Marineflugplatz in Nordholz: 400 neue Arbeitsplätze durch Bundeswehr-Ausbau
Die Bundeswehr erlebt plötzlich einen Aufschwung. Ausgelöst durch Putins Krieg wird der Militärstandort Nordholz massiv erweitert - zum künftig größten Marineflugplatz Europas. Im Umfeld des Projekts sollen zudem über 400 neue Jobs entstehen.
Dass der Marineflugplatz in Nordholz eine ganz neue Bedeutung bekommen hat, weiß man seit Januar. Da besuchte Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) überraschend das Marinefliegergeschwader. Im Gepäck: 400 Millionen Euro, die der Bund investieren will. Alles, worum die Nordholzer jahrelang erfolglos gerungen hatten, sollen sie nun bekommen - neue Hubschrauber, neue Seefernaufklärer, neue Waffensysteme.
Eine Milliarde Euro für den Flughafen?
Die veränderte Weltlage macht es möglich. Im Regionalausschuss, wo sich die Kreispolitiker in die Pläne für das Umfeld des Militärairports einweihen ließen, war sogar von einer Milliarde Euro an Investitionen die Rede. Da fällt auch viel für die Region ab. Denn die neuen High-Tech-Maschinen müssen gepflegt, gewartet und instandgehalten werden. Das erledigen meist zivile Unternehmen für die Bundeswehr, Experten für Luftfahrttechnik. Und die suchen nun Unterschlupf. Über 400 neue Arbeitsplätze werden entstehen, kündigt Kreisdezernent Frank Berghorn an.
Auf dem Gelände des Marineflugplatzes wird es nämlich eng, wenn all die Neubauten für den Sea-Lion, den Sea-Tiger - wie die Helikopter heißen - und die riesige Poseidon Wirklichkeit werden. Deshalb haben in den letzten Monaten nicht wenige Unternehmen bei Jörg-Andreas Sagemühl, dem Bürgermeister der Wurster Nordseeküste, angeklopft.
Über 25 Hektar werden als Industriegebiet hergerichtet
Nun hat die Gemeinde vor über zwei Jahrzehnten dort ein Gewerbegebiet ausgewiesen. Damals, als der Militärairport mit dem Zivilflughafen ein Anhängsel bekam. Sechs Hektar ist es groß. Doch das wird nicht reichen. Jahrelang hatte sich dort nichts getan, nur ein Betonwerk und das Deichbrand-Team, das dort das Rock-Festival veranstaltet, haben sich angesiedelt. Jetzt, nachdem die Welt eine andere geworden ist, ist das anders.

Die sechs Hektar werden laut Bürgermeister Sagemühl voraussichtlich noch in diesem Jahr verkauft. Weitere acht Hektar sind im Flächennutzungsplan als Erweiterungsfläche fürs Gewerbegebiet vorgesehen. Doch die Gemeinde hat die Pläne erweitert, will jetzt über 25 Hektar für die Firmen bereitstellen.
Kreis und Gemeinde haben eine Task Force gegründet
Fieberhaft wird im Rathaus und inzwischen auch im Kreishaus daran gearbeitet. Gemeinsam haben die beiden Kommunen eine Art Task Force gebildet, um die Industrieansiedlungen über die Bühne zu bekommen. Einfach wird das nicht: Die Erweiterungsfläche liegt im Wald, die Anforderungen an Naturschutz, Immissionen und Verkehrsanbindung sind riesig.
Aber der Bürgermeister und der Kreis treiben das voran. Berghorn, auch Aufsichtsratsvorsitzender der Betreibergesellschaft FBG des Zivilflughafens, machte im Ausschuss deutlich, dass das einstige Sorgenkind der Kreispolitik beim Umbau des Geländes eine zentrale Rolle spielen wird. "Es wird einen deutlichen Aufschwung für die FBG geben", prophezeite er. Deren Flächen würden für die Wartung der Militärmaschinen und als Parkflächen gebraucht.

Ein Hotel und ein neuer Hangar sollen gebaut werden
Der Kreis, der zwei Drittel der Anteile an der FBG hält, plant deshalb Neubauten auf dem FBG-Gelände. Ein weiterer Hangar soll dort entstehen und ein Hotel als Unterkunft für die Arbeitskräfte, die dort gebraucht werden. "Wir haben ein Büro mit der Planung beauftragt, Mitte Dezember erwarten wir einen Entwurf dafür", sagt er.
Der Kreis will die Infrastruktur verbessern. So soll der Rollweg vom Zivilfluggelände nach Süden verlängert werden, hin zu den neuen Gewerbeflächen. Damit die Militärmaschinen dorthin geschleppt werden können. In der Projektgruppe denkt man auch darüber nach, den Zivilflughafen und das Industriegebiet besser an die Autobahn anzubinden. Bislang müssen sich die Lkw, die zum zivilen Luftfahrtgelände wollen, noch durch den Wanhöden quälen. Noch ist das aber Zukunftsmusik.
"Es gibt Anfragen auch von namhaften Unternehmen"
"Wir freuen uns als Gemeinde sehr, dass wir für das Industriegebiet jetzt Anfragen bekommen, auch von namhaften Unternehmen", strahlte Christoph Nagelfeld, der in Vertretung des erkrankten Bürgermeisters zur Sitzung gekommen war.
Die Kreispolitiker sahen das ähnlich. Hanna Bohne, CDU-Politikerin aus Dorum, schwärmte: "Das wird ein Leuchtturmprojekt. Für uns als Gemeinde ist das eine einmalige Chance." Leo Mahler (SPD) sah das ähnlich angesichts der 400 Arbeitsplätze, die erwartet werden. "Aber man muss bei der ganzen Euphorie schon sagen, dass die politische Großwetterlage zu diesem Boom geführt hat."
Einen Verlierer gibt es auch - das Deichbrand-Team. Die Crew muss auf große Teile des Geländes verzichten, das sie einmal im Jahr für das Rock-Festival nutzt. Christoph Nagelfeld aber zeigte sich optimistisch, dass Deichbrand in Nordholz bleibt: "Es gibt genügend Flächen drumherum, wo man das Festival unterbringen kann."
Von Inga Hansen