Ein Blick auf die geplanten „Westerwisch-Höfe“ in Cuxhaven: Gemeinschaft und Natur im Einklang schaffen lebendige Wohnräume der Zukunft. Animation: postwelters + partner / RB+P
Ein Blick auf die geplanten „Westerwisch-Höfe“ in Cuxhaven: Gemeinschaft und Natur im Einklang schaffen lebendige Wohnräume der Zukunft. Animation: postwelters + partner / RB+P
"Westerwisch-Höfe"

Kein "austauschbares Wohngebiet" in Cuxhaven: So soll das neue Wohnquartier aussehen

von Jens Potschka | 26.11.2025

In Cuxhaven entsteht ein Quartier, das Stadtplanung neu denkt: mit Höfen, die Gemeinschaft stiften, und geordneter Unordnung. Wie wird der Cux-Hub das Straßenbild verändern? Was bedeutet das für die Verkehrswende? Antworten auf die drängenden Fragen.

Es ist einer dieser Abende, an denen man spürt, dass eine Stadt an einer Wegscheide steht. Die Bürgerhalle des Rathauses ist gut gefüllt, als Stadtbaurat Andreas Eickmann die Präsentation der Wettbewerbsgewinner eröffnet - und schon mit den ersten Sätzen das Gewicht des Vorhabens deutlich macht: "30 Büros aus dem ganzen Bundesgebiet haben mitgemacht. Und wir sind sehr, sehr stolz, dass ausgewählte Pläne jetzt hier hängen."

Stadtbaurat Andreas Eickmann eröffnet die Präsentation der Entwürfe der "Westerwisch-Höfe" in der Bürgerhalle von Cuxhaven. Foto: Potschka

Ein Quartier als Zukunftsversprechen

Der Rat der Stadt hat den Auftrag formuliert: Auf 121.000 Quadratmetern soll südlich des Westerwischstroms ein Stadtviertel entstehen, das Cuxhaven nicht vergrößert, sondern verbessert:

  • Wohnen im niedrigen und mittleren Preissegment
  • kurze Wege
  • Grünräume
  • sichere Mobilität
  • ein architektonischer Ansatz, der nicht von gestern ist
Erstmals stellen die Sieger des städtebaulich-freiraumplanerischen Wettbewerbs - der Dortmunder Städteplaner Joachim Sterl (links/"postwelters + partner") und der Kasseler Landschaftsarchitekt Ernst Bauermann (RB+P) - ihren Entwurf öffentlich im städtischen Bauausschuss vor. Foto: Potschka

Der Juryentscheid fiel Ende September. Sieger wurden "postwelters + partner" (Dortmund) und "RB+P Landschaftsarchitektur" (Kassel).

Drei Vertreter dieses Teams nahmen in der Bürgerhalle den Ball auf - leidenschaftlich, kenntnisreich, mit Lust am Risiko. Stadtplaner David Fabibunke, Kollege Malte Meil und Landschaftsarchitekt Marcel Spieß rückten den Entwurf "Westerwisch-Höfe" ins Licht - ein Quartier, das sich bewusst gegen die übliche Kästchenarchitektur wendet. "Wir wollten nicht das nächste austauschbare Wohngebiet bauen. Dieser Ort hat die Chance, einen Schritt in die Zukunft zu wagen", sagt Fabibunke.

Die drei Planer Malte Meil, David Fabibunke und Marcel Spieß (von links) präsentieren gemeinsam mit Stadtbaurat Andreas Eickmann (2.v.l.) den Siegerentwurf "Westerwisch-Höfe" in der Bürgerhalle des Rathauses. Foto: Potschka

Spieß, der sichtlich Freude an großer Linie und präzisem Wort hat, führt weiter aus: "Die Disziplinen Architektur, Stadtplanung und Landschaftsarchitektur wachsen zusammen. Wir müssen Lebensräume gestalten, die Klima, Natur und Stadt als einen Organismus denken."

Die Flächen in Süder-/Westerwisch sollen bebaut werden. Archivfoto: Reese-Winne

Höfe, Grünzüge - und geordnete Unordnung

Der Entwurf setzt auf sechs Wohnhöfe unterschiedlicher Prägung, gruppiert aus Geschosswohnungsbau, Reihen- und Einfamilienhäusern. Die Höfe sollen Gemeinschaft stiften - halb privat, halb öffentlich, mit Raum für nachbarschaftliches Leben. Dazu ein großer, durchgehender Freiraum in der Mitte, der den Charakter des Marschlandes aufnimmt.

