Bunt, laut, entschlossen: Cuxhaven steht mit Protest für Demokratie auf (mit Fotos)
In Cuxhaven wird der Rathausplatz zum Schauplatz einer farbenfrohen, friedlichen Demonstration für Vielfalt und Menschenwürde. Es war die Reaktion auf eine GfD-Demo in der Stadt. Der Protest am Rathaus im Rückblick. (mit vielen Fotos)
Während auf dem Kaemmererplatz die Initiative "Gemeinsam für Deutschland" (GfD) zum Protest aufgerufen hat, klingt auf schon von Weitem Musik über den Platz vor dem Rathaus. Stimmengewirr, das Rascheln von Fahnen im Wind, Kinderlachen, Seifenblasen - der Rathausplatz in Cuxhaven war am Sonnabend nicht nur Versammlungsort, sondern Symbol: für Freiheit, Vielfalt und demokratische Stärke. Während die Sonne den Platz in warmes Frühlingslicht tauchte, füllten sich gegen 13 Uhr die Straßen rund um das Rathaus.

Aus allen Richtungen strömen die Menschen zusammen: mit Fahnen, Transparenten und Plakaten, auf denen Botschaften wie "Wir sind Freiheit", "Wir sind Vielfalt", "Ohne Vielfalt bleiben uns nur Schlager und Rosenkohl" prangen. Rund 1500 Schilder werden verteilt, an einem Stand gleich neben der Bushaltestelle basteln einige noch eigene Botschaften. Die Atmosphäre gleicht einem bunten Sommerfest - doch der Anlass ist ernst.

Kraftvolles Zeichen für Demokratie und Menschenrechte
Rund 1250 Menschen zählt die Polizei auf dem Rathausplatz, die Veranstalter des "Bündnis für Respekt und Menschenwürde" und Organisator Gunnar Wegener sprechen sogar von bis zu 2000 Teilnehmern. Unterstützt von prominenten Rednern, Musikern und vielen Gästen aus der Stadt und Region, setzen sie ein kraftvolles Zeichen für Demokratie und Menschenrechte - friedlich, kreativ und entschlossen.

Cuxhavens Erster Stadtrat Marcus Itjen, der an diesem Sonnabend den verhinderten Oberbürgermeister Uwe Santjer vertritt, eröffnet die Kundgebung mit Gunnar Wegener. Letzterer findet klare Worte: "Hier versammelt sich die demokratische Mitte, diejenigen, die unsere Demokratie verteidigen. Wenn es nötig ist, werden wir jeden Monat in irgendeiner Stadt in Niedersachsen den Demokratieverächtern entgegentreten."

Stefan Wenzel: "Faire Wahlen dürfen nicht käuflich sein"
Die folgenden Rednerinnen und Redner lassen keinen Zweifel daran, worum es geht: Stefan Wenzel, ehemaliger Bundestagsabgeordneter der Grünen, mahnt: "Eine lebendige Zivilgesellschaft ist das Herz einer Demokratie. Rechtsextremismus gefährdet genau diese Errungenschaften." Besonders aufmerksam macht er auf dubiose Geldströme, die extreme Parteien finanzieren: "Faire Wahlen dürfen nicht käuflich sein."

Eva Viehoff, Landtagsabgeordnete der Grünen und neu ernannte "Oma gegen Rechts", stellt klar: "Es gibt keine einfachen Lösungen. Wer behauptet, es gäbe sie, will uns täuschen." Sie ruft dazu auf, den Geist des Tages in den Alltag mitzunehmen: "Demokratie lebt von Diskussion und Zusammenhalt - nicht von Spaltung."
15-jährige Schülerin Emma Heilemann erobert die Kundgebung
Eine, die viele Herzen erobert, ist die 15-jährige Schülerin Emma Heilemann. Mit erstaunlicher Klarheit und Leidenschaft appelliert sie: "Schweigen bedeutet Zustimmung. Wenn wir nichts sagen, gewinnen die Falschen." Ihr leidenschaftlicher Aufruf, Vielfalt zu feiern statt zu fürchten, lässt starken Beifall und zustimmende Rufe ertönen: "Unsere Antwort auf Hass ist Zusammenhalt. Unsere Antwort auf Angst ist Mut."

Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens greift Emmas Rede auf und erklärt: "Ich habe mich verliebt in diese kluge junge Frau." Behrens lobt die klare Haltung der Kundgebung und warnt: "Hass, Hetze, Rassismus - das ist keine Meinung, sondern eine Straftat." Sie macht unmissverständlich klar: "Wir werden der Demokratieverachtung keinen Platz lassen, nicht heute, nicht morgen, nie."

Auch Bürgermeisterin Gaby Kasten aus Geestland betont die Verantwortung jedes Einzelnen: "Freiheit bedeutet Verantwortlichkeit - für unsere Gesellschaft, für unsere Demokratie." Andrea Wemheuer von der Gewerkschaft ver.di erinnert daran, wie sehr Migrantinnen und Migranten das alltägliche Leben in Niedersachsen prägen: "Wir verteidigen ihr Recht auf Würde und Sicherheit."

Das bunte Rahmenprogramm, gestaltet von "Onkel Tom und Huck", "Bo and Friends", fünf Sängern des Shanty-Chores Cuxhaven um Udo Brozio und die Singer-Songwriterin Felice tragen allesamt zur positiven, frühlingsfrischen Atmosphäre auf dem Rathausplatz bei. Felice begeistert das Publikum mit ihrer warmen Stimme und Songs, die Mut und Gemeinschaft feiern.


Umzug durch die Innenstadt wird von Bürgern beklatscht
Den kraftvollen Abschluss der Kundgebung bildet ein Umzug durch die Stadt. Vom Rathausplatz geht es über die Werner-Kammann-Straße in Richtung Karl-Olfers-Platz. Dann biegt der Zug in die Deichstraße ein, um über die Neue Reihe, die Kasernenstraße und Marienstraße an den Ausgangspunkt der Kundgebung vor dem Rathaus zurückzukehren. Die Kundgebung und auch der Umzug werden permanent von Polizeibeamten mit etlichen Fahrzeugen begleitet. Von einigen Balkonen am Straßenrand winken Anwohner, zeitweise brandet Beifall auf.

Solidarität zeigt sich nicht nur vor Ort: Gruppen von "Omas gegen Rechts" sind an diesem Sonnabend aus ganz Norddeutschland angereist - aus Bederkesa, Bremen, Bremerhaven, Buxtehude, Hagen im Bremischen, Hannover, Hemmoor, Hildesheim, Osnabrück, Ottersberg, Stade, Walsrode und Worpswede. Eine Teilnehmerin, die Sahlenburgerin Karin Otterns-Spargel, resümiert: "Dieses Sommerfest der Demokratie hat uns alle bestärkt - und es macht Lust auf mehr."
Demokratie kennt keine Altersgrenze
Übrigens: Der älteste Teilnehmer der Versammlung war stolze 99 Jahre alt - ein berührendes Zeichen dafür, dass Engagement für Demokratie keine Altersgrenze kennt.
