Ein Polizeifahrzeug steht vor Beginn eines Prozesses wegen Mordes vor dem Landgericht. Einem 34-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, im März 2024 einen 35-Jährigen mit einem Messerstich in den Kopf getötet zu haben. Hintergrund soll ein Streit zwischen zwei Großfamilien gewesen sein. Foto: dpa
Ein Polizeifahrzeug steht vor Beginn eines Prozesses wegen Mordes vor dem Landgericht. Einem 34-jährigen Angeklagten wird vorgeworfen, im März 2024 einen 35-Jährigen mit einem Messerstich in den Kopf getötet zu haben. Hintergrund soll ein Streit zwischen zwei Großfamilien gewesen sein. Foto: dpa
Familienzwist zweier Großfamilien

Miri vs. El-Zein: Was der Stader Clan-Prozess den Steuerzahler kosten könnte

von Denice May | 12.12.2024

Nach einem blutigen Streit zwischen zwei Großfamilien läuft vor dem Stader Landgericht nun der Mordprozess. Über Wochen werden Zeugenaussagen erwartet, während die Polizei bei jeder Verhandlung für Sicherheit sorgt. Die hohe Präsenz hat ihren Preis.

Anfang November begann am Landgericht Stade der Mordprozess zwischen zwei verfeindeten Clan-Familien. Der Streit soll im Oktober 2023 aufgrund konkurrierender Shisha-Geschäfte in Stade aufgekommen sein. Die beiden Familien versuchten zunächst, den Konflikt intern zu klären, doch dies führte zu keiner Lösung. Im März 2024 eskalierten die Spannungen, als Mitglieder beider Gruppen einen Laden und ein Wohnhaus der jeweils anderen Familie angriffen. Bei diesen Auseinandersetzungen zog ein 34-jähriges Mitglied des Miri-Clans ein Messer und stach auf das spätere Opfer der El-Zein-Familie ein. Der Mann erlag einen Tag später seinen lebensgefährlichen Verletzungen.

Polizeipräsenz und Sicherheitsvorkehrungen am Landgericht

Zum Beginn des Prozesses hatten sich zahlreiche Angehörige der beiden Großfamilien vor dem Gerichtsgebäude versammelt. Um potenzielle Eskalationen zu verhindern, setzte die Polizei an jedem Verhandlungstag mehrere Einsatzkräfte ein. "Zu Beginn des Prozesses waren wir mit 40 Polizisten vor Ort. Ein Drittel kam von der Polizei Stade, zwei Drittel von der Bereitschaftspolizei Lüneburg", erklärte Rainer Bohmbach, Sprecher der Polizei Stade. Das Ziel sei es, vor dem Gebäude Präsenz zu zeigen und den Bürgern ein sicheres Gefühl zu vermitteln. "Bisher gab es keine Zwischenfälle, bei denen wir hätten eingreifen müssen. Innerhalb des Gerichtsgebäudes ist die Sicherheit nicht unsere Zuständigkeit, hierfür sorgt das Gerichtspersonal", fügte er hinzu. Aktuell sei kein erhöhter Polizeieinsatz erforderlich, dies werde jedoch je nach Situation, insbesondere während der Zeugenaussagen, entschieden.

Die weiteren Kosten des Verfahrens

Die vielen Verhandlungstage und die damit verbundenen Sicherheitsvorkehrungen beanspruchen die Staatskasse erheblich. Allein die Polizeieinsätze kosten mehrere zehntausend Euro, so Bohmbach. Hinzu kommen die Kosten für Richter, Staatsanwälte, Verteidiger, Dolmetscher und Gutachter. Genaue Zahlen lassen sich im Vorfeld nur schwer nennen, da die Kosten für einen Anwalt in einem Mordprozess stark variieren. Abhängig von der Gebührenordnung, der Vereinbarung zwischen Mandant und Anwalt sowie der Komplexität des Falls können die Kosten für einen Wahlverteidiger pro Verhandlungstag zwischen 800 und 3.000 Euro betragen. Bei einem langwierigen Verfahren mit mehr als 15 Verhandlungstagen summieren sich die Kosten schnell auf mehrere zehntausend Euro.

Gesamtkosten werden 100.000 Euro übersteigen

Für den Fall, dass Sachverständige oder Dolmetscher benötigt werden, kommen weitere Kosten hinzu. Dolmetscher werden nach Stunden- oder Tagessätzen bezahlt, die je nach Sprache und Komplexität variieren. Üblicherweise liegt der Stundensatz zwischen 70 und 120 Euro. An einem durchschnittlichen Verhandlungstag könnten sich die Kosten für Dolmetscher zwischen 500 und 1000 Euro belaufen. Der Polizeieinsatz könnte zwischen 2000 und 10.000 Euro kosten, während die Gesamtkosten für die Justiz- und Prozessaufwendungen etwa 3000 bis 5000 Euro betragen. Dies bedeutet, dass für ein Verfahren mit 15 Verhandlungstagen Gesamtkosten zwischen 90.000 und 240.000 Euro oder mehr entstehen können.

Wer trägt diese Kosten? "Im Falle einer Verurteilung muss der Angeklagte die Kosten des Verfahrens tragen. Bei einem Freispruch übernimmt der Staat die Kosten", erklärt Petra Linzer, Richterin und Pressesprecherin des Landgerichts Stade. Bis zur Urteilsverkündung wird es noch einige Zeit dauern - und auch dann ist erst klar, wie viel der Prozess letztlich gekostet hat.

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Denice May

Redakteurin
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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