
Nach tödlicher Schiffskollision vor Helgoland: In Cuxhaven beginnen die Arbeiten
Mehrere Seeleute fanden bei dem Schiffsunglück bei Helgoland am frühen Dienstagmorgen den Tod. Das ist für das Havariekommando in Cuxhaven traurige Gewissheit: Die offizielle Opferzahl wurde offiziell erhöht.
Am frühen Dienstagmorgen gegen 5 Uhr war es zu der Schiffskollision in der Deutschen Bucht gekommen. Etwa zwölf Seemeilen (22 Kilometer) südwestlich der Insel Helgoland und 17 Seemeilen (31 Kilometer) nordöstlich der Insel Langeoog stießen die Frachtschiffe "Polesie" (190 Meter) und "Verity" (90 Meter) zusammen. Das Havariekommando mit Sitz in Cuxhaven übernahm die Gesamteinsatzleitung.

Am Mittwochmorgen gab das Havariekommando bekannt, dass die Suche nach den vier vermissten Seeleuten der gesunkenen "Verity" in der Nacht eingestellt werden musste. "Wer in so einem Wrack eingeschlossen ist, hat bei den Temperaturen keine Überlebenschance mehr", weiß Dr. Robby Renner, Leiter des Havariekommandos. Die Nordsee hat gegenwärtig 12 Grad Wassertemperatur. Renner bedauert: "Fünf Seeleute konnten nicht gerettet werden. Unsere Gedanken sind bei den Familien und Angehörigen."
Hubschrauber, Schiffe und Flugzeuge im Einsatz in der Nordsee
Das gesamte in Frage kommende Seegebiet war noch in der Nacht zuvor ein weiteres Mal komplett abgesucht worden. Kapitän Michael Ippich von der Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) berichtete von insgesamt sechs Hubschraubern, 25 Schiffen und zwei Flugzeugen, die insgesamt am Einsatz beteiligt gewesen waren: "Das gesamte Seegebiet wurde durchkämmt."

Zwei Menschen waren bereits am Dienstag von den Einsatzkräften gerettet worden. Eine Person konnte nur noch tot geborgen werden. Insgesamt hatten sich zum Zeitpunkt der Kollision sieben Besatzungsmitglieder an Bord der "Verity", die unter britischer Flagge fuhr und zur britisch-niederländischen Reederei Faversham Ships gehört, befunden.
Die Havarie sorgte am Mittwoch für eine Gewässerverschmutzung. Aus dem Wrack der "Verity" traten bis Mittwochnachmittag circa 90 Liter Diesel von insgesamt 127 Kubikmeter Marinediesel an die Wasseroberfläche. Das Überwachungsflugzeug "Do 228" habe bemerkt, dass rund um die Untergangsstelle tischtennisballgroße Blasen auftreten, so Dr. Renner. Der Treibstoff befinde sich auf einer größeren Fläche. Weil er zu leicht sei, könne man ihn jedoch nicht von der Wasseroberfläche aufnehmen. Allerdings verdunste er auch. Eine Gefahr soll das Leck nicht bedeuten. Laut eines Driftmodells für die nächsten drei Tage des Bundesamtes für Seeschifffahrt und Hydrografie werde der Treibstoff nicht an die Küste oder die Insel Helgoland treiben, so Renner.
"Polesie" liegt an der Seebäderbrücke in Cuxhaven
Der Frachter "Polesie" hat sich noch in der Nacht auf den Weg nach Cuxhaven begeben. Am frühen Mittwochmorgen gegen 4.15 Uhr machte das Schiff an der Seebäderbrücke in Cuxhaven fest. Offenbar kollidierte das Frachtschiff an der vorderen Steuerbordseite mit der "Verity". Blaue Farbreste befinden sich an der Seite des Frachters. Sie legen nahe, dass sie vom blauen Rumpf der "Verity" stammen. Die Seebäderbrücke wurde abgeriegelt. Den 22 Seeleuten gehe es physisch gut. Seelischen Beistand erhielten sie seitens des psychosozialen Dienstes des Havariekommandos, damit ist die Seemannsmission Cuxhaven betraut.

Und wie geht es jetzt mit dem in der Nordsee liegenden Wrack der "Verity" weiter? Mit dem Wasser- und Schifffahrtsamt werde an einer Bergungsverfügung gearbeitet, um den weiteren Austritt des Kraftstoffes zu stoppen beziehungsweise das gesunkene Schiff durch spezialisierte Firmen zu bergen. Für die Schifffahrt sei rund um das Wrack zunächst ein Sperrradius von zwei nautischen Seemeilen gezogen worden, teilt der Leiter des Havariekommandos mit.
Bereits am Dienstag seien bei Stauwasser zwei Tauchgänge zum Wrack unternommen worden, die allerdings abgebrochen werden mussten. Allerdings habe man am Mittwoch ein autonomes Unterwasserfahrzeug (AUV) einsetzen können. In erster Linie diente dies der Schadenbegutachtung. Demnach sei die "Verity" nicht auseinandergebrochen.
Die Untersuchung der Kollisionsursache liege nicht beim Havariekommando, sondern bei der Bundesstelle für Seeunfalluntersuchung (BSU) in Hamburg. Die Staatsanwaltschaft Hamburg sei eingeschaltet, so Renner. Ermittelt wird nach Informationen unseres Medienhauses wegen des Verdachts des gefährlichen Eingriffs in den Schiffsverkehr und der fahrlässigen Tötung.
Von Wiebke Kramp und Tim Fischer