Drei Fachausschüsse der Stadt stimmten am Dienstagabend mehrheitlich dafür, den Landkreis das gesamte Grundstück zwischen Bäderring und Strichweg zum Neubau der Schule am Meer anzubieten. Foto: Reese-Winne
Drei Fachausschüsse der Stadt stimmten am Dienstagabend mehrheitlich dafür, den Landkreis das gesamte Grundstück zwischen Bäderring und Strichweg zum Neubau der Schule am Meer anzubieten. Foto: Reese-Winne
"Schlechte Signale an den Kreis"

Hitzige Wortwechsel: Schlagabtausch bei Diskussion um Schule am Meer in Cuxhaven

von Maren Reese-Winne | 06.06.2023

Um weit mehr als nur um den Standort der Schule am Meer ging es am späten Dienstagnachmittag im Cuxhavener Rathaus. In einer emotionalen Debatte kamen neben der Zukunft der Schule und des gesamten Stadtteils Döse auch Nasenringe und Strahlkraft vor.

Weil der Kreistag am Mittwoch entscheiden will, war eigens eine gemeinsame Sitzung des Schul-, der Finanz- und  Bauausschusses einberufen worden. Die Stadtverwaltung hatte sich mit einer Vorlage klar zur Grundstücksfrage positioniert. "Ich stehe zu diesem Vorschlag", unterstrich Oberbürgermeister Uwe Santjer. Stadt- und Kreisspitze hatten - wie von der Politik gefordert - eine Lösung für den künftigen Standort der Förderschule GE (Geistige Entwicklung) erarbeitet, an dem der Landkreis das 40-Millionen-Bauprojekt verwirklichen könnte.

Bei dem neuen, bereits vorgestellten Vorschlag handelt es sich um ein Grundstück südlich des Westerwischstroms (direkt am Fernmeldeturm) neben der dort geplanten neuen Hauptfeuerwache - groß genug, um dort einen Neubau in der vom Landkreis geforderten Fläche von 29.500 Quadratmetern zu errichten. Uwe Santjer wies auf den existierenden Rahmenplan Döse hin, der so wichtige Bestandteile enthalte wie die für den Stadtteil seit Jahrzehnten geforderte Querspange - eine Straße, die den Bäderring mit dem Strichweg verbände und diesen deutlich entlasten könnte, wenn Gäste direkt die Kurparkhalle oder das in der Nähe geplante Tagungshotel ansteuerten.

Alles auf einmal passt nicht

Zusammen mit der Schule würden aber weder die Straße noch die für das Gelände geplante Wohnbebauung noch ein Nahversorger auf die dortige Fläche von 29.000 Quadratmetern passen.

Die Mehrheit aus SPD, Grünen und "Cuxhavenern" hatte nach Veröffentlichung der Vorlage direkt mit einem Abänderungsantrag reagiert. SPD-Fraktionsvorsitzender Gunnar Wegener erläuterte die Position der Mehrheitskooperation, die darin mündete, dass die Stadt dem Kreis das Grundstück neben der heutigen Schule zu einem fairen Preis anbieten möge, damit dort (und nicht am Fernmeldeturm) der Neubau errichtet werden kann. Damit würden die anderen Planungen für das Gelände zwischen Döser Feldweg und Strichweg aufgegeben. Weil es für die Kinder, Eltern und Lehrkräfte der bessere Ort sei, bekräftigten Wegener und weitere Mitglieder der Kooperation.

Von "Demontage des Oberbürgermeisters" gesprochen

Die Opposition reagierte mit scharfer Kritik - nicht nur, weil damit ein ganzer Stadtteil von seiner weiteren Entwicklung abgekoppelt werde (Thiemo Röhler, CDU). Günter Wichert (FDP) und Enak Ferlemann (CDU) sahen in der offenen Opposition der Mehrheitsgruppe gegen ihren eigenen Oberbürgermeister bedenkliche Signale in Richtung Kreis: "Es geht hier um viel mehr. Bestimmen eigentlich Wegener und Ebken oder bestimmen noch der Oberbürgermeister und der Landrat?", fragte Enak Ferlemann. Die Kooperation lasse ihren OB das x-te Mal im Regen stehen, sodass sich andere Gemeinden im Kreis mit Recht fragen könnten, welches Verhandlungsmandat dieser noch habe.

