Vor der Entscheidung: Erinnerungen gesucht - Wer kannte die Altenwalder Kaserne?
Wird die ehemalige Kaserne in Altenwalde reaktiviert? Diese Frage bewegt, seit bekannt ist, dass das Verteidigungsministerium den Cuxhavener Standort grundsätzlich als geeignet ansieht. Bis die Entscheidung fällt, wollen wir an früher erinnern.
Es war eine der Top-Nachrichten dieses Jahres: Das Verteidigungsministerium beschäftigt sich ernsthaft mit der Frage, ob die seit 2014 stillgelegte Altenwalder Kaserne reaktiviert werden kann. Ende Oktober berichteten wir erstmals, dass der Bund den Verkauf aller ehemaligen Bundeswehrliegenschaften vorerst gestoppt hat und den Standort Altenwalde als geeignet einstuft.
Anfang Dezember schickte der Rat der Stadt mit einer einstimmig beschlossenen Resolution für die Reaktivierung ein starkes Signal an Verteidigungsminister Boris Pistorius. Die veränderte Sicherheitslage, der Fliegerhorst in Nordholz, die Notwendigkeit, zügig neue Soldatinnen und Soldaten für die aktuellen und kommenden Herausforderungen auszubilden, die Verfügbarkeit des Geländes: All das sind Argumente, die den Gedanken an eine Reaktivierung nahelegen.
Wirtschaftlicher Auftrieb wird erwartet
Nicht zu unterschätzen ist der zu erwartende wirtschaftliche Auftrieb für Altenwalde, Cuxhaven und das Umland mit Impulsen für Wohnraum, Einzelhandel und Dienstleister. So, wie es damals in Altenwalde auch war, wo der halbe Ort von der Bundeswehr lebte.

Gleichzeitig weckte die Nachricht aber auch ganz persönliche Erinnerungen an Einheiten, Aufträge, Auslandsaufenthalte, Fahrzeuge und die Patenschaften mit Gemeinden im gesamten Landkreis. Viele der ehemaligen Soldaten und Zivilangestellten sind im Norden geblieben, andere leben bundesweit verstreut, einige treffen sich bei Facebook oder haben hie und da eine Chronik online gestellt.
Wissen festhalten, so lange es geht
Aber eine große Klammer fehlt. Wir selbst haben beim Schreiben gemerkt: Für Außenstehende ist es schwierig, Daten, Einheiten und Jahrestage zusammenzubringen, zumal Angaben im Internet zum Teil differieren. So entstand eine Idee: Wir suchen Ehemalige, die uns den Kasernenplan erklären, die Aufgaben der einzelnen Einheiten erläutern und den Alltag damals schildern können. Ob es sich dabei auf ein Zwiegespräch beschränkt oder ob es ein Treffen in großer Runde gibt, bestimmt allein die Resonanz auf unseren Aufruf. Wir freuen uns außerdem über schriftliche Berichte sowie Fotos, gerne per E-Mail an mreese-winne@cuxonline.de. Die (neue!) Postadresse lautet: Cuxhavener Nachrichten, Maren Reese-Winne, Abschnede 205a, 27472 Cuxhaven.
Schlaglichter auf die aktive Zeit geworfen
Natürlich haben wir aber auch Einiges selbst aus unseren Archiven zusammentragen können. Hier nur einige Schlaglichter.

Ab 1957 wurde der ehemalige Marine-Schießplatz als Bundeswehrstandort auf- und ausgebaut, die ersten Einheiten sollen im Jahr 1958 stationiert worden sein. Nach und nach wurden das Panzerbataillon 74, das Panzergrenadierbataillon 73 und die Panzerjägerkompanie 70 sowie das zur Luftwaffe gehörende Flugabwehrraketenbataillon 37 nach Altenwalde verlegt. Auf rund 75 Hektar entstanden in mehreren Bauabschnitten bis 1995 Quartiere, Werkstätten, Küchen, Verwaltungsgebäude und Ausbildungsräume. Große Teile des umliegenden Wald- und Heidelands wurden Truppenübungsplatz (heute Naturschutzgebiet Cuxhavener Küstenheiden).
Heiligabend-Gottesdienst neben Panzern
Zu einer Premiere kam es an Heiligabend 1989: An der Kasernenwache hielt der evangelische Standortpfarrer neben aufgestellten Panzern einen ökumenischen Gottesdienst für die diensthabenden Soldaten der Panzerjägerkompanie 70. Angesichts der geradezu unglaublichen Ereignisse der Wende vor wenigen Wochen war der Gottesdienst durch Dankbarkeit und die Ahnung von Frieden erfüllt.
Gelöbnis schon im Zeichen der Auflösung
Vor großem Publikum fand am 6. Juni 1991 auf dem Karl-Grote-Platz ein feierliches Gelöbnis statt, auf dem rund 60 Rekruten, fast alle aus der ehemaligen DDR, gelobten, treu zu dienen und das Recht und die Freiheit des deutschen Volkes tapfer zu verteidigen. Sie hatten ihre Grundausbildung im Panzergrenadierbataillon 73 oder im Panzerbataillon 74 absolviert. Doch das Ende des Panzergrenadierbataillons war zu dem Zeitpunkt bereits besiegelt: Zwei seiner Kompanien hatte es bereits im März auflösen müssen.
Altenwalde - ein "Traumstandort"
Ortsbürgermeister Wolfgang Geiger, ein leidenschaftlicher Kämpfer für den Standort, schwankte zwischen Sorge um den Ort Altenwalde und Freude über den Entspannungsprozess zwischen Ost und West. Panzergrenadierkommandeur Oberstleutnant Christian Hofmann würdigte Altenwalde als "Traumstandort". Erst im Herbst 1990 war vor dem neuen Stabsgebäude der Grenadiere eine durch den Hamburger Bildhauer Max Schygulla geschaffene Bären-Skulptur - Bataillons-Wappentier - installiert worden, Spitzname: "Hustinetten-Bär".
1995 richtete das 1992 aufgelöste FlaRak-Geschwader 37 der Luftwaffe (ehemalige Patengemeinde: Lüdingworth) auf dem Gelände einen Traditionsraum ein. Ende September 2013 verließ mit der ZAW-Betreuungsstelle (Zivile Aus- und Weiterbildung) die letzte Einheit die Kaserne.
Ob und wie es in Altenwalde weitergeht, hängt vom Ergebnis der Standortprüfung ab, das voraussichtlich nicht vor dem ersten Quartal des nächsten Jahres vorliegen wird.