Nach Kritik von Landwirt aus Hadeln: "Landvergnügen" bezieht Stellung
KREIS CUXHAVEN. Als Reaktion auf unsere Berichterstattung über den Ärger eines Hadler Landwirts mit Wohnmobilisten reagiert der Berliner Stellplatzführer "Landvergnügen" mit einer Stellungnahme.
"Landvergnügen" bietet seit neun Jahren Reisenden die Möglichkeit, mit dem Wohnmobil auf landwirtschaftlichen Betrieben zu übernachten - und damit die Herkunft ihrer Lebensmittel kennenzulernen. Ein Landwirt aus Land Hadeln hatte kürzlich Kritik geäußert.
Melanie Eekhoff ist hauswirtschaftliche Betriebsleiterin auf dem Eichenhof Grauel in Schleswig-Holstein. Vor zwei Jahren hat sie den Familienbetrieb bei "Landvergnügen" angemeldet, einem Stellplatzführer für Wohnmobile und Caravan-Gespanne. Seitdem steht zumindest an den Wochenenden mindestens ein Gast auf dem Parkplatz gegenüber dem kleinen Hofladen an der Schafweide oder zwischen den Kuhställen. Für die oft aus Großstädten kommenden Camper ist das Landleben pur.
Einblick und Verständnis
Auf Wunsch führt Melanie Eekhoff die Reisenden über den Hof und erklärt ihnen, wie Landwirtschaft heute funktioniert. Das hat weniger mit "Ferien auf dem Bauernhof" zu tun, vielmehr geht es um einen authentischen Einblick und um gegenseitiges Verständnis. "Immer mehr Menschen möchten wissen, wo ihre Lebensmittel herkommen", sagt Melanie Eekhoff. "Hier können sie es erleben."
Für Melanie Eekhoff und die anderen mehr als 1300 Betriebe in Deutschland ist die Teilnahme bei Landvergnügen kostenfrei. Jedes Jahr werden sie angeschrieben und können sich erneut entscheiden, ob sie weiter mitmachen möchten. Neben klassischen Bauernhöfen sind auch Gärtnereien, Brauereien, Weingüter, Alpaka- oder Archehöfe für bedrohte Nutztierrassen dabei. Mit einer beigelegten Vignette und einer Mitgliedskarte weisen sich die Reisenden gegenüber den Gastgebern aus. Durch ihren Einkauf im Hofladen fördern sie die Direktvermarktung der ländlichen Erzeuger. Einen Kaufzwang gibt es nicht. So steht es jedem Camper frei, in welchem Umfang er das Angebot des Hofes nutzen möchte.
Haupterwerb oder Zuverdienst
Während einige Gastgeber wie der Whiskey-Brenner Walter Zeitz vom Rhöner Sturmiushof einen Großteil seines Umsatzes mit den Landvergnügen-Gästen machen, ist es für andere ein netter Zuverdienst. Wieder anderen gefällt es, über das Konzept neue Menschen kennenzulernen - gerade wenn sie selbst aufgrund der Verpflichtungen auf dem Hof nicht viel reisen können.
Rund 25.000 Übernachtungen kommen über Landvergnügen bundesweit pro Jahr zustande. Wie überall, wo Menschen aufeinandertreffen, kann es zu Missverständnissen und Enttäuschungen kommen. Reisende, die nichts oder zu wenig einkaufen, ihren Müll zurücklassen oder fordernd auftreten, können für Frust bei Gastgebern sorgen, wie in dieser Zeitung berichtet.
"Landvergnügen" hat daher zehn "Goldene Regeln" aufgestellt, die im Buch, der dazugehörigen App und auch als Schild für den Stellplatz verfügbar sind. "Unser Team ist für die Gastgebenden immer erreichbar, wenn sie Fragen oder Probleme haben", sagt "Landvergnügen"-Gründer Ole Schnack. "Über unsere App können wir auch während der Geltungsdauer des Buches Angaben aktualisieren, zum Beispiel bestimmte Ruhezeiten nachtragen, in denen kein Besuch erwünscht ist." 90 Prozent der Höfe bleiben jedes Jahr dem Konzept treu. Einige sind seit der Gründung im Jahr 2014 dabei. Interessierte Höfe können jederzeit mitmachen und sich online anmelden über den Link https://landvergnuegen.com/pages/gastgeber-werden.
Botschafter-Netzwerk
Über einen monatlichen Newsletter und die sozialen Medien kommuniziert Landvergnügen das ganze Jahr mit den Reisenden und kann auf diesem Weg für Probleme sensibilisieren. Auch um Veranstaltungen oder besondere Aktionen anzukündigen, können die Höfe diese Kanäle nutzen. Die Gastgebenden profitieren zudem von einem Botschafter-Netzwerk. Bei den Botschaftern handelt es sich um Wohnmobil-Reisende, die viel mit dem Stellplatzkonzept unterwegs sind und bei ihren Besuchen ein offenes Ohr haben für die Anliegen der Gastgeber. Sie können auch Tipps geben, zum Beispiel zur Vermarktung.
Kommunen, besonders in touristischen Gegenden an Nord- und Ostsee, klagen häufig über Wohnmobiltouristen, die "wild" campen. "Landvergnügen ist eine Möglichkeit, in einem kontrollierten Rahmen einen freiheitsliebenden Individualtourismus zuzulassen", unterstreicht Ole Schnack.
Vorbild aus Frankreich
Als Vorbild für das Konzept von Landvergnügen dient der französische Stellplatzführer "France Passion". Seit mehr als 30 Jahren empfangen in Frankreich Weingüter und Landwirte Wohnmobilreisende. Auch Spanien, Großbritannien, Norwegen oder Schweden lassen sich auf diese Weise bereisen - dank der kulinarischen Erlebnisse und spannenden Begegnungen für viele eine unvergessliche Erfahrung.