In den Werkshallen von HAUX-Life-Support in Cuxhaven werden derzeit vier medizinische Druckkammern für den Einsatz in Schweden und China gefertigt. Foto: Larschow
In den Werkshallen von HAUX-Life-Support in Cuxhaven werden derzeit vier medizinische Druckkammern für den Einsatz in Schweden und China gefertigt. Foto: Larschow
Medizin, Industrie und Raumfahrt

Von Tauchunfällen bis Mondmissionen: Cuxhavener Hightech rettet Leben weltweit

von Tim Larschow | 08.08.2025

Hightech aus Cuxhaven: In den Hallen von HAUX-Life-Support entstehen Druckkammern für Medizin und Industrie. Sie retten Leben - nicht nur bei Tauchunfällen. Sogar Technik für Mondmissionen kann in den Kammern unter realen Bedingungen getestet werden.

Wenn ein Taucher beim Sport oder im Beruf einen Unfall erleidet, zählt jede Minute. In vielen Fällen ist dann eine medizinische Druckkammer die einzige Rettung. Doch in Deutschland sind diese lebensrettenden Einrichtungen rar. Dabei reicht ihr Einsatzgebiet weit über Tauchunfälle hinaus.

Nicht nur Taucher, sondern auch Feuerwehrleute oder andere Menschen, die eine Kohlenmonoxidvergiftung erleiden, sind auf die sogenannte hyperbare Sauerstofftherapie angewiesen: Dabei atmen Patienten in einer Druckkammer Luft mit erhöhtem Sauerstoffanteil unter Überdruck - meist zwischen dem 1,5- bis 3-fachen des atmosphärischen Normaldrucks.

Die Wirkung kann dramatisch sein. In der Druckkammer der Uniklinik Düsseldorf wird die Therapie unter anderem zur Behandlung von Wundheilungsstörungen eingesetzt - eine häufige Komplikation nach Unfällen oder Operationen. Bis zu drei Millionen Menschen in Deutschland sollen betroffen sein. Bei einem Prozent der Bevölkerung werden Wunden sogar chronisch. Die maximale Belegung der Mehrpersonendruckkammer in Düsseldorf beträgt zwölf Personen. Es werden dort allerdings nie mehr als sechs Patienten gleichzeitig behandelt.

In Sauerstoffüberdruckkammern wie dieser in Halle (Saale) werden unter anderem Patienten nach Tauchunfällen behandelt. Hergestellt wurde die Druckkammer in Cuxhaven. Foto: Universitätsmedizin Halle

Druckkammern für bis zu 30 Personen

Produziert werden die lebensrettenden Kammern vom Familienunternehmen HAUX-Life-Support mit Hauptsitz in Karlsbad, aber gebaut wird in Cuxhaven. Bei einem Besuch der Werkshallen bestätigt sich: Druckkammern spielen eben nicht nur beim Tauchen oder in der Medizin eine Rolle. Auch im Tunnelbau, in der Raumfahrt und der Autoindustrie sind Druckkammersysteme gefragt.

Seit über 40 Jahren ist HAUX Produzent für Druckkammern. Heute wird das Familienunternehmen von zwei Brüdern geführt. "Wir produzieren Druckkammern jeglicher Art, und das mit 160 Mitarbeitern in Deutschland - über 40 davon in Cuxhaven", erzählt Michael Strähnz, Operating Manager in Cuxhaven.

In der Produktionshalle entstehen Kammern für bis zu 30 Personen. "Hier findet der gesamte Stahlbau, die Prüfungen, die technische Abnahme, Strahlerei und Lackierung statt", so Strähnz. Anschließend werden die Kammern nach Karlsbad oder zum Tochterunternehmen in die USA geliefert, wo die Ausstattung eingebaut wird.

Der Cuxhavener Standort entstand 2005 aus der Insolvenzmasse der Firma Hebold, die bis dahin die Kammern für HAUX baute. Da man die qualifizierten Mitarbeiter hier vor Ort hatte, entschied man sich, hier weiterzumachen. 2010 wurde die neue Produktionshalle an der Repsoldstraße gebaut. Nun ist ein weiterer Hallenneubau in Planung.

Und die Auftragslage ist gut: Derzeit werden zwei QUADRO-Kammersysteme für Macao (China) und zwei für Göteborg (Schweden) gefertigt. Eckige Kammern heißen "QUADRO" und runde "OMEGA".

Eine Einheit wiegt bis zu 60 Tonnen - allein eine Wand bringt 15 Tonnen auf die Waage. Zwei 32-Tonnen-Kräne helfen beim Manövrieren in der Halle. "Rund 90 Prozent unserer Bauteile fertigen wir selbst", sagt Strähnz stolz.

Die Deckenplatte einer großen Druckkammer. Kabel und Leitungen müssen durch die Decke ins Innere geführt werden - alle Durchgänge müssen komplett abgedichtet sein. Foto: Larschow

Ein Tor zur Mondoberfläche

Besonders spektakulär: Die Sonderprojekte wie Tauchsimulatoren für die Navy, Explosionskammern für die Autoindustrie, das Taucherglockenschiff "Archimedes" oder die Zusammenarbeit mit der Europäischen Weltraumorganisation (ESA). In Luxemburg wurde eine neuartige "Dusty Vacuum Thermal Chamber (DTVC)" installiert - entwickelt von HAUX.

Darin werden Geräte unter realistischen Bedingungen für künftige Mondmissionen getestet: im Hochvakuum und mit simuliertem Mondstaub (Regolith). Dieser stellt eine Herausforderung dar, da er Dichtungen zerstört, Solarpanels beschädigt und Instrumente blockiert. Die Kammer soll helfen, Technik für bemannte und unbemannte Missionen fit zu machen. "Die DTVC wird ein Tor zur Mondoberfläche sein. Mit ihren Abmessungen und Vakuumkapazitäten wird sie in Europa einzigartig sein und die Prüfung von Geräten vor dem Start zu einer Mondmission ermöglichen", erklärte Peter Weiss, CEO des Partners Spartan Space, 2023 in einer Pressemitteilung. Derzeit ist in Cuxhaven eine weitere Kammer in Arbeit, in der Pumpen für die Raumfahrt getestet werden sollen.

"Im Ausland sieht es anders aus"

Doch trotz der beeindruckenden Projekte bleibt das Problem in Deutschland: "Behandlungen in der Druckkammer werden oft nicht von der Krankenkasse bezahlt. Somit gibt es keinen Markt, was die geringe Dichte von Druckkammern in Deutschland erklärt. Im Ausland sieht es anders aus", erklärt Michael Strähnz und ergänzt: "Im europäischen Ausland laufen die Kammern teilweise im Dreischichtbetrieb sieben Tage die Woche. Der Bedarf ist also da, und wir können diesen decken."

In Nizza in Frankreich wird derzeit die größte Druckkammer-Anlage Europas installiert. Es ist das größte Projekt seiner Art, das HAUX bisher umgesetzt hat. Die Anlage besteht aus vier QUADRO-Kammersystemen. Ganze Intensivstationen können so geschaffen werden. Um Projekte wie diese umzusetzen, sucht HAUX auch Nachwuchs. Unter anderem bildet das Unternehmen in Cuxhaven Anlagenmechaniker aus - aber auch Schweißer, die etwa Aluminiumbehälter und Sonderkonstruktionen schweißen können.

Das Omega-Kammersystem wurde gestrahlt und wird im nächsten Schritt lackiert. Foto: Larschow
Hier werden die Druckkammern lackiert. Foto: Larschow

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Tim Larschow

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Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

tlarschow@no-spamcuxonline.de

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