
Senioren in Cuxhaven fühlen sich oft unsicher - Polizei mahnt zur Gelassenheit
Trotz niedriger Kriminalitätsraten fühlen sich viele Senioren in Cuxhaven unsicher. Der Präventionsrat sucht nach Lösungen, um das Sicherheitsgefühl zu stärken, während unerwartete Herausforderungen den Alltag der älteren Generation prägen.
Die Stimmung im Sitzungssaal Vannes des Cuxhavener Rathauses war ernst, als sich der Kommunale Präventionsrat (KPR) in der vergangenen Woche mit den jüngsten Gewalttaten im öffentlichen Raum befasste. Zwar betonte die Polizei, dass die Stadt im Vergleich zu ähnlich großen Kommunen als eher friedlich gilt. Doch die Sorgen vieler älterer Bürger lassen sich mit Statistiken allein nicht zerstreuen.
"Viele Seniorinnen sagen mir: Abends gehen wir nicht mehr raus", berichtete Anita Hanel, Vorsitzende der Hanel-Seniorenstiftung. Sie schilderte eindringlich, wie die Angst im Alltag der älteren Generation Einzug gehalten habe. "Manche hören nicht mehr gut, können Gespräche schwer verfolgen und ziehen sich deshalb zurück. Andere fürchten die Begegnung mit laut auftretenden Gruppen in der Innenstadt." Für viele Betroffene sei die Einsamkeit das drückendste Problem. "Sie hätten gerne jemanden, der sie begleitet - sei es beim Einkaufen oder einfach auf dem Weg durch die Nachbarschaft."
"Viele gehen abends nicht mehr raus" - Seniorenvertreterin schildert Alltagssorgen
Die Attacke auf eine 94-Jährige im Schlossgarten im Juli, mutmaßlich verübt von Kindern, hat das Gefühl der Verwundbarkeit noch verstärkt. Zwar waren die Verletzungen der Seniorin nur leicht, doch die symbolische Wucht des Vorfalls war groß. "Natürlich macht so ein Fall Schlagzeilen. Aber er verstärkt das Bild, dass es überall gefährlich ist - und dieses Gefühl bleibt hängen", erklärte Stephan Hertz, Pressesprecher der Polizeiinspektion Cuxhaven.
Polizei: Gefühl der Unsicherheit wächst stärker als die Kriminalität
Hertz stellte klar, dass die nackten Zahlen eine andere Sprache sprechen: "Im Landkreis und in der Stadt Cuxhaven liegen wir deutlich unter den Durchschnittswerten vergleichbarer Städte." Jugendkriminalität habe in den vergangenen Jahren nicht zugenommen. Gleichwohl nehme die Zahl der Angriffe auf Einsatzkräfte zu. "Jahrelang hatten wir etwa 50 Widerstandshandlungen im Jahr. 2024 waren es bereits 74." Diese Entwicklung sei besorgniserregend, auch wenn sie nicht direkt mit Übergriffen auf Senioren zu tun habe.
Für die Polizei ist entscheidend, das subjektive Sicherheitsgefühl ernst zu nehmen. "Wenn Menschen sagen, dass sie sich unsicher fühlen, dann ist das so. Das ist kein Gerede", betonte Hertz. Deshalb versuche die Polizei, mit Präventionsprogrammen und eigener Öffentlichkeitsarbeit Vertrauen zu schaffen - und zugleich gegen überzogene Darstellungen in manchen Medien gegenzusteuern. "Schlechte Nachrichten bleiben länger im Gedächtnis als gute. Dagegen müssen wir arbeiten."
Expertenrunde soll Lösungen entwickeln, bevor Probleme größer werden
Uwe Sandrock, stellvertretender Vorsitzender des Präventionsrates und pensionierter Polizeibeamter, mahnte an, die aktuellen Vorfälle nicht isoliert zu betrachten. Er erinnerte an die 1990er-Jahre, als zunehmende Drogenprobleme an Schulhöfen schließlich zur Einrichtung einer Expertenrunde führten. "Damals haben wir viel zu spät reagiert. Heute sollten wir es besser machen", sagte er. Sandrock schlug vor, Vertreter von Schulen, Jugendhilfe, Polizei und Seniorenorganisationen regelmäßig an einen Tisch zu bringen - ohne Öffentlichkeit, um offen reden zu können. "Nur so können wir übergreifende Lösungen finden, bevor jeder für sich kleine Aktionen startet, die am Ende nicht greifen."
Anita Hanel wiederum warb dafür, die Nachbarschaften zu stärken. "Viele Senioren haben keine Kinder oder Enkel vor Ort. Wenn die Hausgemeinschaft besser zusammenhält, hilft das mehr als jedes Einkaufsportal." Für viele sei ein Begleitservice wertvoller als technische Angebote, die zudem Geld kosten. "Die Altersarmut macht viele Dinge unmöglich. Da hilft schon eine kleine Geste."
Am Ende der Sitzung stand die Erkenntnis, dass Kriminalität in Cuxhaven zwar vergleichsweise niedrig ist, das Gefühl der Unsicherheit jedoch steigt - insbesondere unter älteren Menschen. Der Präventionsrat will deshalb prüfen, wie Expertenrunden im Stadtteil Ritzebüttel und darüber hinaus eingerichtet werden können.
"Wir dürfen nichts aufbauschen", sagte Sandrock, "aber wir dürfen auch nicht warten, bis das Problem groß wird." Für die Senioren bedeutet das: Ihre Sorgen werden gehört. Für die Stadt bedeutet es: Lösungen müssen gefunden werden, die das Sicherheitsgefühl stärken - ohne Panikmache, aber mit klaren Schritten.