
Forderung: "Legt die Martinsklause flach!" - so steht um den Cuxhavener "Schandfleck"
Am Rand des frisch sanierten Cuxhavener Viertels Lehfeld steht ein Relikt der Vergangenheit: die verfallene Martinsklause. Während das Viertel erstrahlt, bleibt das Gebäude ein Symbol des Verfalls - und sorgt für Spannungen in der Stadtentwicklung.
Das Sanierungsgebiet Lehfeld ist fertig. Fast. Denn am Eingang des großen Wohnquartiers steht ein Schandfleck, der alles Schöne überstrahlt: die verfallene "Martinsklause".
Ein Quartier im neuen Glanz - mit Makel
Am 15. September stimmte der städtische Ausschuss für Stadtentwicklung, Mobilität, Bau und Demografie der Aufhebung der Sanierungssatzung für das Lehfeld zu. Ein Beschluss, der eigentlich nur Formsache war. Doch der Vorsitzende Enak Ferlemann (CDU) nutzte die Gelegenheit für eine Klarstellung: "Das Lehfeld ist fertiggestellt - bis auf die eine zentrale Ecke, Sie alle wissen, welche ich meine!"

Gemeint war das baufällige Gebäude an der Grodener Chaussee. Die "Martinsklause", einst ein beliebter Treffpunkt für Kegelfreunde, Vereine und auch die Cuxhavener SPD, ist heute ein Symbol des Verfalls. Während im Lehfeld neue Straßen und Häuser entstanden, blättert an der Martinsklause der Putz, die Terrasse hängt schief, es wuchert Unkraut.

Ferlemann machte keinen Hehl aus seiner Haltung: "Wir haben ja noch ein bisschen Geld über. Da können Sie das ganze Ding doch einfach flachlegen!" Damit griff er den wunden Punkt auf, den viele Anwohner seit Jahren beklagen. Der Ausschussvorsitzende nannte das Haus den "Schandfleck" am Eingang des Lehfelds - und forderte die Verwaltung zum Handeln auf.

Doch Stadtbaurat Andreas Eickmann dämpfte die Erwartungen. Zwar prüfe man Möglichkeiten, über das Instrument "städtebaulicher Missstand" einen Abriss durchzusetzen. Doch rechtlich sei das schwierig, zumal die Sanierungssatzung Ende 2025 ausläuft: "Mit diesen Mitteln werden wir nicht mehr hinkommen. Der Zustand war im Rahmenplan von 2019 nicht so erfasst."
Abriss könnte über 80.000 Euro kosten
Die Kostenfrage kam ebenfalls zur Sprache. Auf Nachfrage schätzte Eickmann den Aufwand: "Ein Abriss vergleichbarer Gebäude lag vor einigen Jahren im Landkreis Cuxhaven bei rund 80.000 Euro, einschließlich Entsorgung."

Ferlemann drängte dennoch: "Wir sind ja auch bereit, dem Eigentümer das Grundstück abzukaufen. Aber wenn das so bleibt, wird die schöne Sanierungsmaßnahme verpfuscht durch dieses verfallene Objekt." Für ihn ist klar: Die juristischen Kniffe müssen gefunden werden. "Lasst euch mal etwas einfallen."
Ein Schmuckstück - mit Stachel im Eingang
Tatsächlich gilt das Lehfeld heute als Erfolgsmodell der Städtebauförderung. Millionen Euro wurden seit 2007 in Straßen, Plätze, Wohnumfeld und Gebäude gesteckt. Neue Wohnhäuser sind geplant, die Ditmar-Koel-Straße wurde aufwendig saniert. Wer heute durch das Viertel spaziert, findet ein modernes Wohngebiet, in dem Kinder spielen und Nachbarn draußen schnacken. Doch direkt am Eingang wirkt das Quartier, als hätte man mitten in ein Schmuckstück einen rostigen Nagel geschlagen.

Die Martinsklause, einst im Schweizer Stil erbaut, steht da wie ein Mahnmal. Fenster sind blind vor Dreck, Mauersteine liegen lose am Boden, die Fassade ist aufgeplatzt. Spaziergänger sprechen von "Ghetto-Atmosphäre" - und für viele Bewohner ist das Haus schlicht eine Schande.

Vom Treffpunkt zum Problemfall
Die Geschichte des Gebäudes verstärkt den Kontrast. Jahrzehntelang war die Martinsklause Herzstück des Viertels. Hier traf man sich zum Kegeln, feierte Hochzeiten und politisierte in Vereinsrunden. Wer aus Ritzebüttel oder Groden kam, ging gern auf ein Bier in die Gaststube. Doch der Niedergang war schleichend. Erst schloss die Gastronomie, dann zerfiel die Kegelbahn. Heute ist die Nutzung nur noch als "Lager" genehmigt - ein offizielles Schreiben von 2019 hängt noch immer im Fenster.

Seit Jahren verfolgt die Stadt die Entwicklung mit Skepsis. Erst kürzlich musste der Anbau aus Sicherheitsgründen abgerissen werden. Der Eigentümer kam einer städtischen Verfügung nach, das akut einsturzgefährdete Bauteil zu beseitigen. Doch das Hauptgebäude blieb - und mit ihm der Eindruck, dass hier jeder Sanierungsfortschritt am Lehfeld ins Leere läuft.

Ein Ende mit offenem Ausgang
Bis Ende 2025 läuft die Sanierungssatzung noch. Danach fällt auch dieser Rahmen weg. Ob die Stadt vorher noch handelt, bleibt offen. Stadtbaurat Eickmann kündigte an: "Wir prüfen, ob wir über städtebauliche Missstände tätig werden können." Doch selbst er musste einräumen, dass die Zeit knapp wird.

Für Ferlemann und den Ausschuss bleibt die Martinsklause jedenfalls ein Prüfstein. "So wie sich das Gebäude jetzt darstellt, kann es einfach nicht bleiben!", sagte er am Ende der Diskussion. Das Votum zur Aufhebung der Satzung fiel anschließend einstimmig aus - doch der eigentliche Streit um die Martinsklause fängt damit gerade erst an.
Die Kontaktaufnahme zum Eigentümer der Immobilie gelang der Redaktion trotz mehrmaliger telefonischer Versuche am Dienstag (16. September 2025) nicht.