Der Gedenkstein am Schießstand Sahlenburg ist ein Mahnmal gegen das Vergessen und erinnert an Menschen, die bereit waren, für den Frieden zu sterben. Sie setzten damit ein Zeichen der Menschlichkeit mitten in einer Zeit voller Hass und Gewalt. Foto: Tonn
Der Gedenkstein am Schießstand Sahlenburg ist ein Mahnmal gegen das Vergessen und erinnert an Menschen, die bereit waren, für den Frieden zu sterben. Sie setzten damit ein Zeichen der Menschlichkeit mitten in einer Zeit voller Hass und Gewalt. Foto: Tonn
Gedenken in Sahlenburg

Fünf ermordete Menschen: Warum der 21. April in Cuxhaven immer eine Rolle spielt

22.04.2025

Am 21. April 1945 endete ein mutiger Versuch in Cuxhaven tragisch. Warum dieser Tag nie in Vergessenheit geraten darf und welche Botschaft er für die Gegenwart bereithält, wird in einer bewegenden Gedenkfeier deutlich.

In stiller Ergriffenheit haben sich etwa 50 Menschen vor dem Gedenkstein auf dem ehemaligen Schießplatz "Am Kugelfang" versammelt. Gedacht wurde der unschuldigen Opfer, die 1945 an genau dieser Stelle standrechtlich erschossen wurden.

Fünf Helgoländer hatten am 18. April versucht, Helgoland kampflos an die Engländer zu übergeben, um sinnloses Blutvergießen und die Zerstörung der Insel zu verhindern. Trotz ihrer friedlichen Absicht bezahlten sie diesen Versuch mit ihrem Leben, da sie verraten wurden. Ein Standgericht unter Vorsitz von Admiral Johannesson verurteilte die fünf Matrosen am 21. April 1945, als die Engländer bereits Hannover erobert hatten, zum Tode. Eine weitere Angeklagte, Julia Braun, wurde zu drei Jahren Zuchthaus verurteilt. Ihrer Tochter sind die Informationen über dieses tragische Kapitel deutscher Geschichte zu verdanken, denn sämtliche Akten wurden vernichtet.

14 weiße Rosen in Sahlenburg niedergelegt

Die Erschütterung über diese unheilvollen Ereignisse in den Abendstunden des 21. April 1945, wenige Tage vor Kriegsende, stand allen Teilnehmenden ins Gesicht geschrieben. 14 weiße Rosen hatte Manfred Mittelstedt zur Erinnerung an jeden der hier Ermordeten am Ort des Gedenkens niedergelegt. In einer aufrührenden Andachtsrede gelang es ihm, das entsetzliche Geschehen in Worte zu fassen. "In den Kasernen, da warten sie", zitierte Mittelstedt ein Lied von Marlene Dietrich. Dort heißt es: "Auf Menschenbrüder, da schießen sie. Und Menschenbrüder befehlen sie. So war es immer, begreift man nie. Kreuz unter Kreuzen, so enden sie." In diesem Lied stecke der Kern des Widerstands, so Mittelstedt. Mit einem Ringelnatz-Zitat ließ er seine Rede enden: "Wald und See hab‘ ich zu danken, die Ihr, als die Menschen hässlich sanken [der 1. Weltkrieg; Anm. d. Red.], immer treu und gleichgeblieben seid." Eine Mahnung, die aktueller nicht sein könnte.

Gedenkstein vor zehn Jahren in Cuxhaven enthüllt

Die Überreste der Hingerichteten wurden in einem namenlosen Gemeinschaftsgrab beigesetzt. Erst später fand sich eine würdige Ruhestätte auf der Kriegsgräberstätte in Brockeswalde. "Ich habe lange mit der Stadt gerungen, den Stein hier errichten zu dürfen", erinnert sich Manfred Mittelstedt. 2013 wurde die Genehmigung erteilt und der Stein am 18. April 2015 enthüllt.

Der Verein "Narben bleiben, die Erinnerung lebt weiter" setzt sich dafür ein, dass diese Menschen und ihr Schicksal nicht vergessen werden und ihrer namentlich zu gedenken: Georg Braun, Karl Fnouka, Erich Friedrichs, Kurt Pester und Martin Wachtel sind die auf dem Stein verewigten Menschen. 14 Opfer sind es aber insgesamt laut Mittelstedts Recherchen.

"So manches Mal ertappe ich mich beim Denken, dass hier die Welt wohl immer in Ordnung gewesen sein muss. Aber bereits beim Blick in die nahe Vergangenheit wird man leider eines Besseren belehrt", gab Sahlenburgs Ortsbürgermeisterin Claudia Bönnen zu. "Wir dürfen des Erinnerns und des Gedenkens nicht müde werden, denn es ist zugleich Mahnung und Auftrag an uns, wie zerbrechlich unsere Demokratie ist und wie wichtig es ist, sie zu schützen."

Von Joachim Tonn

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