Das künftige Baugebiet „Schule am Meer“ in Döse: Hier entsteht die neue Schule des Landkreises – samt umstrittener Querspange und möglicher Nahversorgerfläche. Foto: Reese-Winne
Das künftige Baugebiet „Schule am Meer“ in Döse: Hier entsteht die neue Schule des Landkreises – samt umstrittener Querspange und möglicher Nahversorgerfläche. Foto: Reese-Winne
Kontroverse im Rat der Stadt

Entscheidung gefallen: Cuxhavens "Schule am Meer" spaltet trotz Beschluss die Gemüter

von Jens Potschka | 30.09.2025

Ein Neubau, der polarisiert: Während die einen in der neuen "Schule am Meer" einen Fortschritt sehen, warnen andere vor den Folgen des Straßenprojekts. Der politische Schlagabtausch zeigt, wie schwer es ist, alle Interessen zu vereinen.

Es war ein Abend, an dem es hoch herging im Cuxhavener Rathaus. Unter Tagesordnungspunkt 30 stand die 146. Änderung des Flächennutzungsplans auf der Agenda - Grundlage für den Neubau der "Schule am Meer" in Döse. Dass die Schule dringend gebraucht wird, stellte niemand infrage. Doch kaum fiel das Stichwort "Straßenneubau" oder "Nahversorger", prallten die Argumente aufeinander.

Der Beschluss, der nach intensiv geführter Debatte mit klarer Mehrheit gefasst wurde, macht nicht nur den Weg frei für das pädagogische Vorzeigeprojekt des Landkreises. Er öffnet zugleich die Tür für eine Querspange zwischen Strichweg und Bäderring - eine Verbindung, die den Verkehr entzerren soll. Und er hält die Option offen, auf freibleibenden Flächen eines Tages einen Nahversorger anzusiedeln.

Schule ja - Straße nein?

Für viele Ratsmitglieder war das ein pragmatischer Schritt. Für andere eine unnötige Koppelung von Dingen, die getrennt gehören.

"Es ist unstrittig, dass die Schule gebaut werden muss, und zwar so schnell wie möglich", betonte Norbert Welker von den Grünen. "Es ist aber höchst strittig, ob man den Schulneubau mit weiteren Projekten verquicken darf. Alte Baumbestände zu beseitigen und zusätzliche Flächen zu versiegeln - das verbietet sich in Zeiten der Klimakrise."

Wenige Minuten später widersprach SPD-Mann Michael Stobbe vehement: "Diese Straße ist wichtig. Sie ist wichtig, um den Strichweg zu beruhigen. Ohne diese Querspange kriegen wir es nicht hin. Und denken Sie bitte an die Menschen vor Ort, die jetzt im Verkehrslärm leben."

Auch CDU-Ratsherr Enak Ferlemann stellte sich klar hinter die Planungen. "Die Döser Bürger wollen einen Nahversorger, und sie wollen die Straße. Das ist keine Erfindung, das ist gelebte Realität. Wir haben jahrelang diskutiert - jetzt brauchen wir endlich eine Entscheidung."

Grüne warnen vor mehr Verkehr

Ganz anders klang es bei den Grünen. Ratsherr Thorsten Larschow warnte: "Straßen erzeugen Verkehr, das ist unumstößlich. Wir bauen hier eine Straße, die vielleicht gar nicht uneingeschränkt genutzt werden darf, weil sie direkt an einer Schule für Menschen mit Behinderung vorbeiführt."

Zwischen diesen Polen versuchte Rüdiger Kurmann von den Cuxhavenern, einen Mittelweg zu finden. "Wir alle wollen diese Schule. Und wir alle wissen, dass der Landkreis sie bauen wird. Aber warum diese Straße jetzt, in dieser Form, so hineingedrückt werden musste, bleibt fraglich." Er enthielt sich am Ende der Stimme - wie drei weitere Ratsmitglieder.

Das Votum fiel schließlich eindeutig aus: Eine breite Mehrheit stimmte dem Plan zu. Drei Gegenstimmen, vier Enthaltungen - mehr nicht. Damit ist der Weg frei für den Bebauungsplan Nr. 229 "Schule am Meer".

Die Unterlagen sind klar: Rund 36.650 Quadratmeter stehen bereit. Das Wettbewerbsverfahren für das Schulgebäude läuft über den Landkreis. Welche Dimensionen der Bau am Ende haben wird, ist noch offen. Fest steht: Ein Umweltgutachten schreibt eine Regenrückhaltung vor, ein Schallschutzgutachten eine 2,5 Meter hohe Lärmschutzwand zur Nachbarschaft. 

Klimafolgen bleiben ein Makel

Auch die Schattenseiten der Entscheidung wurden nicht verschwiegen. Die Planer selbst räumen ein: Das Vorhaben ist "klimarelevant - negativ". Versiegelte Flächen, möglicherweise gerodete Bäume, verbrauchte Ressourcen. "Doch es werden ausreichende Kompensationen geschaffen", heißt es in der Begründung.

Die Debatte machte einmal mehr sichtbar, wie schwer es der Politik fällt, Gemeinwohl, Klimaschutz und Alltagsbedürfnisse der Bürger unter einen Hut zu bringen. Während die einen vor Hitzeopfern, Extremwetter und steigenden Pegeln warnten, verwiesen die anderen auf Senioren ohne Auto, Anwohner im Stau und die Kinder, die endlich eine moderne Schule verdienen.

"Wir dürfen uns nicht in Ideologie verstricken", mahnte SPD-Mann Stobbe. "Wir müssen an die Menschen denken." AfD-Ratsherr Anton Grunert sekundierte: "Die Querspange ist keine Bedrohung, sondern eine Ergänzung. Ohne sie bleibt die Schule im Verkehrschaos stecken."

Die Abstimmung am Ende war eindeutig - der Streit aber bleibt. Für die einen ist es ein großer Wurf, für die anderen ein Fehler mit Ansage. Und doch wird die "Schule am Meer" bald Gestalt annehmen: als Prestigeprojekt des Landkreises, als Lernort für kommende Generationen - und als Symbol dafür, wie sehr sich Politik auch im Kleinen um das große Ganze streiten kann.

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

jpotschka@no-spamcuxonline.de

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