsportler wenigstens etwas tun können", so Bösch, der allerdings die Turniere vermisst - zum einen aus Sicht der Sportler, zum anderen aber auch als Ausrichter. Die Bülkauer waren im vergangenen Jahr noch die einzigen Veranstalter, die unter Corona-Bedingungen im August ein Turnier ausrichteten. Dementsprechend halten sich die Umsatzeinbußen in Bülkau noch in Grenzen, woanders könnte es dramatischer sein: "Wir sind auch nicht in finanziellen Nöten, aber wir legen viel Wert auf gute Wettkampfstätten - und gute Böden kosten viel Geld."
Der Turniertermin Ende Mai ist wegen der Verordnung des Landkreises Cuxhaven abgesagt, jetzt ruhen die Hoffnungen darauf, im August wieder am Start zu sein.
Finanzielle Hilfen für Vereine möglich
Weil die Sportvereine ihr eigentliches Angebot zurzeit den Mitgliedern nicht vorhalten dürfen, gibt es einige Sportler, die ihre Mitgliedschaft kündigen.
Zwar habe der Kreissportbund (KSB) Cuxhaven noch keine Austrittswelle von Mitgliedern registriert, so Geschäftsführer Maik Schwanemann, doch er höre schon von einigen Vereinen, die mit einer negativen Entwicklung zu kämpfen haben.
Dabei gibt es seit dem vergangenen Jahr ein Corona-Sonderprogramm. Das Land hat dem Landessportbund Niedersachsen 7 Millionen zur Verfügung gestellt. Das Interesse an diesem Fördertopf hielt sich erstaunlicherweise in Grenzen. Wie Schwanemann erklärt, sei das "Programm bei weitem nicht ausgeschöpft" worden, obwohl LSB und KSB über ihre Kanäle die Vereine über die Attraktivität des Fördertopfes informierten. Mehr als die Hälfte der Summe wurde nicht abgerufen. So steht dieses Geld nun aber noch für 2021 zur Verfügung. "Die Vereine müssen sich allerdings sputen, es geht nach dem Windhund-Prinzip", so Schwanemann.
Das Programm könne manchem Verein durch eine Krise helfen, denn es kann eine bis zu 70-prozentige Förderung geben für Mindereinnahmen oder entgangene Gewinne, das heißt also bei ausfallenden Mitgliedsbeiträgen oder auch Erlösen aus Veranstaltungen, wie beispielsweise Schützenfeste oder Sportturniere. Informationen dazu gibt es auf der Homepage des Landessportbundes.
Vor einer pragmatischen Lösung, die einige Vereine ursprünglich vorhatten, nämlich einfach den Mitgliedsbeitrag zu Corona-Zeiten zu reduzieren, warnt KSB-Geschäftsführer Schwanemann. "Das dürfen Vereine nicht, sonst droht der Verlust der Gemeinnützigkeit. Beiträge sind allgemeine Finanzierungsmittel", so der Experte.