
Personalmangel in der Pflege: So ist die Lage im Kreis Cuxhaven
KREIS CUXHAVEN. Coronabedingt hat sich der Personalmangel in der Pflege verschärft. Deshalb können in Niedersachsen über 200 Intensivbetten derzeit nicht betrieben werden. So ist die Lage im Landkreis Cuxhaven.
"Die Zahl der Intensivpflegekräfte ist bei uns stabil", betont Bernd Hartig, Pflegedirektor der Helios Klinik Cuxhaven. Kurzfristige Personalausfälle werden bei Bedarf durch hausübergreifende Kooperationen oder Personalagenturen kompensiert. Auch befinde sich die Fluktuationsrate auf einem normalen Level.
Pflegekräfte sind einzige Bezugsperson auf Corona-Stationen
Dennoch sei die Corona-Pandemie eine Herausforderung: "Die körperliche Belastung für die Pflegekräfte auf der Corona-Station ist nach wie vor hoch." Zum einen, weil die Versorgung von Corona-Patienten aufwendig sei, zum anderen, da die Erkrankten in Isolation betreut werden. Pflegekräfte seien dann die einzigen Ansprechpartner und Bezugspersonen vor Ort, während sich die Patienten nach persönlichem Kontakt zu ihren Angehörigen sehnen und ihr vertrautes heimatliches Umfeld vermissen. "Da kullern oft auch ein paar Tränen bei den Patienten, die regelmäßig aufmunternde und aufbauende Worte unseres Personals brauchen", schildert Hartig.
Ungewissheit und fehlende Zukunftsperspektive macht Personal zu schaffen
Auch im Krankenhaus Land Hadeln habe die Pandemie Spuren beim Personal hinterlassen, schildert Andreas Knust, Krankenhausdirektor. "Was immer wieder in Gesprächen mit dem Pflegepersonal aufkommt, ist die Frage danach, wie sich die Pandemie weiterentwickelt", schildert er. Die Ungewissheit und fehlende Zukunftsperspektive nach der langen Pandemiezeit mache ihnen zu schaffen. Knust betont: "Viele wünschen sich von der Politik ein klares Bekenntnis zur Pflege und eine andere Wertschätzung als Applaus."
Alle aktuellen Infos rund um die Entwicklung und Auswirkungen der Coronavirus-Krise auf die Region rund um Cuxhaven lesen Sie hier.
Keine Personalflucht im Krankenhaus Land Hadeln
Seit Beginn der Corona-Pandemie stehe in Gesprächen mit den Mitarbeitern häufig die Frage im Raum: "Wie lange kann ich das noch?" Obwohl zu beobachten sei, dass es schwerer werde Fachkräfte in allen Bereichen zu bekommen, gebe es derzeit keinen Personalnot im Krankenhaus Hadeln. Andreas Knust sagt: "Eine Personalflucht oder extrem spürbare Auswirkungen können wir nicht verzeichnen."
Pflegebedürftige müssen abgewiesen werden
Anders sieht es bei der Diakonie Sozialstation Cuxhaven aus. "Es möchte keiner mehr in die Pflege. Wir könnten einstellen, aber wir kriegen keine Fachkräfte mehr und wir haben Kranke ohne Ende", erklärt Sabrina Dreyer, Pflegedienstleitung. Pflegebedürftige müssen abgewiesen werden, da es niemanden gebe, der sie versorgen könnte.
Psychischer Druck groß
"Corona ist das i-Tüpfelchen", betont Dreyer. Die Mitarbeiter haben neben der körperlichen Belastung mit Ängsten zu kämpfen, sich selbst oder einen Schutzbefohlenen anzustecken. "Es gibt Pflegekräfte, die können diesem psychischen Druck nicht mehr Stand halten."
Falscher Ansatzpunkt seitens der Politik
Daniela Beckmann, Geschäftsführung von Pflege von Herzen in Hemmoor, ergänzt: "Ich glaube, dass das über die Jahre von der Politik falsch angegangen wurde." Bei manchen Pflegekräften sei der Corona-Bonus als Schweigegeld hinsichtlich der Missstände aufgefasst worden. Zwar ändere sich in diesem Jahr, dass die Grundbezahlung aufgestockt und staatlich kontrolliert werde, so Beckmann. "Ob das einen Anreiz darstellt, ehemalige Mitarbeiter wieder für die Pflege zu gewinnen, kann ich mir schwer vorstellen", sagt sie abschließend.