Es geht um 281 Wohnungen in Cuxhaven: Was K1 Holding jetzt mit dem Bestand vorhat
Die K1 Holding aus Mannheim hat im Cuxhavener Stadtteil Süderwisch 281 Wohnungen der insolventen Alpha Real Estate gekauft. Seither gibt es Spekulationen über die Zukunft. Wir haben mit der Geschäftsführung gesprochen und Antworten erhalten.
Kurz vor Weihnachten 2024 wurde bekannt, dass die K1 Holding aus Mannheim 281 Wohnungen der insolventen Alpha Real Estate in Süderwisch gekauft hat. Seither wabert die Gerüchteküche. Was hat das Unternehmen mit dem Bestand vor, dem es den Namen "Kapitänsviertel" gegeben hat? Redakteurin Maren Reese-Winne hat hierüber mit Geschäftsführer Jochen Müller, Projektleiterin Svenja Neumann und Fabian Savu von der Hausverwaltung Tuchscherer & Savu in Cuxhaven gesprochen.

Was hat Sie bewogen, den Bestand in Cuxhaven zu erwerben und welche Entwicklungsperspektiven schweben Ihnen vor?
Müller: Die Stadt Cuxhaven mit ihrer Lage an der Nordsee ist ein interessanter Standort mit Potenzial. Wir sehen Zukunft in der Stadt. Da tut sich noch einiges, was Arbeitsplätze und Wohnungen angeht.
Waren Sie vorab über den Zustand informiert?
Müller: Ja, wir kannten den Zustand und hatten mehrere Gutachter vor Ort. Frau Neumann und unser Bauleiter, der 30 Jahre Erfahrung hat, waren auch dort. Daher wissen wir, dass insbesondere die Zustände im Hochhaus John-Brinckman-Weg 5 problematisch sind und dass das keine einfache Immobilie ist; sie wurde innerhalb der letzten acht Jahre - wahrscheinlich als reines Spekulationsobjekt - heruntergewirtschaftet und vernachlässigt. Das war vor Corona und vor der Zinswende, als es noch Kredite zu sehr günstigen Konditionen gab. 2022 hat sich der Markt gedreht. Unsere Strategie ist anders; darauf ausgelegt, die Immobilie zum Teil zu halten und ihre Entwicklungschancen zu prüfen. Momentan ist unser Ziel, die Wohnungen bewohnbar zu machen und aktives Forderungsmanagement zu betreiben, um die vertraglich vereinbarten Mieten einnehmen zu können. Uns ist bekannt, dass Mietparteien aktiv Mietminderungen betreiben, diese gilt es nun zu identifizieren und auf Plausibilität zu prüfen. Wir haben beim Aufbuchen der Mieten festgestellt, dass manche Mieter gar keine Miete zahlen, andere wiederum einen erheblichen Teil einbehalten. Dieser Sachverhalt muss sich selbstverständlich ändern. Zum anderen haben wir kein Interesse daran, dass da ein Hochhaus steht, in dem viele Wohnungen sich in einem nicht bewohnbaren Zustand befinden. Gut 15 Wohneinheiten stehen davon schon leer und können im aktuellen Zustand nicht neu vermietet werden.
Ist es zutreffend, dass es in der Anlage zum Schluss zunehmend unkontrollierte Um-, Zu- und Auszüge gegeben hat?
Neumann: Aufgrund der Tatsache, dass die alte Verwaltungsgesellschaft Insolvenz anmelden musste, war schlichtweg kein Personal mehr anwesend, um als Ansprechpartner für die Mieter in Cuxhaven zu fungieren. Und so sind zwischenzeitlich Leute verstorben, aus- oder umgezogen, was seitens der früheren Verwaltungsgesellschaft nicht mehr in der überlassenen Mieterliste vermerkt werden konnte. In den vergangenen Monaten haben wir zusammen mit unserer Hausverwaltung Tuchscherer & Savu die Themen aufgearbeitet und eine verlässliche Mieterliste erstellt. Seit der Übernahme gibt es keine unkontrollierten Aus-, Um- und Zuzüge mehr.

Wie werden Sie bei der Sanierung und Instandsetzung vorgehen?
Müller: Um planen und Angebote einholen zu können, müssten Firmen sich das überhaupt mal anschauen können. Vor dem Hintergrund sollten im Hochhaus kürzlich 360-Grad-Aufnahmen gemacht werden. Leider sind wir in viele Wohnungen nicht hineingekommen. Die Aufnahmen - aussagekräftiger als Fotos - sollten dazu dienen, Maße der defekten und feuchten Wände, Flächen und Rohre zu gewinnen, damit wir wissen, was auf uns zukommt. Wir wollten uns eigentlich nur kümmern. Natürlich haben wir als neue Eigentümer auch ein wirtschaftliches Interesse. Aber um mehr Einnahmen zu generieren, muss sich der Zustand der Wohnungen verbessern. Die sind so nicht zu vermieten.
Wird das Hochhaus während der Sanierungsarbeiten bewohnbar bleiben?
