Die „Hermine“ liegt im Sonnenlicht am Schleusenpriel und verfällt zusehends – das marode Holzschiff ist längst kein Aushängeschild der Stadt mehr, sondern ein Sinnbild kommunaler Vernachlässigung. Foto: Potschka
Die „Hermine“ liegt im Sonnenlicht am Schleusenpriel und verfällt zusehends – das marode Holzschiff ist längst kein Aushängeschild der Stadt mehr, sondern ein Sinnbild kommunaler Vernachlässigung. Foto: Potschka
Maritimes Denkmal erneut im Fokus

Hoffnung für "Hermine": Debatte um Gaffelschoner flammt im Cuxhavener Rat auf

von Jens Potschka | 13.05.2025

Die "Hermine" bewegt Cuxhaven: In der jüngsten Ratssitzung flammt die Debatte um das marode maritime Denkmal wieder auf. Zwischen Rettungswillen, Resignation und einem Hoffnungsschimmer aus Lüneburg. Wie es jetzt weitergeht.

Sie war einst der Stolz der Stadt, heute steht sie sinnbildlich für politischen Stillstand und den schleichenden Verfall: die "Hermine". Der letzte vollständig erhaltene Gaffelschoner seiner Art in Deutschland verrottet im Herzen der City - für alle sichtbar am Schleusenpriel. Doch in der jüngsten Sitzung des Cuxhavener Rates kam Bewegung in das Thema. Die Bürgerinitiative "Für ein lebenswertes Cuxhaven" zwang mit einem Antrag zur Sanierung des Schiffes eine längst überfällige Diskussion auf die Tagesordnung.

Ratsherr Enak Ferlemann (CDU), Vorsitzender des Ausschusses für Stadtentwicklung, Mobilität, Bau und Demografie, machte den Anfang - mit einem flammenden Appell an Verwaltung und Politik: "Die Hermine ist ein stadtbildprägendes Schiff. Wir sollten das maritime Denkmal retten. Wir müssen uns alle Mühe dabei geben und dürfen nicht den Eindruck erwecken, das Denkmal verkommen zu lassen."

Politik richtet flammenden Appell an Verwaltung

Enak Ferlemann erinnerte an mögliche Fördertöpfe und betonte, dass die Stadt diese Gespräche aktiv führen müsse. Seine Bitte richtete sich direkt an Oberbürgermeister Uwe Santjer: "Ich appelliere an Sie, die Vertreter der Bürgerinitiative sowie die Erlebnispädagoginnen aus Lüneburg an einen Tisch zu holen."

Im Dezember 2022 verliert die "Hermine" ihre Masten. Archivfoto: Potschka

Auch Gunnar Wegener, Fraktionsvorsitzender der SPD, ließ keinen Zweifel an seiner Haltung: "Ich möchte Enak Ferlemann ausdrücklich zustimmen. Für unser Feuerschiff Elbe 1 haben wir auch eine Lösung gefunden." Wegener stellte die Hermine in einen größeren Zusammenhang und erinnerte an andere gefährdete Industriedenkmale wie die Alte Netzhalle oder den Kampnagelkran. "Die Stadt wird mit ihren finanziellen Mitteln die Hermine nicht alleine retten können", machte er deutlich. "Ich hoffe, dass wir eine tragbare Lösung finden. Ich bitte den Oberbürgermeister, die dafür nötigen Gespräche aufzunehmen."

Der Antrag der Bürgerinitiative zielt genau auf diesen Schritt ab: Die Stadtverwaltung soll prüfen, unter welchen Bedingungen die Stiftung eine Sanierung der Hermine unterstützen würde. In dem Antrag heißt es: "Die Hermine ist der letzte vollständig erhaltene Gaffelschoner seiner Art in Deutschland - ihre Bedeutung reicht weit über Cuxhaven hinaus."

Seit Dezember 2022 ist die "Hermine" ohne Masten. Archivfoto: Potschka

Ein anderer Ton kam aus den Reihen der FDP. Ratsherr Günter Wichert, bekannt für klare Worte, sprach sich offen gegen eine Rettung des Schiffes aus: "Wir haben die Hermine nicht genügend gepflegt. Die Stadt als Eigentümerin hat sie verfallen lassen. Jetzt ist eine Sanierung nicht mehr zu bezahlen." Für ihn ist das Projekt Hermine gescheitert - und eine Neuausrichtung des Areals alternativlos. "Wir sollten ehrlich sein. Die Innenstadt muss neu gedacht werden - der Schleusenpriel bietet Raum für neue, zukunftsfähige Konzepte."

Die emotionale Debatte im Ratssaal spiegelte, was viele Cuxhavener schon lange bewegt: Die Hermine ist mehr als ein altes Schiff. Sie ist Identitätsstifterin, Symbol der maritimen Geschichte - und in den Augen vieler ein emotionaler Anker in einer sich wandelnden Stadt.

In der Bevölkerung regt sich zunehmend der Wille zum Handeln. Die im Herbst 2022 gegründete Bürgerinitiative unter Vorsitz von Wolfgang Petermann versteht sich als Sprachrohr derjenigen, die Cuxhaven aktiv mitgestalten wollen. Ihr Antrag hat die Verwaltung in Bewegung gesetzt: Eine formelle Kenntnisnahme ist erfolgt, nun muss sich der Verwaltungsausschuss der Stadt Cuxhaven mit dem Thema befassen.

Rückenwind für die "Hermine" kommt aus Lüneburg 

Rückenwind kommt zudem auch aus Lüneburg: Zwei Vertreter des Instituts für Erlebnispädagogik, Vera Hempel und Jörg W. Ziegenspeck, haben bereits konkrete Ideen zur Nutzung der Hermine als Lernort für Jugendliche eingebracht. Ihr Vorschlag: Das Schiff nicht seetüchtig machen, sondern als außerschulischen Bildungsort wieder nutzbar machen - für Projektarbeit, maritime Bildung und analoges Erleben.

Prof. Dr. Jörg Ziegenspeck und Vera Hempel vom Institut für Erlebnispädagogik in Lüneburg besuchten kürzlich Cuxhaven und nahmen den desolaten Zustand der Hermine in Augenschein. Foto: Potschka

Die Vision: Ein Projekt, bei dem junge Menschen Verantwortung übernehmen, Geschichte begreifen und Zukunft gestalten. "Wir könnten jungen Menschen die Chance geben, in einem realen Projekt Verantwortung zu übernehmen", so Vera Hempel im Gespräch mit unserem Medienhaus.

Der ehemalige Professor Jörg Ziegenspeck und Vera Hempel wollen das Schiff retten, und zwar mit einem innovativen Bildungsprojekt und Unterstützung aus der ganzen Region. Foto: Potschka

Doch Visionen brauchen ein Fundament - in diesem Fall politisches und finanzielles. Wenn der Rat die Signale aus der Bevölkerung und aus der Sitzung ernst nimmt, könnte bald ein runder Tisch ins Leben gerufen werden. Einen konkreten Termin gibt es bislang nicht. Und vielleicht wird mit der Hermine dann doch noch ein neues Kapitel geschrieben - eines, das zeigt, dass Engagement, Kooperation und Mut in Cuxhaven mehr bewirken können als Resignation. Die Debatte ist eröffnet. Die Chance ist da. Es liegt nun an der Stadt, sie zu ergreifen.

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

jpotschka@no-spamcuxonline.de

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