
Nach Messer-Attacke vor Cuxhavener Disco: Angeklagte müssen nicht ins Gefängnis
Zwei Bremerhavener Brüder mussten sich seit April vor dem Landgericht Stade wegen versuchten Totschlags verantworten. Sie sollen zwei Bremerhavener mit dem Messer auf einem Disco-Parkplatz verletzt haben. Nun wurde das Urteil verkündet.
Ein großes Aufatmen war im Schwurgerichtssaal des Landgerichts Stade zu spüren, als die 3. Große Strafkammer das Urteil sprach. Zwei Jahre auf Bewährung für den einen, ein Jahr und neun Monate auf Bewährung für den anderen Angeklagten. Bei ihnen, ihren insgesamt fünf Verteidigern sowie Freunden und Familienangehörigen auf den Zuschauerplätzen war die Erleichterung ins Gesicht geschrieben. Denn eigentlich hätten auf die beiden Bremerhavener Brüder auch eine Gefängnisstrafe warten können. Schließlich mussten sie sich seit April wegen versuchten Totschlags verantworten. Nach insgesamt 15 Verhandlungstagen war die Kammer aber der Meinung, dass es sich bei Tat, die im vergangenen Oktober passierte, nicht um eine versuchte Tötung, sondern um eine gefährliche Körperverletzung handelte.
Keine Absicht, spätere Opfer zu töten
Damals ist eine körperliche Auseinandersetzung innerhalb der Diskothek "Janssens Tanzpalast" der Tat vorangegangen. Die Kammer ist sich sicher, dass eines der späteren Opfer dabei den älteren der beiden Brüder ins Gesicht geschlagen hatte und es demzufolge zu einer Rangelei gekommen war. Nachdem alle Beteiligten der Disco verwiesen wurden, hatten die Angeklagten die späteren Opfer gesucht - es kam zu einer weiteren Schlägerei. Hier hatte einer der Angeklagten dann zwei junge Männer (ebenfalls Bremerhavener) mit einem Messer erheblich verletzt. Die beiden Opfer mussten anschließend operiert werden. Weil der Angeklagte jeweils nur ein Mal zustach, und auch nicht die Absicht hatte, die späteren Opfer zu töten, bewege sich das Strafmaß im Bereich der gefährlichen Körperverletzung, erklärte die Kammer in ihrer Urteilsbegründung.
Täter befanden sich in guten Lebensverhältnissen
Es sei eine Art Rache-Aktion gewesen, resultierend aus der vorangegangenen Auseinandersetzung und gefördert durch die Alkoholisierung die enthemmt hatte. Die beiden Brüder hatten bis zu dieser Tat zudem keine Vorstrafen und befanden sich in guten Lebensverhältnissen. Der jüngere Bruder absolvierte bis zur Inhaftierung - die beiden ziemlich zugesetzt haben soll - eine Ausbildung, der ältere Bruder studierte. Auch das vollumfängliche Geständnis, ein bereits angezahlter finanzieller Täter-Opfer-Ausgleich und die offensichtliche Reue des Bruders, der zugestochen hatte, hätten den Ausschlag für das Strafmaß von zwei Jahren auf Bewährung gegeben. "All das mildert die Strafe", so der Vorsitzende Richter Marc-Sebastian Hase.
Jüngere Bruder zeigte nur wenig Reue
Ein ähnliches Verhalten wie von einem älteren Bruder hätte sich die Kammer auch von dem jüngeren Bruder gewünscht. Der habe zwar bei der Tat weniger heftig gehandelt, machte vor Gericht aber nicht deutlich, dass es ihm leidtue, was die Kammer zu dem Strafmaß von einem Jahr und neun Monaten auf Bewährung veranlasst hatte. "Da sieht man mal, wie eine dumme Entscheidung, in kürzester Zeit für so viel Ärger und Leid sorgen kann. Ich möchte Ihnen mitgeben, erst nachzudenken, bevor Sie handeln. Nutzen Sie die Chance, die wir Ihnen geben", so der Vorsitzende Richter Hase zu den beiden Brüdern.
Die Nebenklage und Opfer hatte sich ein deutlich höheres Strafmaß vorgestellt und dürfte mit dem Urteil nicht zufrieden sein. Nur eines der Opfer saß bei der Urteilsverkündung im Gerichtssaal und verzog keine Miene.