
Springt Stadt Otterndorf als Café-Retter ein?
OTTERNDORF. Fast jeder Otterndorfer hat hier wohl schon ein Eis geschleckt, einen Kaffee getrunken oder ein Stück Torte schnabuliert.
Auch außerhalb der Otterndorfer Stadtgrenzen ist das Café Brüning eine Institution und ein beliebtes Ausflugsziel. "Wir treffen uns bei Brüning zum Eis-Essen" - so haben sich in den vergangenen Jahren viele Ausflügler verabredet. Damit könnte nun bald Schluss sein. Inhaber Olaf Brüning will den Betrieb zum Jahresende aufgeben. Einen Käufer hat er noch nicht gefunden. Springt die Stadt als Café-Retter ein?
Schon vor einem Jahr ist bei Olaf Brüning der Entschluss gereift, Café und Konditorei aus Altersgründen in andere Hände zu geben. Mithilfe des Immobilienmaklers Engel & Völkers wurde "die letzte Traditionskonditorei zwischen Hamburg und Bremen" im Internet angeboten: 2,5 Millionen Euro sollte der Gebäudekomplex, ein Filetstück mitten in der Otterndorfer Altstadt, kosten. Diese Summe war wohl doch etwas hoch - trotz intensiver Suche fand sich kein Käufer.
Nach Informationen unserer Zeitung hat sich nun die Stadt eingeschaltet und bemüht sich um eine Weiterführung des Café-Betriebs. Hinter den Kulissen laufen Gespräche; es soll auch eine (nicht-öffentliche) Sitzungsvorlage zu diesem Thema geben. In den öffentlich tagenden Gremien war das Café noch kein Thema. Welchen konkreten Lösungsweg die Stadt einschlägt, war von Verwaltungsseite nicht zu erfahren. Springt die Stadt als Pächter des Cafés ein? "Ich werde das weder bestätigen noch dementieren", sagt Stadtdirektor Harald Zahrte auf Nachfrage unserer Zeitung und verweist auf das nicht-öffentliche Verfahren.
In einer schriftlichen Stellungnahme teilt Zahrte lediglich mit, dass die Stadt gemeinsam mit der Familie intensiv nach Lösungen suche, "um eine Betriebsfortführung zu ermöglichen und um eine Schließung zu verhindern." Ziel sei es, einen städtebaulichen Missstand, wie er etwa an der Schleuse durch den jahrelangen Leerstand der ehemaligen Gaststätte "Zur Schleuse" entstanden sei, zu vermeiden. Weiter heißt es in der Stellungnahme: "Angesichts der exponierten Lage des Cafés auf dem Kirchplatz würden bei einem Leerstand oder anderweitigen Nutzungen des Cafés die mit der Neugestaltung der Ortsdurchfahrt und des Kirchplatzes verbundenen Anstrengungen zur Belebung der Innenstadt einen schweren Rückschlag erleiden." Die Öffentlichkeit werde über die Ergebnisse der Gespräche informiert, "sobald ein Abschluss erreicht ist."
Die SPD-Fraktion im Otterndorfer Stadtrat hat die Initiative, die von der Verwaltung ausgegangen sei, kritisiert. "Wir finden es nicht richtig", sagte der SPD-Fraktionsvorsitzende Malte Hinck im Gespräch mit unserer Zeitung. Die SPD sei vor zwei, drei Wochen über die Bemühungen der Verwaltung informiert worden. Es könne nicht Aufgabe einer Stadt sein, ein Café zu betreiben: "Was machen wir, wenn andere Bäckereien um Unterstützung bitten?"
Auch Steffen Matzner, Vorsitzender der CDU-Fraktion, sieht es "nicht als originäre Aufgabe einer Stadt an, ein Café zu betreiben." Zu "eventuellen Inhalten nicht öffentlicher Sitzungen" wolle er sich ansonsten nicht äußern.
Carsten Nickel von der Otterndorfer FDP bedauert, dass Familie Brüning ihren Cafébetrieb schließen will. "Ich wünsche mir, dass sich ein Nachfolger - ein Käufer oder Pächter - zum 1. Januar oder zumindest zum Frühjahr findet, der das Lebenswerk der Familie weiterführt", so Nickel. Für die Innenstadt und den Einzelhandel sei es wichtig, ein Café als "Frequenzbringer" am Kirchplatz zu behalten. "Einen Leerstand oder eine nichtgastronomische Nutzung an dieser exponierten Lage kann nicht im Sinne von Otterndorf sein", erklärt der FDP-Politiker. Aber auch er ist der Meinung, dass die Stadt als Betreiber eines solchen Cafés nicht infrage kommt.
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