Erste Mieter sind schon raus aus Start-up-Zentrum Otterndorf: "Bin sehr enttäuscht"
Beim im Frühjahr eröffneten Start-up-Zentrum Otterndorf läuft es nicht rund. Zwei der Existenzgründer sind nach Informationen unserer Redaktion schon wieder ausgezogen - aus Unzufriedenheit. Was sagt der Stadtdirektor dazu?
Viel Verantwortung, wenig Geld und große Unsicherheit: Ein Unternehmen zu gründen, ist nichts für schwache Nerven. Yvonne Papenfuß wagte den Schritt trotzdem. Die Neuenkirchenerin hat sich mit einem Senioren-Service selbstständig gemacht. Sie bietet Haushaltshilfen und Alltagsbegleitung an, entlastet Pflegende und sorgt dafür, dass ältere Menschen trotz Einschränkungen in ihrem Zuhause bleiben können. Was ihr noch fehlte für ihr kleines Unternehmen, waren günstige Büroräume - ein organisatorischer Stützpunkt, um die Firma zum Laufen zu bringen.
Ein verlockendes Angebot der Stadt Otterndorf
Da kam das Angebot der Stadt Otterndorf gerade recht: Für ihr neu eröffnetes Start-up-Zentrum in den früheren Räumen des Arbeitsamtes am Fröbelweg suchte die Stadt drei kreative Gründer. Die "Richtlinie zur Bereitstellung von Büroräumen für Unternehmensgründer:innen in der Stadt Otterndorf" las sich gut. Die Stadt wolle Firmengründern in der "risikobehafteten Frühphase bei der Umsetzung innovativer Geschäftsideen und Entwicklung marktfähiger Geschäftsmodelle" unter die Arme greifen, war dort zu lesen.

Die Förderung beinhaltet laut Richtlinie "die Bereitstellung von Arbeitsräumen durch finanzielle Subventionierung in Form von Mietpreisreduzierungen sowie die Bereitstellung von Büromobiliar". Außerdem stehen den Gründerinnen und Gründern ein gemeinsamer Besprechungsraum mit Küche sowie Sanitäreinrichtungen zur Verfügung.
Miete in Räumlichkeiten in Otterndorf zu hoch
Was Yvonne Papenfuß vor allem interessierte, war die Miethöhe: "Nach der Richtlinie war eine monatliche Gesamtmiete von 240 Euro zu entrichten. Das fand ich natürlich sehr reizvoll", sagt die Firmengründerin. Die examinierte Altenpflegerin bewarb sich - und wurde ausgewählt.
Die Euphorie bei Yvonne Papenfuß und ihren beiden Nachbarn, zwei Firmen aus der Computerbranche, war beim Einzug im März noch groß. Doch die vertragliche Regelung für die Büronutzung zog sich hin. Erst im September habe sie den Mietvertrag auf den Tisch bekommen, berichtet Yvonne Papenfuß.
Neuenkirchenerin leitet Firma von zu Hause aus
Die 49-Jährige traute ihren Augen nicht, als sie den Vertrag las: "Demnach sollte ich eine Monatsmiete von 449 Euro bezahlen." Für die Neuenkirchenerin kam das nicht infrage. "Mit Gründung hat das nichts mehr zu tun", sagt sie. Zwar habe ihr die Stadt noch ein Entgegenkommen signalisiert, doch Yvonne Papenfuß entschied sich, die Umzugskartons zu packen. Ihre Firma leitet sie nun von zu Hause aus. "Ich bin sehr enttäuscht", blickt sie ernüchtert auf die Monate im Gründerzentrum zurück. Nach Informationen unserer Redaktion ist mittlerweile ein weiterer Mieter ausgezogen.

Otterndorfs Stadtdirektor Frank Thielebeule schaut "mit einem weinenden und einem lachenden Auge" auf den Auszug. "Natürlich würden wir uns eine Kontinuität bei den Mietverhältnissen mit den Existenzgründern wünschen", sagt der Verwaltungschef. Wenn es aber nach sechs oder acht Monaten Starthilfe schon gelungen sei, den Weg in eine erfolgreiche Selbstständigkeit gut zu begleiten, seien die Ziele, die hinter dem Existenzgründungszentrum stehen, "vollständig erreicht".
Stadt Otterndorf ist Untermieterin der Volkshochschule
Dass den Mietern die Verträge erst Monate nach dem Einzug vorgelegt wurden, begründet Thielebeule mit den Vertragsberatungen mit der Volkshochschule des Landkreises Cuxhaven. Die Stadt Otterndorf ist am Fröbelweg Untermieterin der Volkshochschule und musste zunächst einen Untermietvertrag mit der VHS abschließen. Diese Vertragsausgestaltung habe sich bis Mitte August verzögert, so Thielebeule. Erst danach habe die Stadt den Existenzgründern einen Mietvertrag zur Unterzeichnung anbieten können.
Und zur Miethöhe: Der Stadtdirektor räumt ein, dass die Stadt zunächst von einem etwas günstigeren Wert für die Existenzgründer ausgegangen sei. "Durch die Vorausberechnung der Nebenkosten, die der Stadt Otterndorf im Rahmen des Vertrages mit der VHS des Landkreises Cuxhaven aufgezeigt wurden, ergeben sich jedoch auch für die Existenzgründer etwas höhere Kosten, die sich aus diesen erst nachträglich bekannt gewordenen Nebenkostenvorauszahlungen ergeben", erklärt Thielebeule. Diese erhöhten Vorauszahlungen wurden auf die Firmengründer umverteilt, "um mögliche spätere Nachzahlungen im Zuge der Nebenkostenabrechnungen zu vermeiden."
Stadt Otterndorf zuversichtlich bei Neuvermietung
Sorgen, dass die Räume des Start-up-Zentrums leer stehen, hat Frank Thielebeule nicht. Eine Neuvermietung sei möglicherweise schon zum Jahresende geplant, "sodass mithilfe der Stadt Otterndorf bereits einem weiteren Existenzgründer eine gute Perspektive für den Start in die Selbstständigkeit gegeben werden kann", erläutert der Stadtdirektor. Mit einem Wechsel der Mieter und Mieterinnen im Existenzgründungszentrum sei auch in Zukunft zu rechnen. Thielebeule freut sich, auch zukünftig "gute und innovative Geschäftsideen mit Unterstützung der Stadt Otterndorf im Existenzgründungszentrum förderlich begleiten zu können".