Ein AfD-Wahlplakat in Hemmoor: Die Partei erreichte bei der Bundestagswahl 2025 hohe Zustimmungswerte in der Region. Foto: Keck
Ein AfD-Wahlplakat in Hemmoor: Die Partei erreichte bei der Bundestagswahl 2025 hohe Zustimmungswerte in der Region. Foto: Keck
Bundestagswahl 2025

"Hemmoor, Du weißt jetzt, was zu tun ist": Ein Kommentar zur Hochburg der AfD

von Ulrich Rohde | 28.02.2025

Die Bundestagswahl hat gezeigt, dass es auch im Landkreis Cuxhaven Orte gibt, in denen die AfD besonders hohe Zustimmung erzielt. Am deutlichsten wird dies in Hemmoor. Ein Appell an die Samtgemeinde. (Kommentar)

Hemmoor, was war denn da los? Du hast die AfD bei der Bundestagswahl mit fast 29 Prozent zur stärksten Partei vor der CDU und der SPD gemacht. Und Deine Wahlbeteiligung: 54 Prozent. Das ist nicht so doll. Auch Hechthausen hat's leider nicht viel besser hinbekommen. Hier lag die AfD ebenfalls vorne und auch die Wahlbeteiligung ist noch deutlich ausbaufähig. Das gleiche gilt für Osten, auch wenn dort die AfD nicht viel besser abgeschnitten hat als im Rest des Wahlkreises, was an sich schon schlimm genug ist. Im Hemmoorer Stadtteil Warstade kam die AfD in beiden Wahlbezirken sogar auf über 30 Prozent bei der Zweitstimme.

Woran hat's gelegen? Schlecht geschlafen? Miese Laune? Mit der Gesamtsituation unzufrieden? Man fragt es sich. Über die Antworten kann man nur spekulieren. Schauen wir mal, was die Forschung dazu sagt: Die AfD ist demnach überproportional erfolgreich bei Wählern, die sich selbst zur Arbeiterschicht zählen, von sich sagen, dass ihre ökonomische Situation schwierig ist, einen eher einfachen Bildungsabschluss haben und in einem mittleren Alter sind.

Trifft das auf Dich zu, Hemmoor? Würdest Du von Dir selbst sagen, dass Du Dich zu einem erheblichen Anteil zu den "Abgehängten" zählen würdest? Bekannt ist, dass es in einigen Stadtteilen soziale Probleme gibt, dass verhältnismäßig mehr Menschen in Hemmoor als arm gelten als anderswo. In Hemmoor leben prozentual gesehen die meisten Menschen im Landkreis Cuxhaven, die auf Sozialleistungen angewiesen sind. Die Anzahl derer, die Grundsicherung erhalten, ist in Hemmoor im Vergleich zu anderen Kommunen sehr hoch. Das allein ist allerdings noch keine Erklärung dafür, warum fast 30 Prozent der Wähler sich für eine rechtsradikale Partei entschieden haben. Da muss noch etwas anderes eine Rolle gespielt haben, nur was?

Schon vor einigen Jahren sind die sozialen Probleme der Stadt erkannt worden. Und es wurde auch etwas getan. Hemmoor wurde Modellkommune gegen Armut mit Schwerpunkt Gesundheitsförderung. Auch in der Stadt Cuxhaven gibt es Gebiete mit einer hohen Armutsrate. Und auch hier gibt es einige Wahlbezirke, die einen überdurchschnittlich hohen Anteil an Stimmen für die AfD ausweisen.

Doch simple Erklärungen funktionieren nur bedingt. Denn gerade Menschen mit Migrationsgeschichte sind überproportional von Armut betroffen. Da die AfD Ausländer nicht mag, zumindest dann nicht, wenn sie in Deutschland leben, gibt es nicht viele Gründe für jemanden, der in dieses Land gekommen ist und die deutsche Staatsbürgerschaft erworben hat, diese Partei zu wählen.

Also, Hemmoor, was ist bei Dir los? Ein Tipp, der meistens in die richtige Richtung geht, ist: Angst. Angst vor Jobverlust, Angst vor sozialem Abstieg, vor Verlust des Lebensstandards, Angst vor Armut. Und mit der Angst kommt die Wut, zum einen Wut auf "die da oben" und zum anderen Wut auf diejenigen, denen es vermeintlich besser geht, ohne mehr dafür leisten zu müssen. Das zynische Kalkül, dem die Wähler der AfD auf den Leim gehen, ist so schlicht, dass ich hier nicht weiter darauf eingehen muss.

Bekanntlich inszeniert sich die AfD als Partei der kleinen Leute. Ihre libertäre Wirtschafts-, Sozial- und Steuerpolitik würde jedoch gerade ihre eigenen Wähler ärmer machen. Jede staatliche Regulierung und der Sozialstaat würden abgeschafft, wenn die AfD regieren würde. Ihre Abschottungspolitik würde zudem Wohlstand und Ersparnisse aller gefährden.

Also, liebes Hemmoor, Du weißt jetzt, was zu tun ist. Wenn das nächste Mal Wahlen anstehen, stellst Du die Antidemokraten und Ausländerfeinde wegen groben Foulspiels vom Platz.

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Ulrich Rohde

Redaktionsleiter
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

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