
Angeklagter aus Cuxhaven glaubte an Verschwörungen und zündete sein Opfer an
Ein Mann aus Cuxhaven steht in Stade wegen versuchten Mordes vor Gericht. Er soll sein Opfer mit Benzin übergossen und angezündet haben. Zeugen berichten von schweren Verletzungen - und einem beißenden Geruch nach Benzin und verbranntem Fleisch.
Ein 37-Jähriger ist vor dem Landgericht Stade des versuchten Mordes und der gefährlichen Körperverletzung angeklagt. Er soll in Altenwalde einem Mann aufgelauert, ihn mit Benzin übergossen und angezündet haben. Der Prozessauftakt hatte am 4. März 2025 stattgefunden, wie wir berichteten.
Augenzeugen berichten von dramatischen Szenen in Altenwalde
Am zweiten Verhandlungstag (3. April) kamen vier Zeugen zu Wort, die ihre Sicht auf den Tag der Tat schilderten. Drei von ihnen waren mit dem Auto unterwegs gewesen und durch Altenwalde gefahren, als sie am Straßenrand zwei Männer bemerkten. Kurz darauf sei eine Flamme zu sehen gewesen. Eine der Zeuginnen schilderte, dass sie zuerst noch an eine Feuershow auf einer Feier geglaubt habe, bis sie realisierte, dass einer der beiden Männer weglief. Sofort hatten alle Augenzeugen angehalten und Erste Hilfe geleistet. Die Zeugin hatte den Krankenwagen und die Polizei informiert. Sie habe direkt neben dem Opfer gestanden. "Es roch stark nach Benzin und verbranntem Fleisch", schilderte die Zeugin.
Lautsprecher, Beamer und Leinwand waren am dritten Verhandlungstag (4. April) bereits im Gerichtssaal aufgebaut. Neben einer weiteren Zeugin sollten auch Lichtbilder und Videoaufnahmen des Tattages gezeigt werden. Bei der Zeugin handelte es sich um die Ärztin, die über einen kurzen Zeitraum eine Beziehung zu dem Angeklagten gehabt hatte. Sie hatte ihn bereits Anfang 2023 kennengelernt. Viele ihrer Patienten kämen aus der Ukraine, schilderte die Zeugin, und würden mit Kriegsverletzungen zu ihr kommen, da sie Soldaten waren.
Der Angeklagte war schon mehrmals operiert worden und sie hatte Mitleid mit ihm gehabt. "Er war nett. Er kaufte Blumen für die anderen Angestellten und mich oder brachte uns Kaffee", führte die Zeugin aus. Ihre Kinder waren von Anfang an skeptisch gewesen, als sich eine Beziehung zwischen den beiden anbahnte. Dann hatte er angefangen, sich immer kritischer über Ärzte zu äußern. Er glaubte, man habe ihn nicht richtig behandelt.

Zeugin schildert wachsenden Wahn und bedrohliches Verhalten
Das Thema ging der Zeugin sichtlich nahe. Auch ihre Eltern hatten im Ukraine-Krieg ihr Haus verloren, erläuterte sie. Als der Angeklagte plötzlich anfing zu behaupten, dass sie und ihre Eltern russische Agenten seien, zog sie einen Schlussstrich. Seine Drohungen, dass er jeden Mann töten würde, der sich ihr nähere, nahm sie jedoch nicht ernst.
Der Angeklagte habe schließlich angefangen, ihr aufzulauern. Er saß plötzlich auf der Schaukel in ihrem Garten, den sie von ihrem Schlafzimmer aus sehen konnte, oder er versperrte ihr den Weg zur Arbeit. Auch mit einem ihrer Patienten war es zu einem Vorfall gekommen. Dieser hatte den Verdacht geäußert, dass der Angeklagte sein Auto angezündet habe.
Eine weitere Zeugin erläuterte ebenso in ihrer Aussage, wie die Verschwörungstheorien des Angeklagten immer abstruser geworden seien. "Ich dachte, er ist verrückt, aber harmlos", erklärte sie. Dann sei das Verhalten des Angeklagten immer aggressiver geworden und er habe in jedem Menschen einen Feind gesehen.

Bodycam-Aufnahmen zeigen Festnahme am Einkaufsmarkt
Im weiteren Verlauf des Verhandlungstages wurden Fotos des Tatortes und auch des Opfers gezeigt. Die Bodycam der Polizisten zeigte, wie der Angeklagte sich am Abend nach der Tat verschanzt hatte. Er hatte sich bei den Einkaufswagen eines Discounters in der Brockeswalder Chaussee, etwa fünf Kilometer vom Tatort entfernt, versteckt und war schließlich auch gewaltsam eingebrochen, um der Situation zu entkommen. Die Polizei hatte den Einkaufsmarkt aber bereits umstellt, sodass ihm die Flucht nicht gelang.
Rechtsmedizinerin beschreibt Ausmaß der schweren Verbrennungen
Eine Fachärztin der Rechtsmedizin erläuterte am Ende des dritten Verhandlungstages schließlich, welche Verbrennungen das Opfer erlitten hatte. Mit Fotografien verdeutlichte sie das Ausmaß der Verbrennungen. Durch die direkte Flammeneinwirkung waren seine Augenbrauen und Wimpern versengt. Seine Augenwinkel, Haare, die Nasenspitze und Oberlippe waren verbrannt, ebenso wie seine Ohren, die Wange und sein Hals bis zum Brustbein. Dies seien lebensgefährliche Verletzungen gewesen, erläuterte sie. Der Verbrennungsgrad war dabei von ihr als mittelschwer eingestuft worden. Selbst der Verbandswechsel bei Verbrennungen zweiten Grades sei so schmerzhaft, dass dieser nur mit einer starken Medikation oder sogar einer Kurznarkose zu ertragen sei, führte sie weiter aus. Das Opfer habe Glück gehabt, dass sich die Wunden nicht entzündet hätten und keine Hauttransplantation nötig gewesen sei.
Die Staatsanwaltschaft will nun der Frage nachgehen, ob hier das Mordmerkmal der Grausamkeit gegeben ist.