Vision der Zukunft: Die geplanten "Westerwisch-Höfe" in Cuxhaven verbinden gemeinschaftliches Wohnen mit innovativer Stadtplanung. Animation: postwelters + partner / RB+P

Spieß spricht vom "überformten Marschprofil", einer topografischen Modellierung, die Wasser aufnimmt statt verdrängt: "Wir schaffen Senken, Mulden, Tiefbeete. Wir leiten ab, wir speichern - und wir entwickeln eine Landschaft, die nicht nur funktioniert, sondern Identität schafft. Das ist die geordnete Unordnung." Das Grundwasser steht hoch, das Gelände wird mindestens um 1,20 Meter angehoben. Rückstauräume entstehen im Südwesten und Nordosten. "Wir wollen heute bauen, ohne morgen abzureißen", so Spieß.

Verkehr raus - Leben rein

Herzstück der Mobilität ist der Quartiers-Hub, von den Planern als "Cux-Hub" bezeichnet. Autos fahren hin, nicht hinein. "Das Gebiet bleibt befahrbar - aber nicht dominierend. Wir wollen ein Straßenbild, das den Menschen gehört", sagt Fabibunke.

Entwurf des "Cux-Hub": Das Zentrum für nachhaltige Mobilität und Gemeinschaft im zukünftigen Quartier "Westerwisch-Höfe" in Cuxhaven. Animation: postwelters + partner / RB+P

Dieser Ansatz fand viel Zuspruch, aber auch Fragen:

  • Eine Besucherin wollte wissen, wie Radverkehr und Fußwege angebunden werden. "Wir vernetzen das Quartier mit den bestehenden Wegen - aus Norden, Süden, Osten. Hinter dem Hub beginnt ein autoarmer Raum", so der Dortmunder Stadtplaner. Andreas Eickmann ergänzt: "Das ist für Cuxhaven ein Novum. Aber wir müssen in der Verkehrswende endlich mitmachen. Stellplätze sollen nicht mehr überall im Straßenraum stehen."
  • Die Bürger fragen weiter: Wie viele Menschen sollen hier leben? Spieß antwortet vorsichtig: "Das Wettbewerbsergebnis lag bei rund 300 Bewohnerinnen und Bewohnern. Wir könnten perspektivisch Richtung 400 kommen - je nach Wohnungsgrößen."
  • Ein großes Thema: die Kita, die am Rand des Quartiers entstehen soll. Die Frage, wie die Zuwegung erfolgt, beantwortet Fabibunke mit Blick auf die Alltagstauglichkeit: "Zwischen alter und neuer Siedlung führen Rad- und Fußwege durch - das wird der kürzeste Weg."
  • Sogar die Kleingartenanlage kam zur Sprache. Dürfen Wege hindurchführen? Eickmann: "Bundeskleingärten müssen öffentlich zugänglich sein. Aber wir nutzen sie nicht als Haupterschließung."
  • Dann die Regenfrage - in Cuxhaven nie ganz nebensächlich: "Wie bekommen Sie das Wasser weg?" Spieß lächelt, hebt die Hand wie ein Dozent, der diese Lektion liebt: "Wasser braucht zwei Prozent Gefälle. Wir heben das Gebiet an, modellieren es - und entwässern auf die bestehenden Gräben. Wir arbeiten mit dem, was die Landschaft vorgibt. Nicht dagegen."
Der Siegerentwurf der "Westerwisch-Höfe": ein innovatives Quartier, das Cuxhaven nachhaltig prägen soll. Animation: postwelters + partner / RB+P

Zum Abschluss richtet ein Bürger die Frage aller Fragen: Wann geht's los? Stadtbaurat Eickmann bleibt realistisch und zugleich ambitioniert: "Wir wollen 2026 starten. Wenn alles gut läuft, haben wir 2027 den fertigen Bebauungsplan."

Der Siegerentwurf der "Westerwisch-Höfe" in Cuxhaven: ein innovatives Wohnquartier, das auf Gemeinschaft und nachhaltige Stadtplanung setzt. Animation: postwelters + partner / RB+P

Die Stadt ist Eigentümerin des gesamten Geländes. "Nur mit Bauverpflichtung wird verkauft. Wer nicht baut, fällt zurück an die Stadt. Anders funktioniert Siedlungsentwicklung heute nicht mehr." 

Als der offizielle Teil endet, strömen die Besucherinnen und Besucher zu den Plänen. Dort warten die Fachleute - und die Gespräche werden schnell grundsätzlicher, persönlicher, manchmal kritisch, oft neugierig. Cuxhaven diskutiert. Und genau das war das Ziel.

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Jens Potschka

Redakteur
Cuxhavener Nachrichten/Niederelbe-Zeitung

jpotschka@no-spamcuxonline.de

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