
Im Kreis Cuxhaven beginnt das Ringen um die Notfallsanitäter
Der Landkreis Cuxhaven will die Rettungsdienst in eine kreiseigene GmbH überführen. Dafür braucht er die Fachkräfte der bisher beauftragten Unternehmen. Jetzt geht es um die Arbeitsbedingungen, denn die Konkurrenz ist groß.
Das Ringen um die Fachkräfte im Rettungsdienst hat begonnen: Diese Wahrnehmung zog sich wie ein roter Faden durch die Diskussion im Ausschuss für Ordnungsangelegenheiten, der am Dienstag im Kreistagssaal tagte. Der Landkreis Cuxhaven will bekanntlich eine Grundsatzentscheidung treffen und den Rettungsdienst, mit dem bislang kreisweit mehrere Unternehmen beauftragt sind, als gemeinnützige GmbH in die eigene Regie holen.
Es geht um den gesamten Kreis ohne die Stadt Cuxhaven
"So schnell wie möglich", heißt es in einer Vorlage mit der Überschrift "Strategie Rettungsdienst Cuxland 2026+", über die am 6. Dezember der Kreistag entscheiden soll. Es geht dabei um den Rettungsdienst im gesamten Kreis Cuxhaven ohne das Stadtgebiet der Kreisstadt, die zum 1. Januar 2024 ebenfalls ihre Kapazität ausbaut (wir berichteten).
Kündigung erzeugt neuen zeitlichen Druck
Zusätzlichen Druck bei dem herausfordernden Reformvorhaben hat jetzt die am 9. November unerwartet im Kreishaus eingegangene Kündigung des Anbieters Falck, eines der drei bislang mit dem Rettungsdienst beauftragten Unternehmen im Kreis, erzeugt. Der Landkreis ist nun gefordert, im Bereich Wurster Nordseeküste schon zum 1. Januar 2024 den Rettungsdienst sicherzustellen.
Das Vorhaben des Landkreises hatte gleich nach dem Bekanntwerden der Pläne für Enttäuschung und Unverständnis bei den bisherigen Beauftragten - neben der Falck Notfallrettung und Krankentransport Cuxhaven GmbH das DRK Cuxhaven/Hadeln gGmbH und das DRK Wesermünde e.V. - gesorgt. Denn der Landkreis hatte die gewichtige Reform, die immerhin mit der Übernahme der bei den drei Diensten Beschäftigten einhergehen soll, weder mit den bisherigen Beauftragten diskutiert noch sie vorab informiert.
Verhandlungen über Übergangsregelung
Kreisrat Michael Take kündigte am Dienstag an, umgehend mit dem Unternehmen Falck Verhandlungen über eine Übergangsregelung aufzunehmen. Die Kündigung sei zeitlich nicht zu beanstanden und wirksam. Die Kündigungsfrist von sechs Wochen zum Quartalsende sei allerdings schon bei der Beurteilung der Ist-Situation des Rettungsdienstes als erhebliches Risiko identifiziert worden, heißt es in einer in der Sitzung verteilten Tischvorlage.
Ausschreibungen für Fahrzeuge sind schon erfolgt
Die durch den Kreis gegründete Arbeitsgruppe Rettungsdienst arbeite zurzeit an der Formulierung des Gesellschaftsvertrags. Parallel werde der Bedarf an Ressourcen (Fahrzeuge, Gerätschaften, Ausstattung) ermittelt. Ausschreibungen für Fahrzeuganschaffungen seien bereits erfolgt.
Die Kündigung habe nun den Zeitplan durcheinandergewirbelt. Es müssten nun die anderen Beauftragten informiert werden, so Michael Take, der außerdem mit Geschäftsführung und Beschäftigten des Unternehmens Falck dringend ins Gespräch treten will. Frank Berghorn (CDU) bezeichnete das als richtigen Weg. Es gelte jetzt, die Fachkräfte (Notfallsanitäter/innen und verwandte Berufe) bei den bisherigen Rettungsdienstbeauftragten zu halten, die maximal verunsichert seien. Die Politik werde durch sie mit den immer gleichen Fragen konfrontiert: Vergütung, Zusatzvergütungen, Arbeitszeiten.
24-Stunden-Schichten sind heißes Thema
Insbesondere der 24-Stunden-Dienst scheint sich dabei als wichtiges Kriterium abzuzeichnen: "Lieber zweimal in der Woche 24 Stunden als viermal zwölf Stunden Nachtdienst", hieß es aus dem Ausschuss. Je nach Tarifvertrag seien der Kommune dabei Grenzen - nämlich eine Arbeitszeit-Höchstgrenze von zwölf Stunden pro Schicht - gesetzt, räumten Michael Take und Landrat Thorsten Krüger ein. "Wir müssen uns an rechtliche Standards halten", so Krüger und bekannte sich zur Transparenz.
"Wir werden alles tun, um die Attraktivität der Gesellschaft so groß wie möglich zu machen", versicherte Michael Take. "Wir sind mit den Beschäftigten im Gespräch. Wir brauchen sie und wir wollen sie gerne behalten."
Dialog mit den Beschäftigten auch per App
Zur Information und für den Dialog - auch untereinander - hat der Landkreis am 17. November eine App freigeschaltet. "Am Montagabend hatten sich hier schon 76 User registriert und die ersten Beiträge eingestellt", so Michael Take. Den Zugang stehe auch Betriebsräten aus den betroffenen Unternehmen offen, räumte er auf Nachfrage aus dem Publikum ein.
Woher will die Kreis die Fachkräfte nehmen?
Denn die haben sich derzeit auch vielen Fragen zu stellen. Robert Babacé (DRK Cuxhaven/Hadeln) gab in der Bürgerfragestunde zu bedenken, dass Zwölf-Stunden-Schichten den Personalbedarf noch erhöhen würden. "Woher nehmen Sie die Fachkräfte?" Michael Take ließ durchblicken, dass durchaus viele Notfallsanitäter und -sanitäterin an einem Wechsel zum Kreis interessiert seien.
Vertrauensbildung als erste Maßnahme
Für Henry Kowalewski (SPD) kommt es nun darauf an, den Beschäftigten - "das gilt auch für das DRK" - zu signalisieren, dass sie "beim Kreis in guten Händen sind". Er bat die Verwaltung, in Gespräche einzusteigen und Vertrauen herzustellen, denn: "Die anderen warten schon darauf, die Beschäftigten zu sich zu ziehen."