Müller: Das ist grundsätzlich möglich, wenn auch schwieriger und für die Menschen mit Einschränkungen verbunden. Wir müssen die Stränge für Abwasser und Frischwasser sowie die Regenfallrohre erneuern, damit die ständige Feuchtigkeit aus dem Haus kommt. Wir ergründen gerade Wege, mit denen die Mieter möglichst wenig eingeschränkt werden. Eine davon ist die Möglichkeit, neben die alten Schächte neue zu setzen und dort neue Leitungen zu legen. Entscheidend ist, was technisch möglich ist. Zur Abstimmung der Vorgehensweise war übrigens auch der Ortstermin gedacht.
Stellt die Sanierung eines Hochhauses eine größere Herausforderung dar?
Müller: Ein Hochhaus ist nicht schwerer zu sanieren als andere Häuser, es ist nur hier in Cuxhaven am stärksten betroffen. Die anderen Gebäude weisen zwar auch Mängel auf, beispielsweise viele undichte Fenster, Balkone und Leitungen, aber eine vergleichbare Situation haben wir dort nicht.
Rechnet sich die Sanierung wirtschaftlich oder könnte es sogar zu einem Abriss kommen?
Müller: Nach einer Erstschätzung unseres Bauleiters glauben wir, dass sich eine Sanierung rentieren kann, weil dann die leerstehenden Wohnungen wieder vermietet werden können. Viele Parteien haben außerdem - oft berechtigt - aufgrund der Mängel ihre Mieten gemindert. Allein das ist schon ausreichend als Motivation für unsere Sanierungsplanung.
Gibt es dafür einen Zeitplan?
Müller: Die Vorbereitungen inklusive der Schadensaufnahme, der Einholung von Angeboten und der Beauftragung von Firmen werden noch mindestens drei Monate beanspruchen, bevor dort etwas beginnen kann. Vorher ist es ebenfalls nötig, die Mieter zu informieren und ihnen gegebenenfalls Umzüge in eine andere Wohnung der Anlage zu ermöglichen.
Wie viele Wohnungen sind bereits saniert worden?
Neumann: Wir haben zwischenzeitlich sechs Wohnungen komplett fertigstellen können und vier weitere Wohneinheiten werden gerade renoviert.
Gehören eigentlich noch alle 281 Wohnungen zum Bestand und wie viele stehen zurzeit leer?
Neumann: Grundsätzlich sind keine Wohnungen verkauft worden, denn dazu hätte es ohnehin einer Teilungserklärung gemäß den Vorgaben des Wohnungseigentumsgesetzes bedurft. Aufgrund der Gebietsbestimmung zu einem angespannten Wohnungsmarkt müsste hier zusätzlich die Genehmigung der Stadt Cuxhaven eingeholt werden. Das Einholen einer solchen Genehmigung ist nicht erfolgt. Alle 281 Wohnungen befinden sich noch in unserem Bestand, 56 davon stehen leer, die peu à peu renoviert oder saniert und dann neu vermietet werden sollen.
Wie groß ist die Nachfrage und an wen sind Anfragen zu richten?
Neumann: Die ersten renovierten und sanierten Wohnungen haben wir von Mannheim aus selbst inseriert, weil die Hausverwaltung zunächst vollauf mit anderen Aufgaben beschäftigt war. Wir haben damit eine erhebliche Nachfrage ausgelöst und sind binnen weniger Tage zum Abschluss zweier Mietverträge gekommen. Darüber hinaus gab es auch unabhängige Anfragen. Es können jedoch nur Anfragen bearbeitet werden, die auf unsere Online-Inserate bezogen sind. Ebenso werden wir keine unrenovierten Wohnungen neu vermieten. Savu: Auch bei uns stehen viele Interessenten vor der Tür, um ihre Kontaktdaten zu hinterlassen und informiert zu werden, wenn wir die Wohnungen inserieren.
Seit einigen Monaten wird auf der Homepage von Yildirim Immobilien in Cuxhaven und in Online-Immobilienportalen ein Wohnblock zum Kauf angeboten. Stehen noch andere Wohnungen zum Verkauf?
Müller: Ziel war hier, sich hier einen Überblick über die Chancen am Markt zu verschaffen: Wie ist das Interesse, was ist machbar? Momentan fehlt jedoch die rechtliche Grundlage für einen Verkauf.
Trifft das Gerücht zu, dass bereits große Teile der Anlage verkauft sind und zwar an Käufer aus dem Ausland/der Türkei?
Müller: Das ist absolut nicht der Fall, weil ein Verkauf unter den derzeitigen Bedingungen wie gesagt überhaupt nicht möglich ist. Wie dieses Gerücht entstanden ist, weiß ich nicht, möglicherweise, weil Herr Yildirim einen Migrationshintergrund hat. Mittel- und langfristig wollen wir eine Teilung unter den oben genannten gesetzlichen Auflagen, Zustimmungspflichten der Stadt etc. nicht komplett ausschließen.