Günter Wichert beklagte ebenfalls den aus den eigenen Reihen betriebenen Demontage-Versuch eines Oberbürgers, der so in den Kreis hineinstrahle wie kein Mitglied der Kooperation es jemals könne. Die Kraft, die beide Verwaltungsspitzen in die Erarbeitung des Kompromisses gesteckt hätten, werde hier einfach ignoriert, statt dessen werde die Mehrheitsgruppe durch Rüdiger Kurmann ("Die Cuxhavener) "am Nasenring durch die Manege geführt". Es sei "unmöglich", dass die Mehrheit diesen Antrag einreiche. Von einer "Gefangenschaft der SPD" im Zuge des Kooperationsfriedens sprach Thiemo Röhler. Uwe Santjer hingegen verwies darauf, dass Debatten wie diese zu einer guten Demokratie beitrügen. Nur sollten die Entwicklung der Schule und die des Stadtteils nicht gegeneinander aufgebracht werden. 

Im Vergleich der Grundstücke mehr Argumente für Döse gesehen

Sie wolle gar keine Strahlkraft erreichen, schickte SPD-Schulpolitikerin Ulla Bergen ihren Ausführungen voraus, vielmehr gehe es um eine gute Entscheidung im Sinne der Schule nach einem schweren Abwägungsprozess. Das Grundstück am Fernmeldeturm sei einfach zu isoliert gewesen. Christine Babacé (Die Grünen) wies außerdem auf die Kooperation mit der Döser Schule und die Nähe zum Strand hin. Für die anderen Vorhaben in Döse werde es andere Möglichkeiten geben. 

Ratsherr Michael Stobbe (SPD) aus Döse sprach von einem der "schwärzesten Tage seiner politischen Laufbahn". Er sah sich nach dem jahrelangen Kampf um den für den Stadtteil wichtigen Rahmenplan Döse nicht in der Lage, dem Antrag seiner Kooperation zuzustimmen. "Ich kann es aus Überzeugung nicht tun." Vielmehr hoffte er auf eine Lösung, die neben dem Schulbau am Ende doch noch weitere Nutzungsmöglichkeiten auf dem Grundstück - wenigstens die Straße und den Nahversorger - zulässt - eine Lösung, die der Situation schlagartig alle Schärfe nehmen würde.

Schulen können auch auf geringerer Fläche entstehen

Das alles wäre mit der entsprechenden architektonischen Planung durch einen Fachplaner auf einen Schlag zu schaffen. Stobbe nannte eine vergleichbare Förderschule im nordrhein-westfälischen Gronau, die bei einem um zwölftausend Quadratmeter geringeren Flächenverbrauch gerade im vergangenen Jahr einen allen Anfordernissen entsprechenden Neubau bezogen habe - "das ist sogar noch ein Therapiebecken dabei." In der ersten Etage befänden sich lediglich Lehrerzimmer und Verwaltung - Schülerinnen und Schüler müssten keine Treppen steigen oder Fahrstühle benutzen.

"Wenn einer heute enorme Strahlkraft bewiesen hat, dann Michael Stobbe", konstatierte Günter Wichert, bezweifelte aber, dass heute noch anders als ebenerdig gebaut werde. Anders als Robert Babacé (Die Grünen), der allein schon aus Gründen der Flächenversiegelung den Landkreis aufforderte, über Alternativen nachzudenken.        

Thomas Brunken, Vorsitzender des Schul- und Sportausschusses, der die Sitzung leitete, rief die einzelnen Ausschüsse nacheinander zur Abstimmung auf. Alle drei Voten fielen zugunsten des Abänderungsvorschlags der Mehrheitsgruppe aus.  Da die Ausschüsse nur empfehlende Beschlüsse fassen, tagt am Mittwoch noch der Verwaltungsausschuss.

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Maren Reese-Winne

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

mreese-winne@no-spamcuxonline.de

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