Schwer verletzt: Mehrere Schafe mussten nach dem Angriff auf dem Otterndorfer Landesschutzdeich erlöst werden. Foto: Fuchs
Schwer verletzt: Mehrere Schafe mussten nach dem Angriff auf dem Otterndorfer Landesschutzdeich erlöst werden. Foto: Fuchs
Anwohner beobachten den Angriff

"Neue Eskalationsstufe" in Otterndorf: Wolf reißt Schafe auf dem Landesschutzdeich

von Tamina Francke | 16.11.2025

Blutiger Angriff auf dem Landesschutzdeich in Otterndorf: Ein Wolf reißt sieben Schafe am hellichten Tag - vor den Augen von Anwohnern. Der betroffene Schafhalter Falk Fuchs fordert ein Umdenken im Umgang mit dem streng geschützten Beutegreifer.

Auf dem Landesschutzdeich in Otterndorf hat es am Freitagnachmittag (14. November 2025) einen weiteren Wolfsangriff gegeben - und nach Einschätzung der betroffenen Tierhalter in einer bislang nicht gekannten Heftigkeit. Der 28-jährige Schafhalter Falk Fuchs, der mehrere Flächen in der Region bewirtschaftet, spricht von einem "Schockmoment", der selbst ihn - nach mehreren früheren Rissen - an die Grenze der Belastbarkeit gebracht habe.

Live dabei, als der Wolf zuschlug

Der Vorfall ereignete sich am hellichten Tag, gegen Freitagnachmittag. "Ich habe es erfahren, als ein Anruf von einem Anwohner reinkam", berichtet Fuchs. Die Zeugen hätten den Angriff live beobachtet - der Wolf habe mitten auf der Weide zugeschlagen. "Als ich vor Ort war, fing es schon an zu dämmern." Für mehrere seiner Tiere kam jede Hilfe zu spät.

Ein Schaf lag tot auf der Fläche, eines wurde in einen Graben gejagt und ertrank. Fünf weitere Schafe waren so schwer verletzt, dass sie aus tierschutzrechtlichen Gründen später erlöst werden mussten. Insgesamt sieben Tiere verlor der Schafhalter an diesem Tag. "Wenn Tiere so schwer verletzt sind, dass man sie erlösen muss - mit offenen Schenkeln, abgezogener Haut - das nimmt einen mit."

Spuren des Angriffs: Eines der gerissenen Schafe auf der Deichfläche in Otterndorf. Foto: Fuchs

Es ist bereits das fünfte Mal, dass der 28-Jährige betroffen ist: zwei Risse im Jahr 2023, zwei weitere im Frühjahr 2025 - und nun der Angriff auf dem Landesschutzdeich.

"Wir sind immer die Buhmänner"

Fuchs hatte die Fläche wie gewohnt mit einem Elektrozaun gesichert. Die Schäden wurden bei der Versicherung und der Landwirtschaftskammer gemeldet. Auch Proben zur genetischen Untersuchung wurden entnommen.

Wütend macht ihn vor allem, wie sehr sich die Situation aus seiner Sicht zulasten der Tierhalter entwickelt hat. "Früher hat man Tiere eingezäunt, damit sie auf der Weide bleiben. Heute sollen wir horrend teure Zäune kaufen, um sie vor einem streng geschützten Wolf zu schützen - und das alles aus eigener Tasche. Egal was wir machen, wir sind die Buhmänner." Der junge Schafhalter wirkt frustriert: "Alle reden von Tierschutz. Wenn ein Tier zum Schlachter geht, wird es betäubt. Wenn aber ein Wolf ein Schaf lebendig zerfleischt, heißt es: 'Das ist Natur, das ist toll.‘ Das passt einfach nicht zusammen."

Der Wolf breitet sich weiter aus - und dringt inzwischen auch in deichnahe Bereiche vor. Foto: Julian Stratenschulte/dpa

Besonders brisant: Die betroffene Fläche liegt nur wenige hundert Meter seitlich des Ruderhauses am Kanal, in Richtung Belum - ein Bereich, der sonst auch von Spaziergängern und Radfahrern frequentiert wird.

Auch der benachbarte Landwirt Markus Mushardt hält den Angriff für ein Alarmzeichen: "Dass der Wolf Weidetiere gefährdet, ist ein alter Hut. Aber dass er jetzt direkt auf dem Landesschutzdeich angreift - in unmittelbarer Nähe zum städtischen Bereich - das ist eine neue Eskalationsstufe." Die Deiche seien keine normalen Weideflächen, betont er. "Darüber muss man reden. Dass der Wolf dort Tiere angreift, hatten wir so bisher nicht. Das betrifft nicht nur uns Landwirte."

Streit um den Umgang mit dem Wolf spitzt sich weiter zu

Der neue Riss fällt in eine ohnehin aufgeheizte Diskussion: Erst vor zwei Wochen waren in Wanna Schafe gerissen worden - wenige Stunden vor Ablauf einer Schnellabschussfrist. Für viele Tierhalter ist die Lage kaum noch tragbar.
Fuchs fordert deutliche politische Konsequenzen: "Der Wolf darf nicht weiter so streng geschützt werden."

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Tamina Francke

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