Ermittlungen gegen Cuxhavens Polizeichef Michael Hasselmann: Nach Hannover abgeordnet
Michael Hasselmann, Chef der Polizeiinspektion Cuxhaven, wurde nach Hannover abgeordnet. Gegen ihn laufen Ermittlungen, wie cnv-medien.de herausfand. Die Atmosphäre innerhalb der Polizeibehörde ist angespannt - und das nicht erst seit diesem Eklat.
Die Polizei in Cuxhaven bezieht aktuell ihren Neubau. Doch einer zieht offensichtlich nicht mit um, es ist der Chef. Polizeidirektor Michael Hasselmann, seit Anfang 2024 Leiter der Polizeiinspektion (PI) Cuxhaven, ist seit dieser Woche nicht mehr in dem alten und auch nicht in dem neuen Gebäude an der Werner-Kammann-Straße anzutreffen. Der oberste Gesetzeshüter im Landkreis Cuxhaven wurde abgeordnet, nach Hannover ins Ministerium - nach Recherchen von cnv-medien.de nicht ganz freiwillig.
Belegschaft in zwei Lager geteilt
Schon länger soll die Stimmung innerhalb der Cuxhavener Polizeibehörde nicht die beste sein. Bereits bei Hasselmanns Vorgänger Arne Schmidt teilte sich die Belegschaft offenbar in zwei Lager; auf der einen Seite die Anhänger der mit strengerer Hand geführten Inspektion und auf der anderen Seite die, die in irgendeiner Form von dieser hierarchischen Art und Weise nicht viel hielten. Im Interview mit unserem Medienhaus betonte Hasselmann zu seinem Amtsantritt im Jahr 2024, dass er für ein modernes Miteinander auf Augenhöhe stehe, das in die Zeit passe. Das haben womöglich einige der mehr als 400 Mitarbeiter für nicht gut befunden und waren mit diesem Führungsstil nicht ganz einverstanden.
Die Belegschaft ist in zwei Lager gespalten
Wie Informanten gegenüber der CN/NEZ-Redaktion schilderten, herrsche in der Cuxhavener Polizeizentrale teilweise eine Stimmung, die von Misstrauen und Missgunst geprägt sei. Niemand wolle sich auch zu den Vorfällen um PI-Leiter Hasselmann äußern, weil befürchtet werde, dass dies negativ ausgelegt werden könnte. Dennoch gelangten nun Einschätzungen und Details nach draußen. Für "Hasselmann-Anhänger" sind die gegen den PI-Leiter erhobenen Vorwürfe "völlig übertrieben" oder "unhaltbar". Die es weniger mit dem aktuellen Chef gut meinen, finden die Vorkommnisse als zumindest "inakzeptabel" oder gar als "unmöglich" und "strafverfolgungswert".

Polizeidirektion gibt wenig Auskünfte
cnv-medien.de fragte nach bei den zuständigen Behörden. Die der PI übergeordnete Polizeidirektion Oldenburg antwortete auf die meisten unserer Fragen so: "Aus datenschutzrechtlichen Gründen kann diese Frage nicht beantwortet werden." Bezüglich eines im Raum stehenden Strafverfahrens gegen Hasselmann verwies die Direktion auf die Justiz.
Zwei Verfahren eingestellt nach Paragraf 170 Absatz 2
Wie Oberstaatsanwalt Kai Thomas Breas als Sprecher der Staatsanwaltschaft Stade auf Nachfrage der cnv-medien.de-Redaktion mitteilte, seien drei Strafverfahren gegen Michael Hasselmann registriert, von denen zwei bereits nach Paragraf 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung eingestellt wurden. Das heißt, es lag kein hinreichender Tatverdacht für eine Anklage vor. In dem dritten Fall sei das Ermittlungsverfahren noch anhängig, so Breas. Auch hier sei eine Einstellung möglich, entweder wegen Geringfügigkeit oder weil gar kein Schaden entstanden sei. Dem Beschuldigten, der sich durch einen Rechtsanwalt vertreten lässt, sei aktuell rechtliches Gehör gegeben worden. Dies wartet die Staatsanwaltschaft nun ab, um dann über weitere Schritte nachzudenken.
Das sind die angesprochenen drei Fälle:
- Mangels hinreichenden Tatverdachts wurde das Strafverfahren wegen Beleidigung eingestellt. Dabei lautete der Vorwurf, dass sich Hasselmann "eine gewisse Anzüglichkeit gegenüber einer Kollegin" geleistet hätte.
- Ebenfalls im dienstlichen Zusammenhang steht auch der zweite Vorfall. Hier habe der Vorwurf Nötigung geheißen, erklärte Oberstaatsanwalt Breas. In einem Mitarbeitergespräch soll Hasselmann einen Mitarbeiter so hart angegangen haben, dass dieser davon negativ beeindruckt gewesen sei und gelitten habe. Auch hier erfolgte die Einstellung nach Paragraf 170 Absatz 2 der Strafprozessordnung, weil der Vorwurf "strafrechtlich nicht greifbar" gewesen wäre, so Breas.
- Das dritte Ermittlungsverfahren laufe noch. Aktuell sei dem Beschuldigten hier rechtliches Gehör gegeben worden. Breas gehe davon aus, dass Hasselmann, der sich anwaltlich vertreten lässt, hiervon Gebrauch machen werde. Der Tatvorwurf lautet Betrug - und dieser soll sich ebenfalls in einem dienstlichen Zusammenhang zugetragen haben. Der PI-Leiter soll bei einer Dienstreise eine Fahrt mit dem Auto abgerechnet haben, obwohl er mit der Bahn gefahren sei. Breas dazu: "Möglicherweise wird das auch wegen Geringfügigkeit eingestellt." Auch eine Einstellung sei möglich, wenn gar kein Schaden entstanden ist. Das wäre beispielsweise der Fall, wenn das Bahnticket günstiger gewesen sei als die Autofahrt.
Staatsanwaltschaft hat sehr schnell entschieden
Auffällig ist, dass die Staatsanwaltschaft Stade bei den ersten beiden Verfahren sehr schnell entschieden hat. Während es sonst meist mehrere Monate dauert, bis sich überhaupt etwas bewegt beziehungsweise über eine Anklage entschieden ist, wurden nun die ersten beiden Verfahren jeweils nach nur wenigen Wochen eingestellt. Die Vorwürfe wurden von der Strafverfolgungsbehörde also recht flott eingeordnet.

