
Deutschlandweiter "Spitzenreiter": Feuerwehr Wanna ärgert sich über Notruf-Missbrauch
Schon mehrmals rückte die Freiwillige Feuerwehr Wanna zu Großeinsätzen aus, obwohl die Einsatzkräfte gar nicht gebraucht worden waren. Denn die Notruf-App "Nora" soll missbraucht worden sein. Warum sich die Situation jetzt bessern soll.
Als die Einsatzkräfte der Freiwilligen Feuerwehr Wanna kürzlich zu nächtlicher Stunde über ihren Funkmeldeempfänger einen Notruf erhielten, ahnten sie bereits, worauf sie sich einstellen können. Denn es war nicht das erste Mal, dass die Freiwillige Feuerwehr zu der angezeigten Adresse ausrücken musste.
Schon zwei Mal zuvor ging ein Alarm über die Notruf-App "Nora" ein, der die Einsatzkräfte zu einem vermeintlichen Gasaustritt alarmierte. Doch wie sich beide Male herausstelle, handelte es sich hierbei lediglich um Missbräuche des Notrufs. Beide Notrufe hatten einen Großeinsatz zur Folge, zu dem sogleich mehrere Wehren aus der Umgebung hinzugerufen wurden, erzählt Hendrik Baxmann, stellvertretender Ortsbrandmeister Wanna.
Auch beim dritten App-Notruf sei die Lage zunächst dieselbe gewesen. "Zu unserem Glück, saß eine Kameradin von uns auf der Leitstelle als Disponentin", schildert Baxmann. "Weil die Adresse bekannt war, regelte sie die Situation ein wenig runter, sodass der Notruf nur noch als Brandnachschau gekennzeichnet war." Falls die Situation wider erwarten doch ernster sein sollte, sei den Einsatzkräften gesagt worden, dass sie direkt Bescheid geben sollen. Doch dazu kam es nicht. Es handelte sich wieder einmal um einen falschen Alarm.
Einsatzmittel werden unnötig gebunden
Wieso falsche Notrufe niemals ein Spaß sind, erläutert der Ortsbrandmeister: "Auch bei einem Fake-Notruf werden Einsatzmittel gebunden. Dabei kann es sein, dass zeitgleich ein echter Einsatz stattfindet, aber wir sind dazu verpflichtet, beide Einsätze zu überprüfen. Wenn dann auch noch die Kameraden aus Hechthausen kommen müssen, die eine Anfahrt von 30 Kilometern haben, ist das nicht gerade zielführend." Auch in Frankfurt und Umgebung sowie in Bremen und Stade seien vereinzelt Fehlalarme festgestellt. "Aber wir sind deutschlandweit wohl momentan Spitzenreiter", sagt Baxmann.
Falsche Nora-Notrufe häufen sich
Patricia Schöttler, Sprecherin des Innenministeriums von Nordrhein-Westfalen, erläutert, dass die Einsatzleitstellen seit der Einführung des Notruf-App-Systems zwischen vier bis fünf Prozent der Notrufe als Verstöße gegen Nutzungsbedingungen markiert hätten. "Im Dezember 2022 stieg diese Quote auf über 30 Prozent an und lag im Februar 2023 noch bei über 15 Prozent, sodass sich die Verstoßquote im Gesamtzeitraum des laufenden Betriebs auf über acht Prozent verdoppelt hat."
Nach Angaben daraufhin eingeschalteter Ermittlungsbehörden hätten Auskunftsersuche ergeben, dass viele dieser Vorfälle in Verbindung mit sogenanntem "Swatting" stehen würden. Beim "Swatting" senden Unbekannte die Einsatzkräfte unter der Anonymität gezielt zu Personen des öffentlichen Lebens.
Maßnahmen werden getroffen
Den Zugang zur Notruf-App einzuschränken oder das System komplett abzuschalten, sei zwar möglich, aber nicht zielführend, schildert Patricia Schöttler. "Damit würde insbesondere den Menschen mit Hör- oder Sprachbehinderungen die Sicherheit, mobile Notrufe absetzen zu können, wieder genommen." Schließlich diene die Notruf-App für die Bereitstellung eines barrierefreien Notrufs in Deutschland - insbesondere für Menschen mit Behinderungen. "Es ist daher zwingend erforderlich, dass die Notruf-App niedrigschwellig verfügbar ist. Bei den Vorgaben zur Barrierefreiheit der EU steht der gleichwertige Zugang zum Notruf, wie beim Sprachnotruf, im Fokus", erklärt die Sprecherin.
Laut Schöttler arbeite man dennoch intensiv an der Verbesserung des Systems, um die Anzahl falscher Notrufe in Zukunft deutlich zu reduzieren: "Zunächst werden wir die Nutzung von 'unechten' Rufnummern weiter einschränken, um das Umgehen der SMS-Registrierung zu erschweren. Auffällige Apps und Rufnummern werden sofort gesperrt."