Fragen nach der Beißattacke: Was Halter gefährlicher Hunde im Kreis Cuxhaven erwartet
Das Verwaltungsverfahren nach der Beißattacke gegen Zwergdackel "Shaggy" und einen Menschen in Altenwalde dauert an. Rund 70-mal pro Jahr wird der Landkreis Cuxhaven eingeschaltet, um die Gefährlichkeit eines Hundes zu prüfen.
Noch ist das Verwaltungsverfahren nicht abgeschlossen, das der Landkreis Cuxhaven nach der Beißattacke gegen Zwergdackel "Shaggy" und einen Menschen in Altenwalde eingeleitet hat (wir berichteten). Die Befragungen laufen. Am Ende wird entschieden, ob der Staffordshire/British-Bullterrier-Mix, der dem Nachbarshund tödliche Verletzungen beigebracht hat, verwaltungsrechtlich als gefährlich eingestuft wird.
Wir haben mit Zuständigen des Landkreises über Eingriffsmöglichkeiten und -pflichten im Rahmen des niedersächsischen Hundegesetzes gesprochen und Bereichsleiter Michael Lechlein und Mitarbeiterin Sarah Uhde aus dem Fachbereich Ordnung haben sich dazu geäußert - ohne Bezug auf den aktuellen Fall. Das Vorgehen ist außerdem in einer Vorlage festgehalten, die Anfang dieses Jahres im Ausschuss für Ordnungsangelegenheiten erläutert wurde.
Bremen geht damit völlig anders um
Das niedersächsische Hundegesetz ist 2011 in Kraft getreten. Regeln zur Hundehaltung und zur Sicherstellung der öffentlichen Sicherheit legen die Bundesländer einzeln fest - mal per Gesetz, mal per Verordnung. Das gilt auch für den Umgang mit Rasselisten.
Im Bundesland Bremen ist die Haltung von Hunden der Rassen Pitbull Terrier, Bullterrier, American Staffordshire Terrier und Staffordshire Bullterrier sowie deren Kreuzungen untereinander oder mit anderen Hunden verboten; ebenso der Zuzug aus einem anderen Bundesland. Das gilt natürlich auch für die Stadt Bremerhaven. Hunde dieser Rassen dürfen allenfalls für maximal 24 Stunden in Bremen zu Besuch sein und unterliegen einer Leinen- und Maulkorbpflicht.
In Niedersachsen keine Rasseliste festgelegt
In Niedersachsen gibt es keine Liste, die bestimmte Hunderassen von vornherein als gefährlich erklärt, da nach Ansicht des Gesetzgebers, der sich dabei unter anderem auf die Tierärztliche Hochschule Hannover bezieht, die Einstufung eines Hundes als gesteigert aggressiv oder gefährlich nicht an die Hunderasse geknüpft werden kann.
Wann wird das Verfahren eingeleitet?
Die Ordnungsbehörde des Landkreises Cuxhaven leitet ein Verwaltungsverfahren ein, wenn ein Hund Menschen oder Tiere gebissen und verletzt oder sonst eine "über das natürliche Maß hinausgehende Kampfbereitschaft, Angriffslust oder Schärfe" gezeigt hat oder daraufhin gezüchtet, ausgebildet oder abgerichtet worden ist. Ausnahmen können für Hunde in Ausübung einer Aufgabe (etwa als Hüte- oder Jagdhund) gelten.
Haltungserlaubnis muss beantragt werden
Während der Befragungen der Beteiligten und eventueller Zeugen gilt eine vorbeugende Leinen- und Maulkorbpflicht außerhalb des eigenen Grundstücks. Endet das Verfahren mit der Feststellung, dass der Hund gefährlich ist, sind auch die nächsten Schritte vorgegeben: Jeder, der einen gefährlichen Hund halten will, muss eine Haltungserlaubnis beantragen. Hierfür sind innerhalb festgelegter Fristen Nachweise zu erbringen: Wesenstest, Führungszeugnis, Sachkundenachweis, Nachweis der Kennzeichnung des Tieres und der Haftpflichtversicherung.
Einmal im Jahr kommt es zur zwangsweisen Entnahme
Bleiben diese Nachweise aus, sind Hundehaltende verpflichtet, das Tier an ein Tierheim oder einen neuen Halter abzugeben (der dann seinerseits die Haltungserlaubnis beantragen muss). Durchschnittlich einmal im Jahr muss der Landkreis ein Tier unter Zwangsmaßnahmen aus einem Haushalt holen.
Bei jährlich zwischen 65 und 70 entsprechenden Verwaltungsverfahren wurden von 2019 bis 2023 zwischen 16 und 24 Hunde pro Jahr tatsächlich als gefährlich eingestuft. Die Zahl der in der Folge erteilten Haltungserlaubnisse lag aus verschiedenen Gründen deutlich darunter, entweder, weil die Halter weggezogen, die Hunde verstorben oder abgegeben worden sind. Keinesfalls gebe das Gesetz aber vor, auffällig gewordene Tiere einzuschläfern, betonen die Verwaltungsvertreter.
Halter muss das Grundstück absichern
Klar sei, dass von keinem Hund eine Gefahr für die öffentliche Ordnung ausgehen dürfe. Als Maßnahmen im Rahmen der Gefahrenabwehr seien Elektrohalsbänder verboten, ein (gekennzeichneter) Elektrozaun aber nicht. Das Grundstück müsse ausbruchssicher gestaltet sein - akzeptiere der Hund den Zaun nicht, müsse der Halter anderweitig sicherstellen, dass der Hund das Grundstück nicht verlassen könne. Das Anbringen eines Hinweisschilds ("Achtung, gefährlicher Hund") sei sinnvoll, entbinde aber nicht von der Pflicht, das Grundstück zu sichern und zumindest die Erreichbarkeit des Briefkastens zu gewährleisten.
Hundesteuer um das Zehnfache erhöht
Während die Stadt Cuxhaven an dem Verfahren zur Feststellung der Gefährlichkeit und der Erteilung der Haltungserlaubnis nicht beteiligt ist, kommt ihr bei der Festsetzung der Hundesteuer wieder die Verantwortung zu: Für einen gefährlichen Hund - gleich welcher Rasse - ist der zehnfach erhöhte Hundesteuerbetrag fällig: jährlich 960 Euro (statt 96 für den ersten Hund im Haushalt).
Eine schon beschlossene der Hundesteuersatzung zugeordnete Rasseliste wurde im Januar 2024 durch den Rat wieder zurückgenommen. In der Liste waren die oft als Kampfhunde bezeichneten Rassen Pitbull-Terrier, American Staffordshire-Terrier, Staffordshire-Bullterrier, Bullterrier und daraus hervorgegangene Kreuzungen von vorn herein als "gefährliche Hunde" eingestuft und damit der höchsten Steuerklasse zugewiesen worden. Die dann fällig gewordene jährliche Forderung von 960 Euro empfanden viele Halterinnen und Halter als unbillige Härte und organisierten laute Proteste.