Womöglich auch noch Disziplinarverfahren
Neben den Strafverfahren der Justiz droht dem PI-Leiter womöglich noch mehr Ungemach. Üblicherweise dürfte es auch mindestens zu Vorermittlungen für ein mögliches Disziplinarverfahren kommen. Diese Ermittlungen führt in der Regel die vorgesetzte Behörde, also in diesem Fall die Polizeidirektion Oldenburg. Auch für diesen Themenbereich verwies die Behörde auf datenschutzrechtliche Gründe, die eine Beantwortung unserer Fragen ausschließen.
Bisheriger Stellvertreter übernimmt erst einmal
Immerhin hat die Oldenburger Polizeibehörde auf die Frage geantwortet, ob davon auszugehen sei, dass Michael Hasselmann den PI-Leiter-Posten in Cuxhaven nicht mehr bekleiden wird: "Herr Hasselmann wird ab dem 17.11.2025 an das MI [Niedersächsisches Ministerium für Inneres und Sport; Anm. d. Red.] abgeordnet. Über die Dauer der Abordnung ist noch keine Entscheidung getroffen worden." Als Inspektionsleiter wird Hasselmann seit Montag (17. November 2025) von seinem Stellvertreter vertreten, das heißt: Polizeioberrat Dominikus Wolking, Leiter des Zentralen Kriminaldienstes (ZKD) in Cuxhaven, ist aktuell der oberste Gesetzeshüter für die rund 200.000 Menschen im Landkreis Cuxhaven.

Ob jetzt die Stimmung besser wird in dem neuen Gebäude an der Werner-Kammann-Straße, ist fraglich. Schließlich herrscht bei einigen Beamten große Unsicherheit. Sie wüssten bei einigen Kollegen gar nicht mehr, ob sie offen sprechen könnten, weil es ihrer Meinung zu viele Zuträger in Richtung Oldenburger Direktion gibt. Für den jetzt vorübergehenden Chef sicherlich eine besondere Aufgabe, für Vertrauen zu werben.
Redaktion fragte beim PI-Leiter nach
Beim bisherigen PI-Leiter Michael Hasselmann hat die CN/NEZ-Redaktion übrigens auch nachgefragt. Er steht aber für ein Statement gegenüber cnv-medien.de mit Hinweis auf das laufende Verfahren nicht zur Verfügung.
Zur Person Michael Hasselmann:
Michael Hasselmann wurde in Aurich geboren, wuchs dort auf und absolvierte dort das Fach-Abitur. Er bewarb sich für den mittleren Dienst bei der Polizei. Nach Stationen in der Bereitschaftspolizei, im Streifendienst und einem dreijährigen Studium kam er nach Hagen im Bremischen. Von Hagen ging es nach Cuxhaven, wo er im Personalbereich eingesetzt wurde. Es folgte der Wechsel nach Langen und dann wieder zurück in die Kreisstadt in den Bereich Gefahrenabwehr und Umweltschutz.
Ende 2006 folgte der Entschluss, in den gehobenen Dienst kommen zur wollen. Er bekam einen der fünf landesweiten Studienplätze. Es ging nach Oldenburg. Ab Sommer 2008 folgte das Masterstudium für den gehobenen Dienst in Nienburg und Münster. 2010 wurde er Polizeirat und Leiter des Polizeikommissariats Nordenham. 2016 ging er ins Innenministerium Hannover. Nach sieben Jahren im Landespolizeipräsidium als Referent für Strategie und Führung ergab sich jetzt die Möglichkeit, nach Cuxhaven zurückzukehren: Hasselmann ist der neue Leiter des Einsatzbereichs in der Polizeiinspektion. Im Januar 2024 rückte er auf und wurde Leiter der Polizeiinspektion Cuxhaven.