Mieter klagen über sehr schleppend erfolgende Unterhaltungsarbeiten und Reparaturen und berichten außerdem über sicherheitsrelevante Schäden in Wohnungen und Gemeinschaftsbereichen: Wackelige Treppenanlagen, zugewucherte Wege, verrottete Leitungen, feuchte Keller, Schimmel-Wände, mutmaßlich nicht mehr zugelassene Schaltschränke. Worauf führen Sie die Verzögerungen zurück? Wann ist mit der Reparatur dieser Schäden zu rechnen?
Savu: Wichtig ist, dass wir für die Leute erreichbar sind und diese wissen, dass jemand da ist, der sich kümmert. Wir haben in unserem Begrüßungsschreiben direkt ein Formular für Schadensmeldungen mitgeschickt. 80 sind an uns zurückgekommen. Diese Punkte wurden von uns bearbeitet. Viele konnten zusammen mit dem Hausmeister schnell umgesetzt werden. Für die größeren Anliegen haben wir einen Partner, der die Einschätzung vornimmt und in einem Ampelsystem mitteilt, welche Arbeiten zuerst durchgeführt werden sollten. Mein Eindruck ist, dass viel Unsicherheit herrscht. Die Mieter wurden in der Vergangenheit nicht gut behandelt. Sie müssen wissen, wie es weitergeht. Wir müssen Sicherheit vermitteln und erreichbar sein. Müller: Auch für die Außenanlagen gilt, dass das Hochhaus Priorität hat. Auch ich habe Fotos von defekten Rampen, unter Wasser stehenden Kellern, verrotteten Laubengängen und Balkonen gesehen. Wir sind gerade dabei, uns Firmen hierfür an Bord zu holen.
Wie kommunizieren Sie mit den Mietern? Wollen Sie eine Mieterversammlung durchführen?
Savu: Unser Vorteil ist, dass wir in Cuxhaven sind. Unsere Verwaltung sitzt im Strichweg, wir sind erreichbar, sind oft in der Anlage und halten engen Kontakt zu den Mietern. Über die Durchführung einer Mieterversammlung ist noch nicht entschieden.
Konnte inzwischen der Stau bei den Nebenkostenabrechnungen und Mietkautionen aufgelöst werden?
Neumann: Uns wurden Unterlagen seitens der Voreigentümergesellschaft übergeben, allerdings sind diese nicht ganz vollständig. Unsere Hausverwaltung befindet sich gerade dabei, die Belege aus dem Wirtschaftsjahr 2024 zu sichten, weil wir vorhaben, fristgerecht, also zum Jahresende 2025, eine Betriebskostenabrechnung für das Jahr 2024 zu erstellen. Dafür müssen jedoch auch alle Belege vorhanden sein. Die letzte Abrechnung für diese Liegenschaft wurde meiner Kenntnis nach im Jahr 2020 oder 21 erstellt. Für Wirtschaftsjahre, in denen uns Belege fehlen, können wir keine Betriebskostenabrechnung erstellen. Eine Liste über hinterlegte Mietkautionen ist uns übergeben worden. Zu beachten ist, dass Kautionen unter anderem dazu dienen, Ansprüche aus Mietrückständen auszugleichen. Das gilt jedoch nicht für Mieten, die aufgrund von Schäden gemindert worden sind. Müller: Wir haben ein sehr großes Interesse an den Nebenkostenabrechnungen, allein schon, weil wir erfahren wollen, ob die eingehenden Betriebskosten mit den aktuellen Verbrauchswerten übereinstimmen. Gutschriften dürften nicht zu erwarten sein, wenn die gezahlten Beträge noch auf dem Stand von 2019 sind. Seither haben sich allein die Strom- und Gaspreise erheblich erhöht.

Was wünschen Sie sich für das Viertel?
Müller: Wir haben der Anlage den Namen "Kapitänsviertel" gegeben, weil das zur Nordseeküste passt und die Historie der Hafenstadt aufgreift. Ich denke, dass momentan das Image viel schlechter ist als die Realität, auch aufgrund einiger Extremfälle in der Presse. Wir wollen das Bild des Viertels verbessern, natürlich nicht nur das Image, sondern auch die Substanz aufwerten. Wir wünschen uns, dass das Viertel nicht als Problem wahrgenommen wird, sondern als Gegend mit guten Wohnverhältnissen und zentraler Lage. Das wird natürlich nicht allein durch ein neues Motto entstehen. Wir haben außerdem absolut keine Intention, uns mit den Mietern anzulegen. Wir wollen lieber Wohnungen instand setzen, den Leerstand beheben und erreichen, dass die Mieten gezahlt werden. Alles andere wäre abenteuerlich. Dass von den Bestandsmietern irgendwelche fantastischen Mieten aufgerufen werden, halte ich nicht für zielführend.
Was soll mit den drei zur Anlage gehörenden Gewerbeeinheiten geschehen?
Neumann: Die Mietverträge mit der Bäckerei Kraßmann und der Kabel Deutschland laufen noch, die dritte Einheit steht leer. Gerade sind wir dabei, den Sanierungsbedarf festzustellen, um das Objekt anschließend mit einem aussagekräftigen Exposé am Markt anzubieten.
Ich danke Ihnen für das Gespräch.
