
Straße in Cuxhaven wird in wenigen Tagen asphaltiert: Immer mehr Bürger wehren sich
Die Stadtverwaltung setzt in der Cuxhavener Innenstadt weiter auf die Asphaltierung alter historischer Straßen, womit sie ein bestimmtes Ziel verfolgt. Nach Ansicht einer wachsenden Zahl von Bürgern überspannt sie dabei derzeit den Bogen.
Jetzt soll das alte Granitsteinpflaster der Friedrich-Carl-Straße in wenigen Tagen in voller Länge asphaltiert werden. Dagegen wehren sich viele Anwohner der Straße. Auch Oberbürgermeister Uwe Santjer wurde von ihnen mit einem Brief mit rotem Stempel "Eilt sehr!" persönlich informiert.
Ende März fanden die Anwohner der Friedrich-Carl-Straße in ihren Briefkästen eine "Allgemeine Anliegerinformation" der Firma Strabag vor. Darin wurde ihnen kurzfristig mitgeteilt, dass die Straße in mehreren Bauabschnitten gesperrt werden müsse. Mit Abschluss der Vorarbeiten soll die Friedrich-Carl-Straße dann komplett für zwei bis drei Tage gesperrt werden, damit eine schwarze Asphaltdecke auf das historische Kopfsteinpflaster aufgebracht werden kann. Bereits am 19. April soll die Maßnahme, die in der zurückliegenden Woche von Stadtbaurat Andreas Eickmann im städtischen Bauausschuss zur Kenntnis gegeben wurde, abgeschlossen sein.

Cuxhavener Anwohner fühlen sich nach dem Urlaub völlig überrumpelt
Andreas und Claudia Just, die ihr Haus mit der Nummer 10 in unmittelbarer Nähe des Wendehammers bewohnen, sind soeben aus dem Urlaub zurückgekehrt. "Wir waren von der Information völlig überrumpelt", gesteht Claudia Just, die selbst seit vielen Jahren in der Stadtverwaltung tätig ist. Die Cuxhavenerin hat ihr Haus ganz bewusst vor 26 Jahren an der Friedrich-Carl-Straße gebaut. "Ich habe den Neubau natürlich an die vielen historischen Häuser aus der Nachbarschaft angepasst", erinnert sich die gelernte Bauzeichnerin. Das Baudenkmal "Glocke-Haus" befindet schließlich sich nur wenige Meter von ihrem schönen Zuhause entfernt. Selbst den Eingangsbereich zu ihrem Haus zieren kleinere und größere Granitsteine, damit sich das Eigenheim harmonisch in das Gebäude-Ensemble einfügt. Die Hausbesitzer haben sich damals bei der Wahl der Baustoffe auch an den mehr als 100 Jahre alten Straßenbelag vor ihrer Haustür orientiert.

Zurzeit wird der Radverkehr in der Friedrich-Carl-Straße im Mischverkehr, somit gemeinsam mit dem Kfz-Verkehr auf der Fahrbahn geführt, wie es im offiziellen Amtsdeutsch heißt. Das vorhandene Granitsteinpflaster eigne sich allerdings nicht für den Radverkehr wegen einer schlechten Befahrbarkeit. Bei Nässe bestünde Sturzgefahr, weswegen sich dort "die Praxis des verbotswidrigen Befahrens von Gehwegen etabliert" habe, moniert die Verwaltung. Die Baukosten für die geplante Asphaltschicht belaufen sich auf geschätzte 100.000 Euro brutto.
Die geplante Umgestaltung der parallel verlaufenden Wilhelm-Heidsiek-Straße ist bei den Anwohnern ebenso auf wenig Gegenliebe gestoßen. "In einer 2. Anwohnerversammlung im Rathaus Anfang April ist noch einmal deutlich zum Ausdruck gebracht worden, dass die Verwendung von Asphalt anstelle der wertigen Granitpflastersteine definitiv nicht gewünscht wird", erinnert Andreas Just und geht ins Detail: "Die Anlieger in der Friedrich-Carl-Straße hat man gar nicht erst beteiligt und zu ihrer Meinung befragt. Die vollständige Asphaltierung der Straße wurde als 'Instandhaltungsmaßnahme' deklariert; somit wäre laut Aussage der zuständigen Abteilung im Rathaus keine Bürgerbeteiligung erforderlich. Argument: 'Die Straße gehört nicht Ihnen und Sie müssen es doch nicht bezahlen'. Auf diese Weise lässt sich jede Maßnahme gegen den Willen der unmittelbar Betroffenen durchsetzen."
Fahrradverkehr wird über die Deichstraße in Cuxhaven geführt
Die Verfasser des Eil-Briefes an den Oberbürgermeister sehen zudem negative Auswirkungen auf den Naturhaushalt zukommen. Eine Asphaltierung führe zu einer vollständigen Versiegelung. Eine Maßnahme, die jedem Grundstückseigner in Cuxhaven aus Umweltschutzgründen untersagt sei. Die funktionierende Versickerung von Regenwasser über die Fugen im Granitsteinpflaster würden durch den Asphalt vollständig unterbunden. "Das vorhandene Granitsteinpflaster ist intakt und unzerstörbar, eventuell erforderliche Ausbesserungen können mit dem vorhandenen Material durchgeführt werden", ist sich Andreas Just sicher. Das jetzige Pflaster habe sich in über hundert Jahren bewährt. Asphalt wird gerade nach Frosteinwirkung brüchig und müsse dann ausgebessert werden, was dem Erscheinungsbild der jeweiligen Straße nicht zuträglich ist.
Auf wenig Verständnis stoßen die Pläne auch, weil die für diese Maßnahme angeführte Fahrradverbindung Bahnhof-Lotsenviertel zukünftig über die Deichstraße führen wird, die im Zuge des "Deichband"-Ausbaus als Fahrradstraße gestaltet werden soll. "Eine zusätzliche, parallele Ertüchtigung der Friedrich-Carl-Straße innerhalb der Fahrradwegachse ist daher gar nicht erforderlich, zumal mit der schon vorhandenen Radwegeführung entlang der Konrad-Adenauer-Allee und der Werner-Kammann-Straße bereits eine weitere sichere Fahrradanbindung zum Lotsenviertel, und damit zum Rathaus, besteht", wird Andreas Just deutlich.
Anwohner in Cuxhaven haben einen Kompromissvorschlag
Einige Anwohner an der Friedrich-Carl-Straße haben sich intensiv Gedanken gemacht und schlagen der Stadtverwaltung eine Alternative vor, die einen guten Kompromiss darstellen könnte. Das historische Granitsteinpflaster in der Friedrich-Carl-Straße wird erhalten. Stattdessen könnte eine schmale Spur für Radler in das vorhandene Pflaster verlegt werden zum Beispiel aus glatten Steinen, wie sie im Bereich der Schillerstraße verwendet wurden.
"Der als ,Unterhaltungsmaßnahme' deklarierte Auftrag an die Firma Strabag ist jedenfalls überhaupt nicht erforderlich, da der vorhandene Straßenbelag intakt ist", erklärt das Ehepaar Just und abschließend: "Unter Berücksichtigung der Tatsache, dass gemäß der Sitzungsvorlage 60/2024 bereits ein 1. Nachtragshaushalt 2024 beschlossen werden musste, ist diese geplante Maßnahme umso unverständlicher."