Cuxhaven: Brand in Altenwalder Kaserne - Staatsschutz übernimmt Ermittlungen
Cuxhaven-Altenwalde. Er graute der Morgen - und in den Altenwaldern keimten unwillkürlich die Gefühle auf: Sollte das, was da gerade in der Kaserne passierte, etwa etwas mit der zukünftigen Bestimmung als Flüchtlingsunterkunft zu tun haben?
Trotz brodelnder Gerüchteküche ist aber noch nicht einmal klar, dass es sich um Brandstiftung handelt - weder beim Großfeuer, das am Montagmorgen das frühere Unteroffiziersheim bis auf die Grundmauern niederlegte, noch bei dem brennenden Lkw kurz vor der Kasernenpforte am Abend zuvor. Von einer politischen Komponente oder einfach einem Zusammenhang zwischen beiden Feuern ganz zu schweigen. Dass aber selbst Polizeipräsident Johann Kühme sich am Morgen aus Oldenburg auf den Weg nach Altenwalde machte, um sich ein Bild von der Lage zu verschaffen, zeigt, dass sehr aufmerksam auf die dortigen Geschehnisse geblickt wird.
Polizei schließt einen politischen Hintergrund nicht aus
Sie ermittle in alle Richtungen, ließ die Polizeiinspektion Cuxhaven in einer ersten Stellungnahme am Vormittag verlauten. Eine vorsätzliche Brandlegung werde dabei "ausdrücklich nicht ausgeschlossen". Das Fachkommissariat für Staatsschutz habe die Ermittlungen übernommen, da vor dem Hintergrund der zu erwartenden Ertüchtigung von Gebäuden auf dem ehemaligen Kasernengelände ein politischer Hintergrund nicht auszuschließen sei, heißt es wörtlich. Die Ermittlungen zur konkreten Brandursache konnten erst beginnen, nachdem die Brandstelle betreten werden konnte. Zu hören war, dass dafür Drohnen und Spürhunde eingesetzt werden sollen.
Santjer: "Froh, dass keine Personen zu Schaden gekommen sind"
Oberbürgermeister Uwe Santjer, der die Arbeiten der Feuerwehr vom frühen Morgen an verfolgt hatte, ist zu allererst froh, dass keine Menschen zu Schaden gekommen sind und dass keine Feuerwehrleute das brennende Gebäude betreten mussten. In beeindruckendem Zusammenspiel seien die Einsatzkräfte aus Feuerwehr, Katastrophenschutz und Polizei sehr schnell handlungsfähig gewesen und hätten die Lage relativ schnell im Griff gehabt. Vor allem sei auch ein Übergreifen der Flammen auf das dichte Waldgebiet rund um das Gebäude verhindert worden. Als Santjer mittags nochmals zum Brandort kam, war das Gebäude bereits dem Boden gleichgemacht und mit einer Wärmebilddrohne wurden Glutnester aufgespürt.
Erst jetzt könne die Polizei auf Ursachensuche gehen, so Santjer, der angesichts der Ungewissheit vor allem zur Besonnenheit aufrief. Das tut auch Ortsbürgermeister Ingo Grahmann, der ebenso wie Uwe Santjer direkt nach der Benachrichtigung in die Kaserne fuhr. Er bekommt die Sorgen der Bürgerinnen und Bürger unmittelbar zu spüren. Wieder und wieder habe man ihm an diesem Vrmittags gesagt: "Das ist doch eine Warnung." Eine Warnung, es sich noch mal zu überlegen mit der Flüchtlingsunterbringung? Er kann und mag sich das nicht vorstellen. "Aber es gehen tausend Gedanken durch den Kopf."
Altenwalde gilt noch immer als Vorbild
Vorbildlich - getragen durch eine Welle der Hilfsbereitschaft aus der gesamten Stadt-Bevölkerung - hatte 2015/16 die Notunterkunft in Altenwalde funktioniert. Die damals gegründete Flüchtlingsinitiative "Offenes Herz Altenwalde" steht heute als Inbegriff für Hilfe und Toleranz. Nun steht die Reaktivierung der damals genutzten Gebäude bevor. Das Land und der Landkreis wollen sich den Betrieb teilen. Gerade am Sonnabend hatten unsere Zeitungen und Kanäle berichtet, dass die Inbetriebnahme in den Sommer 2023 verschoben werden sollte. Der Landkreis verzichtete am Montag angesichts fehlender vorliegender Fakten auf eine Stellungnahme.
Denn nichts ist derzeit klar - außer der Portion Wehmut, die sich in der Bevölkerung und unter Ehemaligen breit macht: Es gibt nur wenige im Ort, die zu aktiven Zeiten nicht einmal in der Messe der UHG (Unteroffiziersheim-Gesellschaft) gefeiert hätten. Silberhochzeiten, Hochzeiten, Jubiläen, Grünkohlessen - Qualität und Stimmung waren legendär. Ingo Grahmann, der Mitglied der UHG war, erinnert sich auch noch lebendig an die DLRG-Bälle oder an gemütliche Runden nach Sportturnieren in den öffentlich zugänglichen Kasernen-Sporthallen. Das alles soll längst passé geesen sein, nachdem wie in der gesamten Kaserne alle Ver- und Entsorgungsleitungen gekappt wurden.
Sicherheitsvorkehrungen müssten erhöht werden
Keine Fantasie ist auch, dass der Zaun um das Gelände so löchrig wie ein Schweizer Käse ist. Altenwalder und alle, die mit und ohne Hund dort gerne spazierengehen, berichten von riesigen Löchern und niedergetretenen Zäunen. Nach dem Abzug der letzten Bundeswehrkräfte im November 2014 ist das Kasernengelände unter der Regie der BImA (Bundesanstalt für Immobilienaufgaben) zweimal sich selbst überlassen worden und soll dabei reichlich ungebetene Besucher angelockt haben, die entweder nur abenteuerlustig waren oder es auf Diebesgut abgesehen hatten. Für Oberbürgermeister Uwe Santjer liegt die erste Konsequenz auf der Hand: "Für mich ist es unabdingbar, jetzt wieder einen Sicherheitsservice zu beantragen - und das fordere ich auch."